Angst über London
sie.
»Wohin?«
»Weg von hier.«
Ich war einverstanden und stand auf. Mein Blick fiel dabei auf die Musikbox. »Warum hast du eigentlich die Platte aufgelegt?«
»Das Lied passte einfach«, erwiderte sie.
Da hatte sie recht.
Song of Death - das Lied vom Tod. Denn der Tod hatte reichlich Ernte gehalten. Dabei dachte ich wieder an Destero, den Dämonenhenker. Er lauerte auch noch auf mich. Und nicht nur auf mich allein. Jetzt trug ich auch noch die Verantwortung für Miriam di Carlo. Ich musste bei ihr bleiben und sie unterstützen. Miriam stand auf. Sie nahm ihren Mantel und hängte ihn sich über die Schultern. Dann streckte sie mir die Hand entgegen. »Komm, ich will nicht länger hierbleiben.«
»Hast du ein Ziel?«
»Kann sein. Wir können zu mir gehen. Mein Haus steht noch. Dort kann man alles vergessen.«
Vergessen, das hatte sie gut gesagt. Aber wollte ich überhaupt alles vergessen? Sollte dies für immer so bleiben? Nein und abermals nein.
Das durfte ich nicht zulassen. Ich musste mich stellen, und ich war sicher, dass ich nur innerhalb dieses von Dämonen beherrschten Gebietes etwas unternehmen konnte. Das sagte ich auch Miriam.
Sie schaute mich nachdenklich an. »Vielleicht hast du recht, John. Aber nur vielleicht…«
Dann gingen wir.
Es war kühler geworden. Vielleicht kam es mir auch nur so vor. Der Wind fuhr durch meine Kleidung und hinterließ eine Gänsehaut. Auch Miriam fror, trotz ihres Mantels.
Ich legte einen Arm um ihre Schultern, und sie drückte sich eng an mich.
So gingen wir durch die Trümmerlandschaft. Ein Paar, zu zweit, aber trotzdem allein.
Wir schritten in eine andere Richtung. Auf der Honda wollte Miriam nicht fahren, so hatte ich die Maschine schweren Herzens stehengelassen.
Aber die Maschinenpistole hatte ich mitgenommen. Miriam sagte nichts dazu.
Ich hielt meine Augen offen. Nicht nur Destero lauerte irgendwo, sondern auch Asmodina. Ich wusste schließlich nicht, welche Trümpfe sie noch in der Hinterhand hielt. Bestimmt würde sie dann zuschlagen, wenn ich nicht mehr damit rechnete.
Ich erzählte Miriam von den lebenden Toten. Sie hörte zu, ohne ein Wort zu sagen.
»Deshalb müssen wir jederzeit damit rechnen, von Zombies angegriffen zu werden«, erklärte ich ihr.
»Das verstehe ich.« Dann blieb sie plötzlich stehen, legte die Stirn in Falten und schaute mich an. »Wenn sich Geschöpfe unter dieser magischen Glocke verändern, wenn also Leichen zum Leben erwachen, warum ist uns dann nichts passiert?«
Ich deutete auf mein Kreuz.
Die Frau nickte. Wind fuhr durch ihre Haare und blähte sie auf. »Und ich?«
»Weshalb bin ich verschont worden?«
»Weil du ein Medium bist.«
»Ist das deine ehrliche Meinung?«
»Ja, warum fragst du?«
»Nun, da mir nichts passiert ist, hättest du doch auch annehmen müssen, dass ich mit der Gegenseite unter einer Decke stecke.«
Ich lächelte. »Gar nicht so schlecht kombiniert, Miriam. Aber du bist keine Dämonin.«
»Woher willst du das wissen?«
»Weil du mein Kreuz angefasst hast. So harmlos es erscheinen mag, doch für Dämonen oder Kräfte der Finsternis ist es tödlich, das musst du mir glauben.«
»Du wirst dich nie von ihm trennen, nicht wahr?«
»Nein!«
»John, du bist ein seltsamer Mensch. Ich habe in meinem Leben zahlreiche Männer kennen gelernt, doch keiner war wie du.«
»Ich halte mich für völlig normal.«
»Sicher, das stimmt. Nur verstehst du es meisterhaft, dich zu beherrschen. Hast du eigentlich keine Angst? Ich meine, Angst vor dem, was uns noch bevorsteht?«
»Doch, die habe ich.«
»Und?«
»Nichts und. Ich denke einfach nicht daran. Vor einer Stunde noch habe ich um mein Leben gezittert, als mich drei Rocker in die Kühllade eines Leichenhauses einsperrten. Ich habe es überstanden, wieder einmal,«
»Vielleicht hast du einen besonderen Schutzengel.«
»Möglich.«
»Bist du Polizist?«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich spüre es.«
Das war nicht einmal so weit hergeholt, wenn man bedachte, dass Miriam eine Person mit medialen Fähigkeiten war. Sie war anders als normale Menschen, das hatte sie mir bewiesen.
»Du willst nicht über deine Arbeit reden, John?« Ich deutete in die Runde.
»Das hier ist meine Arbeit und nichts anderes.«
»Manchmal bist du schwer zu verstehen, aber ich begreife dich.« Sie nahm meine Hand. »Komm, las uns gehen.«
Wir schritten weiter.
Wohin wir auch schauten, eine Alptraumlandschaft. Zerstörte Gebäude, eingefallene Häuser - Tod und
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