Angst über London
hatte die Maschinenpistole von der Schulter rutschen lassen und sie in die Hand genommen. Noch stand sie auf Einzelfeuer.
Es war alles sehr seltsam. Miriam hatte sich nicht gemeldet. War sie gar nicht in der Küche? Hatte sie mich vielleicht reingelegt? Ich konnte es mir kaum vorstellen, aber ich musste damit rechnen, obwohl ich es nicht glauben wollte. In Situationen wie dieser sollte jeder froh sein, wenn er nicht allein war. »Miriam!« rief ich. Ich bekam keine Antwort. Nur das Echo meiner Stimme wurde von den gefliesten Wänden zurückgeworfen.
Wo steckte sie nur?
Links ging es in einen anderen Raum. Dort wollte ich nachschauen. Ich stieß die Tür sehr vorsichtig auf, erst nur einen Spalt. Und zwar drückte ich mit der MPi- Mündung dagegen.
Eine Vorratskammer lag dahinter. Ich schaute hinein, konnte Miriam sehen, doch sie wandte mir den Rücken zu und stand halb gebückt vor irgendeinem Gegenstand. Was sie da tat, sah ich nicht. Ich wollte sie anrufen, irgend etwas hielt mich zurück.
Dafür hörte ich das Schmatzen.
Ich schluckte.
Da ich keine andere Person entdeckte, konnte dieses Geräusch nur von Miriam stammen. Und sie hatte mir ja gesagt, dass sie etwas essen wollte.
Miriam stand vor einem langen Tisch. Zusätzlich sah ich die Tür eines Kühlschranks offen. Dort hingen Fleischstücke, ziemlich frisch noch und auch blutig.
Ein schrecklicher Verdacht keimte in mir hoch. Als hätte Miriam diesen Verdacht geahnt oder gemerkt, drehte sie sich langsam um, schaute in Richtung Tür, und ich sah mit Schrecken ihr Gesicht.
Um den Mund herum war alles blutverschmiert. Und zwischen ihren Zähnen hingen noch die zähen Reste einiger Fleischstücke…
Und dieses Weib hast du geküsst!
Das waren die ersten Gedanken, die mir durch den Kopf schossen.
Verrückt, aber ich, konnte es nicht ändern…
Hart presste ich die Lippen aufeinander.
Was ich gesehen hatte, war kaum noch zu fassen. Miriam aß wie ein Tier. Zudem das rohe, noch blutige Fleisch irgendwelcher Rinder, Kälber oder Schweine. Ekelgefühl stieg in mir hoch. Für einen Augenblick schloss ich die Augen. Auf was hatte ich mich da eingelassen? Wer war diese Frau? Und hatte mich Myxin nicht gewarnt? Doch ich hatte die Warnung in den Wind geschlagen. Einfach so…
Mein Gott!
Fieberhaft überlegte ich, wie ich reagieren sollte. Sollte ich sie zur Rede stellen oder gar nichts tun? Ich entschloss mich, den Ahnungslosen zu spielen. Es war vielleicht besser.
Abermals rief ich ihren Namen. Dabei trat ich von der Tür zurück und tat so, als hätte ich erst den Raum betreten.
Und ich bekam Antwort.
»John!«
Jetzt war ich gespannt.
Neben dem großen Tisch mit den Öfen blieb ich stehen. Die Tür wurde aufgedrückt, und Miriam erschien. Völlig normal!
»Du, ich habe wirklich nichts zu essen gefunden. Das Zeug war noch roh, und dabei habe ich solch einen Hunger.«
Sie redete nicht mehr weiter, sondern schaute mich an. »Ist was, John?«
»Wieso?«
»Du siehst mich so seltsam an.«
»Nein, nein, alles okay.« Meine Blicke wanderten über ihre Gestalt. Da war nicht ein Spritzer Blut zu sehen.
Sie wirkte völlig normal, diese Miriam di Carlo.
»Du hast dich dort umgesehen?« fragte ich.
»Ja.«
»Was liegt dahinter?«
»Nichts, eine Kühlkammer, mehr nicht.« Sie lächelte.
»Es ist traurig, dass man in einem Krankenhaus wie diesem nichts Essbares findet. Schade.«
»Und jetzt?«
Miriam schaute mich an. Ihr Blick war ohne Argwohn.
»Sollen wir nicht hierbleiben?«
Ich strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn.
»Warum?«
»Nur so. Es ist doch egal, wo wir hingehen - oder nicht?«
»Das schon. Aber ich habe in diesem Krankenhaus einen Zombie gesehen. Einen Untoten. Wir müssen damit rechnen, dass man uns angreift. Verstehst du?«
»Klar.« Sie schaute auf meine Waffe.
»Du schaffst sie doch. Hast es mir selbst erzählt.«
»Meinst du, ich soll sie umlegen?« fragte ich bewusst hart.
»Genau.«
Ich kannte mich nicht mehr aus. Spielte diese Frau nun Theater, oder nicht? War alles nur Schau? Wollte sie mich testen, mich irreführen, um mich hinterher in die Falle zu locken?
Das konnte ich beim besten Willen nicht sagen. »Dann las uns gehen«, schlug sie vor, als sie sah, dass ich zögerte.
»Uns hält hier nichts.« Ich war einverstanden. Wir verließen den großen Küchenraum und fanden uns in einem Gang wieder.
Noch immer überlegte ich. Hatte ich mich dem getäuscht? Nein, es war keine Täuschung gewesen - Miriam hatte
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