Angst über London
die zerstörte Eingangstür pfiff der Wind.
Ich schaute auf die gegenüberliegende Straßenseite, wo eine Fabrik ineinandergefallen war. Es stand seltsamerweise ein Teil des Schornsteins. Er ragte wie der einzige faule Zahn eines Riesen aus dem Schutt- und Trümmerberg.
Von meiner neuen Bekannten war nichts zu sehen. Hatte sie sich wieder aus dem Staub gemacht und war in das Gefrierhaus zurückgegangen?
Der Gedanke daran erschreckte mich zutiefst, und ich musste mich zusammenreißen, um nicht loszurennen.
»Wo ist denn die Frau?« fragte der Rocker. Er hatte sich wieder erholt, sein Blick flackerte zwar noch, aber die große Angst war aus ihm verschwunden.
»Keine Ahnung.«
»Dann suchen wir sie.«
»Genau.« Ich nickte. Entfernen wollte ich mich nicht von dem Rocker, wenigstens nicht zu weit.
»Miriam!« rief ich.
Keine Antwort.
In meinem Magen bildete sich ein dicker Klumpen.
Ich ahnte, dass irgend etwas im Gange war. Sollte es tatsächlich der Fall sein, wollte ich härter rangehen.
»Wohin?« fragte Punky.
»Nach links.«
Wir gingen auf dem Weg in den Seitentrakt, den ich bereits kannte.
Unangefochten erreichten wir den Trakt. Ich wollte aber nicht nur im Kühlhaus nachschauen, sondern auch die Räume davor durchsuchen.
Da hatte ich bei meinem ersten Besuch noch nicht nachgesehen. Es gab mehrere Türen, sowohl rechts als auch links.
»Ich nehme die rechte Seite«, sagte der Rocker.
Da ich räumlich nicht sehr weit von ihm getrennt war, zeigte ich mich einverstanden.
Ich öffnete die nächstbeste Tür, der Rocker nahm die gegenüberliegende.
Nichts.
Weder ein Untoter noch Miriam di Carlo hielt sich in dem Raum verborgen.
Punky hatte ebenfalls keinen Erfolg erzielt. Er hob die Schultern.
Langsam hatte ich das Gefühl, dass mich Miriam an der Nase herumführte. Sie spielte ihr Spiel mit mir, lullte mich erst ein, um dann überraschend zuschlagen zu können.
Die nächsten Türen.
Sie befanden sich dicht vor der eigentlichen Küche des Krankenhauses.
Wieder teilten wir uns.
Ich schaute in einen Raum, der als Abstellkammer diente. Da standen ineinandergestapelte Eimer, Kartons mit Seifenpulver und Putzmittel, hinzu kamen Besen und zahlreiche Kehrschaufeln. Ich schaute sogar hinter die Tür, ein Mensch befand sich nicht in diesem Raum.
Und dann hörte ich den Schrei.
So gellend und angsterfüllt, dass mir eine Gänsehaut über den Rücken rann. Ich stand zwei Sekunden steif da und wirbelte dann herum. Der Schrei war gegenüber aufgeklungen, genau in dem Raum, wo auch Punky verschwunden war.
Spaltbreit stand die Tür offen. Ich rechnete mit einem Zombie und trat die Tür wuchtig auf.
Sie knallte gegen die Wand, ich konnte in den Raum hineinschauen und sah das grässliche Bild. Punky lag auf dem Boden. Er war tot. Jemand hatte ihn mit einer Axt umgebracht!
Wer war der Killer? Ein Zombie - oder…
Ich schritt über die Schwelle. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Hier irgendwo musste der Mörder lauem, er konnte nicht entkommen sein, ich hätte ihn sonst gesehen.
Da bemerkte ich die huschende Bewegung. Schräg hinter mir. Ich ging sofort in die Hocke und drehte mich um die eigene Achse.
Miriam di Carlo war es.
Sie hatte hinter der Tür gelauert und sie sogar abprallen lassen. Wie ein Blitz huschte sie aus dem Raum und drosch die Tür hinter sich zu.
Ich reagierte zu spät. Als ich meine Hände um die Klinke legte und die Tür aufreißen wollte, drehte Miriam einen Schlüssel zweimal herum.
Ich war eingeschlossen!
Dann hörte ich ihr Lachen.
Ja, sie stand draußen und lachte. Also stimmte es doch. Sie hatte das Fleisch gegessen, und sie musste es auch gewesen sein, die Punky umgebracht hatte.
O verdammt. Ich war wie ein Idiot in die Falle gelaufen. Aber warum hatte ihr der Anblick des Kreuzes nichts ausgemacht, wenn sie doch mit dem Bösen im Bunde stand?
Egal, jetzt hatte ich andere Sorgen. Ich musste hier raus und das Weib packen.
Auf dem Gang hörte ich hastige Schritte, die sich schnell entfernten.
Miriam di Carlo suchte das Weite. Ich aber kümmerte mich um die Tür.
Wenn es nicht anders ging, musste ich sie einrennen oder aus dem Fenster steigen, um die Klinik herumgehen und den vorderen Eingang benutzen.
Ich kam nicht dazu, Anlauf zu nehmen. Auf einmal hörte ich dicht neben mir ein Ächzen. Sofort wusste ich Bescheid.
Der tote Rocker!
Er lag ja auch unter der magischen Glocke und wurde zu einem Untoten, einem Zombie.
Er stand auf, wobei er nicht einmal das
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