Angst über London
und es ihr auf den Arm legte.
Nun musste es sich zeigen.
Es passierte - nichts!
Ich schluckte und ging zurück. Starrte auf das Kreuz, dann auf die Frau es war alles normal. Mein Kruzifix hatte nicht reagiert. Es sah völlig normal aus, wie auch Miriam di Carlo.
In dieser verdammten Klinik verlor ich noch mal den Verstand. Hier wurde mit mir gespielt, hier wurde ich zum Narren gehalten, hier machte man mich fertig. Steckte Miriam wirklich mit der Gegenseite unter einer Decke? Langsam kamen mir Zweifel. Alles schien auf den Kopf gestellt worden zu sein. Nichts passte mehr zusammen - gar nichts.
»John, du siehst schlecht aus«, sagte sie.
Ich nickte nur. War auch kein Wunder. Ich kam mir wirklich vor wie jemand, der laufend im Kreis herumlief und dabei mit sich selbst zusammenstieß.
»Du müsstest dich ausruhen, John!« sagte Miriam.
Stur schüttelte ich den Kopf. »Nein, zum Teufel. Nein und abermals nein. Ich will mich nicht ausruhen, ich brauche mich nicht auszuruhen. Ich will endlich wissen, was los war.«
»Das möchte ich auch.«
Ich starrte sie an wie ein unbekanntes Bild. »Das möchtest du auch wissen?« lachte ich. »Zum Teufel, du steckst doch hinter allem. Du bist diejenige, welche…«
»Wohinter stecke ich?«
»Hinter all diesen Morden. Du hast den Rocker umgebracht.«
»Nein.«
»Und du hast auch nicht das rohe Fleisch gegessen. So schlimm, dass dir das Blut aus dem Mund tropfte. Habe ich recht?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
»Aber ich. Weil ich dich genau gesehen habe. In der Kühlkammer hast du gestanden und Stücke von dem blutigen, rohen Fleisch abgerissen. Willst du das leugnen?«
»Natürlich!«
Ich atmete tief durch. Sie hatte mich bei diesem Wort so unschuldig wie ein Neugeborenes angeschaut. Verflucht, konnte diese Frau sich verstellen! »Wo warst du dann?«
»Wie?«
»In den letzten Minuten.«
»Hier.«
»Und was hast du hier gemacht?«
»Mich umgesehen.«
»Mehr nicht?«
»Nein, John!«
Sie hatte sich nur umgesehen. Ihr war kein Rocker über den Weg gelaufen, es war ihr nichts passiert. Nur ich war der Idiot, der Trottel, der alles auszubaden hatte.
»Du solltest dir wirklich etwas Ruhe gönnen«, schlug sie lächelnd vor.
»Bitte, John.«
»Ich brauche es nicht.«
»Doch, komm mit.« Sie reichte mir die Hand. Völlig normal, nicht kalt wie Totenhände. Vor mir stand eine Frau aus Fleisch und Blut - keine Dämonin.
Und doch war ich sicher, dass sie den Rocker umgebracht hatte. Oder wurde ich selbst schon verrückt? Ich dachte daran, dass sie ein Medium war. Zwar keine Dämonin, aber auch kein normaler Mensch. Konnte sie vielleicht - und das lag durchaus im Bereich des Möglichen - die schrecklichen Bilder aus reiner Gedankenkraft projiziert haben?
Das war es!
Ja, Freunde, das war die Lösung. Eine andere gab es einfach nicht.
Miriam di Carlo verstand es, aus dem Unterbewusstsein grässliche Szenen zu projizieren. Warum war ich nicht schon vorher auf die Idee gekommen? Manchmal hat man wirklich eine lange Leitung.
»Woran denkst du, John?« fragte sie.
»An dich.« Meine Stimme klang wieder versöhnlicher.
»Und?«
»Du bist doch ein Medium. Hast es mir selbst erzählt, oder irre ich mich da?«
»Nein.«
»Okay, wenn du also ein Medium bist, dann müsste es dir doch möglich sein, mit der anderen Welt in Kontakt zu treten. Du müsstest sie spüren und vielleicht auch fühlen können. Liege ich da richtig?«
»Ich weiß es nicht…«
»Wieso nicht?«
»Ich kann das nicht steuern. Es kommt plötzlich. Dann sehe ich etwas, und im nächsten Moment ist es wieder weg.«
»Bist du in diesen Szenen des öfteren im Mittelpunkt?« fragte ich weiter.
»Manchmal ja.«
»Und? Sind es schlimme Szenen?«
»Ja.«
»Hast du schon jemand umgebracht?«
Sie senkte den Kopf.
Da wusste ich Bescheid. Trotzdem war des seltsam und verständnislos. Denn der Mord an dem Rocker war eine Tatsache gewesen. Keine Einbildung. Der Rocker lebte nicht mehr. Ich hatte ihn aus seinem Zombie-Dasein erlöst.
Etwas stimmte nicht.
Miriam hob den Kopf und blickte mir ins Gesicht. »John!« flüsterte sie, »John…«
»Was ist?«
»Da… passiert was, John. Ich sehe es. Genau, da geht etwas Schlimmes vor.«
»Wo?«
Sie schluckte. »In der Nähe. Hier, glaube ich. Fast hier. Direkt am Krankenhaus.« Miriam sprach plötzlich abgehackt. Ich war wie elektrisiert. Kam ich jetzt dem Geheimnis ihrer Person auf die Spur?
Konnte ich das Finale in diesem schrecklichen Falle
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