AnidA - Trilogie (komplett)
Lederbeutel, in dem sie das stetige Pochen der beiden Herzen spürte. »Ich kann sie dir nicht geben. Es bringt mich um, Albi. Marten hat es versucht ...« Sie verstummte.
»Ich kann es tun«, sagte Albuin leise und bestimmt. »Ich bin ein Magier, hast du das vergessen? Ich bin noch nicht ganz so mächtig wie meine Meisterin, aber ich habe dazugelernt, seit wir uns zuletzt gesehen haben. Keine Regenschauer mehr auf deinen Scheitel, kleine Ida.«
Seine Stimme, warm und voller Liebe, ließ in ihr die Tränen aufsteigen. Sie seufzte und fasste das Lederbeutelchen fester, nahezu entschlossen, ihm die Herzen zu geben. »Was ist mit Eddy?«, fragte sie. »Brauchst du nicht auch ihre Herzen, um die Magierin aufzuhalten?«
Sein Gesicht zeigte unverhohlene Erleichterung. »Richtig, du weißt es ja nicht: Adina ist hier, die Magierin hat sie entführt. Sie irrt wahrscheinlich genau wie du im Labyrinth umher. Ich werde versuchen, unsere Schwester aufzuspüren, Ida. Warte hier auf uns. Im Moment kann dir nichts geschehen, ich spüre, dass meine Meisterin noch immer fort ist. Ich bin bald wieder bei dir.«
Ida sah ihm nach, wie er mit schnellen Schritten davonging. Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen. Was für ein Durcheinander! Waren Amos und Marten wirklich nur gestorben, damit eine größenwahnsinnige Magierin die Herzen in ihre Klauen bekam? Und woher konnte sie die Gewissheit nehmen, dass Albuin ihr die ganze Wahrheit sagte? Sie hatten sich jahrelang nicht mehr gesehen. Er konnte sich verändert haben. Woher wollte sie wissen, dass nicht er es war, der mit aller Macht nach den Herzen verlangte, und der damit das Schicksal der Welt in den Händen halten würde?
Sie seufzte und erinnerte sich. Die Prophezeiung ihrer Großmutter hatte gelautet, eines ihrer Enkelkinder werde der mächtigste und weiseste Magier sein, und seine Kräfte würden in dunkler Zeit dazu beitragen, das Herz der Welt zu erhellen und alle aus Not und Nacht zu führen. Das war natürlich Albuin, und jedes Wort, das er gesagt hatte, bestätigte bisher diese Prophezeiung.
Schnelle Schritte erklangen. Albuin kehrte zurück, gefolgt von der verwirrt dreinblickenden Eddy, die aufatmete, als sie ihre ruhig dasitzende Schwester erblickte. »Ida«, rief sie erleichtert. »Heiliger Kometenschweif, bin ich froh, dich zu sehen!« Sie umarmte ihre Schwester, und Ida erwiderte die Umarmung verblüfft. Als der Ring an ihrer Hand Eddys Schulter berührte, erklang ein leises, aber durchdringendes Summen, das wie eine wortlose Warnung in der Luft hing. Eddys Hand tastete nach Idas und umklammerte sie. Die Ringe berührten einander und wurden kalt. Ein leichtes, grünliches Glimmen ging von ihnen aus und wurde unmerklich stärker und heller.
»Wer ist dieser Typ?«, flüsterte Eddy ihr zu. »Er behauptet, unser Bruder zu sein, ist das wahr?« Ida nickte stumm. Eddy sah sich um. »Wo sind wir hier eigentlich? Ich war eben noch im Großen Nest, und plötzlich finde ich mich in diesem schrecklichen Labyrinth wieder. Ich dachte schon, ich würde nie den Weg hinaus finden ...«
»Adina, bitte, das alles hat doch Zeit«, unterbrach Albuin sie ungeduldig. »Wir können später noch in Ruhe darüber reden, wenn das hier vorbei ist. Sie kann jeden Moment zurückkommen. Gebt mir jetzt bitte die Herzen.«
Eddy sah ihn mit zusammengezogenen Brauen an, und Ida nestelte an dem Riemen des Lederbeutels. »Was wirst du tun?«
»Ich werde eine Zeremonie abhalten, die die Herzen für immer vor dem Zugriff meiner Meisterin in Sicherheit bringt. Wenn es mir gelingt, wird damit auch das Herz des Todes gebannt und machtlos sein. Dann sind wir in Sicherheit, Ida.« Er hielt ihr flehend die Hand hin.
Ida nickte ergeben und zog den Riemen über den Kopf. Sie sah Eddy fragend an, die mit grimmiger Miene in die Tasche ihrer Jacke griff. Albuin sah ihnen erwartungsvoll zu. »Du kannst garantieren, dass uns dabei nichts geschieht?«, fragte Ida, das Beutelchen locker zwischen ihren Fingern. Albuin nickte ungeduldig und griff gierig danach.
Hinter ihrem Rücken flammte ein grelles Licht auf. Eddy schrie und schirmte ihre Augen ab. Albuin, kalkweiß geworden in dem bläulichen Licht, starrte mit stecknadelkopfkleinen Pupillen furchterfüllt auf den erhöhten Thronsessel in der Mitte des kleinen Platzes. Ein dunkler Schatten saß inmitten des bläulich flammenden Infernos auf dem Thron und blickte auf sie herab.
»Du hast es wahrhaftig gewagt, mein Schüler«, flüsterte eine tonlose
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