Animus
unverkennbar.«
Plötzlich war ich dankbar, dass Marc aufgetaucht war. Ich hatte ihn seit dem gemeinsamen Essen nicht mehr gesehen. Und ich mochte seine jungenhafte, unkomplizierte Art.
»Ich frage mich, wie du dir diesen Charme bei der Stadtguerilla bewahrt hast.«
Marcs Gesicht verdüsterte sich. »Er hat es dir also erzählt. Hätte ich mir denken können.«
»Mir ist es lieber, wenn ich weiß, woran ich bin. Schließlich soll ich dir helfen. Ich helfe nicht gern Leuten, ohne zu wissen, worauf ich mich einlasse.«
»Ist okay. Aber ich hätte es dir lieber selbst gesagt. Nur nicht gleich fünf Minuten nachdem wir uns kennengelernt haben.« Trotz gegenteiliger Behauptung wirkte Marc leicht angesäuert.
»Ich habe in meinem Leben auch mächtig Mist gebaut.«
»Garantiert nicht so viel wie ich«, fügte Marc bitter hinzu.
»Angeber!«
Wir schwiegen eine Weile und hingen unseren düsteren Gedanken nach.
»Was macht Pete?«, wollte Marc wissen.
»Dem geht’s gut. Habt ihr euch nicht gesprochen in den letzten Tagen?«
»Nur kurz telefoniert. Stimmt es, dass ihr überwacht werdet? Pete meinte, ihm sei nichts aufgefallen, aber man könne sich hundertprozentig auf das verlassen, was du sagst. Deswegen sollte ich vorerst lieber nicht bei dir auftauchen.«
Ich freute mich, dass Pete mit Marc über das Beschattungsproblem gesprochen hatte. Es war unwahrscheinlich, dass Pete, falls er tatsächlich etwas mit der Observierung zu tun hatte, mich durch solch komplizierte Vorgänge in Sicherheit wiegen wollte.
»Wir haben gestern Abend auch Petes Wohnung überprüft. Bei ihm ist alles in Ordnung. Außerdem scheinen auch bei Katya und mir die Posten wieder abgezogen zu sein. Zumindest vorerst. Seit einigen Tagen war nichts. Rätselhaft. Es scheint kein System dahinterzustecken.«
Marc wurde nachdenklich. »Das kann nur bedeuten, dass derjenige, der etwas herausfinden wollte, es jetzt weiß. Oder dass er glaubt, sich geirrt zu haben. Wir sollten sehr gut aufpassen mit Ev.«
»Sowieso. Hast du dich schon mit Pete abgesprochen?«
»Ja«, antwortete Marc. »Aber sag mal, können wir ein paar Schritte gehen? Ich friere wie ein chinesischer Nackthund am Nordpol.«
Wir standen auf und gingen quer über die vom Schnee der vergangenen Tage verharschte Wiese.
»Pete hat mir erzählt, dass das Seminar nächste Woche steigt. Ev und die anderen aus dem Lager sind in einem Hotel untergebracht, wo sie rund um die Uhr bewacht werden«, griff Marc das Thema wieder auf.
»Nur die Acht aus Frisco wohnt bei uns. Wir werden jeden Tag ins Hotel kutschiert, um unseren Ausbildungskram durchzuziehen. An Silvester ist eine Party geplant. Danach müssen die niedrigstufigen Ratten aus dem Lager wieder zurück. Aber wir arbeiten daran, dass Ev noch ein wenig länger hierbleiben kann. Es ist ein Kongress geplant Anfang Januar, und dafür soll den Politikern das größtmögliche Aufgebot an Sensoren zur Verfügung stehen. Es werden dann Katya und ich natürlich, die Acht, eine Sieben und zwei Sechser hier in Washington sein.«
Marc stieß einen leisen Pfiff aus. »Das muss ja etwas verdammt Wichtiges sein.«
Ich war vorsichtig: »Das hat nichts zu sagen. Diesen Aufstand machen sie immer, wenn ein paar von den Politheinis die Köpfe zusammenstecken. Liegt daran, dass deine Exkumpels ziemlich rege Jungs sind und unsere Regierung sich gerne in die Hosen scheißt, wenn’s um das eigene Leben geht.«
Plötzlich kam mir der dunkle Schatten einer Idee, den ich selbst nicht einzuordnen wusste: »Hast du eigentlich noch Kontakt zu deinen alten Weggefährten?«
Marc stoppte, schaute überrascht auf, lief dann aber weiter. »Warum willst du das wissen?«
»Kein spezieller Grund. Es hat jedenfalls nichts damit zu tun, dass ich dir nicht trauen würde.«
»Schon gut. Kontakt habe ich keinen. Will ich nicht. Es gibt aber eine Nummer, über die ich Con erreichen könnte. Er ist der Boss der Stadtguerilla. War eine Zeit lang ein verdammt guter Freund von mir. Im letzten Jahr allerdings ist er völlig durchgeknallt. Das Kapitel ist für mich abgeschlossen. Aus und vorbei. Con und ich haben uns nichts mehr zu sagen. Ich würde ihn aber nie an Pete oder seine Organisation verraten. Wolltest du das wissen?«
Ich reagierte sauer: »Glaubst du, weil ich mit einem vom Secret Service ins Bett steige, habe ich mein Hirn abgegeben und bin plötzlich regierungstreu? Du spinnst wohl. Hast du eine Ahnung, was diese Schweine mir und meinesgleichen schon angetan
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