Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
viele Männer, auf die ich Lust habe, aber das bedeutet nicht, dass ich tatsächlich mit ihnen schlafen will.«
Sein Gesicht wirkte fast träge, die Augen wie tiefe Gewässer. »Ein flüchtiges Begehren ist schnell abgewehrt«, sagte er. In einer gleitenden Bewegung erhob er sich. »Was wir verspüren, ist nichts Flüchtiges, ma petite. Kein Begehren, sondern Verlangen.« Mit ausgestreckter Hand kam er auf mich zu.
Mir schlug das Herz im Hals. Nicht vor Angst. Ich glaubte nicht, dass es eine Sinnestäuschung war. Es fühlte sich echt an. Verlangen nannte er es, vielleicht war es das. »Nicht.« Meine Stimme klang rau, ein Flüstern.
Natürlich hielt er nicht inne. Seine Finger zogen, sie kaum berührend, den Umriss meiner Wange nach. Nur ein sachtes Vorbeigleiten. Ich wich vor ihm zurück, holte bebend Luft. Ich konnte so uncool sein, wie ich wollte, er spürte mein Unbehagen ohnehin. Etwas vorzutäuschen hatte keinen Sinn.
Ich spürte noch, wo er mich berührt hatte, ein Verweilen der Empfindung. Ich schaute zu Boden und sagte: »Ich weiß die Zusatzvergünstigungen zu schätzen, Jean-Claude, wirklich. Aber ich kann nicht. Ich will nicht.« Ich blickte ihm ins Gesicht. Da war eine schreckliche Leere. Nichts. Es war dasselbe Gesicht, doch ohne den Funken Menschlichkeit und Leben, den es noch vor einem Moment gehabt hatte.
Mein Herz begann wieder zu pochen. Das hatte nichts mit Sex zu tun. Angst. Es hatte eine Menge mit Angst zu tun.
»Wie Sie wollen, meine kleine Lebensspenderin. Ob wir Liebende sind oder nicht, es ändert nichts daran, was Sie für mich sind. Sie sind mein menschlicher Diener.« »Nein.« »Sie gehören mir, Anita. Ob Sie wollen oder nicht, Sie sind mein.«
»Sehen Sie, Jean-Claude, das ist der Punkt, wo Sie mich verlieren. Zuerst versuchen Sie, mich zu verführen, was seine angenehme Seite hat. Wenn das nicht wirkt, verlegen Sie sich aufs Drohen.«
»Das ist keine Drohung, ma petite. Es ist die Wahrheit.« »Nein. Und hören Sie verdammt noch mal auf, ma petite zu mir zu sagen.« Er lächelte darüber.
Er sollte sich nicht über mich amüsieren. Der Zorn spülte die Angst in einer raschen warmen Woge fort. Für Zorn hatte ich einiges übrig. Er machte mich mutig. Und dumm. »Leck mich.«
»Das habe ich bereits angeboten.« Seine Stimme brachte in meinem Magen etwas zum Zucken. Ich spürte die Hitze aufwallen, als ich errötete. »Zum Teufel mit Ihnen, Jean-Claude, zum Teufel mit Ihnen.« »Wir müssen reden, ma petite. Ob Geliebte oder Diener oder keins von beidem, wir müssen miteinander reden.« »Dann reden Sie. Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit.« Er seufzte. »Sie machen es mir nicht leicht.«
»Wenn es Ihnen darauf ankommt, dann hätten Sie sich jemand anderen aussuchen sollen.« Er nickte. »Wie wahr. Bitte setzen Sie sich.« Er setzte sich wieder auf die Schreibtischkante und verschränkte die Arme über der Brust. »Viel Zeit habe ich nicht«, erinnerte ich ihn.
Er runzelte leicht die Stirn. »Ich dachte, wir wären übereingekommen, das auszudiskutieren, ma petite.« »Wir waren übereingekommen, uns um elf zu treffen. Sie sind es, der eine Stunde vergeudet hat, nicht ich.« Sein Lächeln wirkte beinahe bitter. »Also gut. Ich werde Ihnen eine ... Kurzfassung geben.« Ich nickte. »Ist mir recht.«
»Ich bin der neue Meister der Stadt. Um neben Nikolaos überleben zu können, habe ich meine Kraft verbergen müssen. Es ist mir allzu gut gelungen. Es gibt welche, die glauben, ich sei nicht mächtig genug, um der Meister aller zu sein. Sie fordern mich heraus. Was sie unter anderem gegen mich ins Feld führen, sind Sie.«
»Wie?«
»Ihr Ungehorsam. Ich kann nicht einmal meinen menschlichen Diener beherrschen. Wie sollte ich all die Vampire in der Stadt und der Umgebung beherrschen können?«
»Was wollen Sie von mir?« Er lächelte, breit und echt, dass die Reißzähne blitzten. »Ich will, dass Sie mein menschlicher Diener sind.« »Nicht in diesem Leben, Jean-Claude.« »Ich kann Ihnen das dritte Zeichen aufzwingen, Anita.« Es war keine Drohung herauszuhören. Er nannte eine Tatsache.
»Ich würde lieber sterben, als Ihr menschlicher Diener zu sein.« Meistervampire können die Wahrheit riechen. Er würde wissen, dass es mir damit ernst war.
»Warum?«
Ich öffnete den Mund, um es zu erklären, und tat es nicht. Er würde es nicht verstehen. Wir waren auf Armeslänge voneinander entfernt, aber
Weitere Kostenlose Bücher