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Anita Blake 07 - Dunkle Glut

Anita Blake 07 - Dunkle Glut

Titel: Anita Blake 07 - Dunkle Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Weihwasser.
     
    Ich behielt die Waffe oben, fest und ohne zu schwanken. Ich hatte erst kürzlich Schlimmeres gesehen. Ich hatte einen Vampir gesehen, dem das Gesicht zur Hälfte weggefault war und das Auge in der nackten Höhle lag. Verglichen mit ihm war Asher titelblatttauglich. Was seine Narben so schlimm erscheinen ließ, war die übrige Makellosigkeit. Die machte den Anblick irgendwie schrecklicher, abstoßender. Seine Augenpartie hatten sie unbeschädigt gelassen, aber unterhalb davon war das Gesicht ein Meer von Narben. Jean-Claude hatte ihn vor dem Tod retten können, aber Julianna war als Hexe verbrannt worden.
     
    Asher hatte ihm den Tod der Frau, die sie beide liebten, nie verziehen. Im Gegenteil, ich hatte zuletzt erfahren, dass er beim Rat um meinen Tod bat. Er wollte Jean-Claudes menschlichen Diener töten, zur Vergeltung. Der Rat hatte bisher abgelehnt.
     
    »Treten Sie von dem Jeep zurück, langsam«, sagte ich.
     
    »Du würdest mich erschießen, weil ich mich an deinen Wagen lehne?« Er klang amüsiert freundlich. Der Tonfall und wie er sich ausdrückte erinnerte mich an meine frühen Begegnungen mit Jean-Claude. Asher stieß sich vom Wagen ab. Er blies mir einen Rauchkringel entgegen und lachte wieder.
     
    Der Klang glitt mir über die Haut wie ein Pelz, weich und - ganz dezent - mit tödlicher Verheißung. Es war Jean-Claudes Lachen, und das zerrte höllisch an meinen Nerven.
     
    Jean-Claude machte einen tiefen, zitternden Atemzug und trat vor. Er trat mir nicht vor die Mündung und er befahl mir nicht, die Waffe zu senken. »Warum bist du hier, Asher?« In seiner Stimme schwang etwas mit, das ich bei ihm selten gehört hatte: Bedauern.
     
    »Wird sie mich gleich erschießen?« »Frag sie selbst. Ich bin es nicht, der auf dich zielt.« »So ist es also wahr. Du hast deinen eigenen Diener nicht in der Hand.« »Die besten Diener sind die, die dir freiwillig helfen. Das hast du mich gelehrt, Asher, du und Julianna.«
     
    Asher warf die Zigarette auf den Boden. Er machte zwei schnelle Schritte vorwärts. »Tun Sie das nicht«, warnte ich ihn.
     
    Er hatte die Fäuste geballt. Seine Wut loderte in die Nacht hinaus. »Sprich nie wieder, nie wieder ihren Namen. Du verdienst es nicht, ihn in den Mund zu nehmen.« Jean-Claude machte eine knappe Verbeugung. »Wie du wünschst. Nun, was willst du, Asher? Anita wird schnell ungeduldig.«
     
    Asher starrte mich an. Er musterte mich von Kopf bis Fuß, aber nicht lüstern, obwohl diese Empfindung nicht ganz unbeteiligt war. Es war eher inspizierend, als wäre ich ein Auto, das er vielleicht kaufen wollte. Seine Augen hatten ein seltsames Hellblau. »Würdest du mich wirklich erschießen?« Er drehte den Kopf so, dass ich die Narben nicht sehen konnte. Er wusste genau, wie der Schatten fiel. Er schenkte mir ein Lächeln, bei dem ich wohl bis in die Socken schmelzen sollte. Es haute nicht hin.
     
    »Sparen Sie sich Ihren Charme und nennen Sie mir einen Grund, Sie nicht zu töten.«
     
    Mit einer Kopfbewegung ließ er eine goldene Haarwoge über die rechte Gesichtshälfte rollen. Hätte ich nachts nicht so gut sehen können, wären mir die Narben vielleicht entgangen.
     
    »Der Rat übermittelt seine Einladung an Jean-Claude, den Meister der Stadt St. Louis, und an seinen menschlichen Diener, Anita Blake. Sie ersuchen um eure Anwesenheit am heutigen Abend.«
     
    »Du kannst die Pistole wegstecken, ma petite. Es wird uns nichts geschehen, bis wir vor dem Rat stehen.« »Einfach so«, sagte ich. »Neulich habe ich noch gehört, dass mich dieser Asher umbringen will.« »Der Rat hat die Bitte abgelehnt«, erklärte Jean-Claude. »Unsere menschlichen Diener sind für uns zu kostbar.«
     
    »Wie wahr«, stimmte Asher zu.
     
    Die zwei Vampire blickten einander an. Ich rechnete damit, dass sie ihre Kräfte messen würden, aber das taten sie nicht. Sie standen bloß da und schauten. Ihre Gesichter verrieten gar nichts, aber wenn sie Menschen und keine Monster gewesen wären, hätte ich ihnen geraten, sich zu
     
    umarmen und wieder zu vertragen. Ihr Schmerz lag deutlich in der Luft. Ich sah, was ich vorher nicht begriffen hatte. Sie hatten sich geliebt. Nur Liebe kann sich in so bittere Reue verwandeln. Julianna war das Band zwischen ihnen gewesen, aber sie hatten nicht nur sie geliebt.
     
    Es war Zeit, die Waffe wegzustecken, aber ärgerlicherweise würde ich dafür einiges entblößen müssen. Es waren wirklich mal ein paar schicke Hosenanzüge fällig.

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