Anita Blake 08 - Göttin der Dunkelheit
der Seite an. »Scheiße, Ed ... Ted. Scheiße.« Es war nicht nur die Anzahl. Dass ich sie nicht spürte, war das Problem. Ich war schon vorher mal mit hundert Vampiren konfrontiert gewesen, aber die hatten mich nicht so nervös gemacht. Ich wusste nicht, ob die Abschottung gegen meine Verbindung mit Jean-Claude mich angreifbarer machte oder ob meine nekromantischen Kräfte gewachsen waren. Oder Itzpapalotl war viel mächtiger als der andere Meister damals. Vielleicht lag es an ihrer Macht, dass sie mir furchteinflößender erschienen als die meisten Vampire. Hier standen an die Hundert zusammen. Ich bekam Eindrücke von allen oder fast allen. Meine Schilde waren inzwischen beträchtlich, ich konnte sehr viel übernatürliches Zeug abwehren, aber das war zu viel für mich. Wenn ich raten sollte, da war kein Vampir in dem Raum unter hundert. Wenn ich einen zu lange ansah, bekam ich einen Flash, einen Schlag ins Gesicht von ihrem Alter, ihrer Macht. Die vier weiblichen, die in der rechten Ecke standen, waren alle über fünfhundert Jahre alt. Sie musterten mich mit finsteren Augen. Ihre Haut war dunkel, aber nicht so dunkel, wie sie mit ein bisschen Sonne geworden wäre. Sie betrachteten mich mit geduldigem, leerem Gesicht.
Die Stimme ihres Meisters kam aus der Mitte des Raumes. Itzpapalotl wurde von ihren Vampiren abgeschirmt. »Ich habe euch keine Gewalt angedroht, doch ihr habt die Waffe gezogen. Ihr erbittet meine Hilfe, doch ihr bedroht mich.«
»Das ist nicht persönlich gemeint, Itz...« Ich verhaspelte mich bei ihrem Namen.
»Du darfst Obsidianschmetterling sagen.« Es war befremdlich, mit ihr zu reden und sie zwischen den wartenden Gestalten nicht sehen zu können. »Das ist nicht persönlich gemeint, Obsidianschmetterling. Aber sobald ich die Waffe weggesteckt habe, ist die Chance, sie wieder rechtzeitig zu ziehen, ehe einer von Ihrer Brut mir die Kehle rausreißt, verdammt klein.«
»Du misstraust uns«, sagte sie. »Genau wie Sie uns.«
Darüber lachte sie. Sie hatte das Lachen einer jungen Frau, es klang normal, aber das angestrengte Echo von den anderen Vampiren war gar nicht normal. Es hatte einen verstörten Unterton, eine gewisse Verzweiflung, als hätten sie Angst, nicht zu lachen. Ich fragte mich, wie die Strafe ausfiel, wenn einer nicht ihrem Beispiel folgte.
Das Gelächter verebbte bis auf eine schrille männliche Stimme. Die übrigen Vampire wurden still, gingen in diese unmögliche Starre über, wo sie wie Statuen aussehen, wie etwas aus Stein und Farbe. Sie standen da wie ein Heer toter Dinge und warteten. Worauf? Das einzige Geräusch war dieses schrille, ungesunde Lachen, das sich noch steigerte und an die Filme erinnerte, in denen Irrenanstalten oder Versuchslabore vorkommen. Es machte mir eine Gänsehaut, und es war nicht magisch, nur unheimlich.
»Wenn ihr die Waffen wegsteckt, werde ich die meisten wegschicken. Das ist fair, nicht wahr?«
Es war fair, aber es passte mir nicht. Ich hatte gern die Waffe in der Hand. Natürlich nützte sie nur, wenn ein paar Erschossene die übrigen abhalten würden, sich auf uns zu stürzen, und das wäre nicht so. Wenn ihr Meister sagte, fahrt zur Hölle, würden sie anfangen, ein Loch zu graben. Wenn er ihnen befahl, uns anzugreifen, würden sie es ganz sicher tun. Folglich waren die Waffen bloß ein Verzögerungsinstrument vor dem Ende. Die Überlegung dauerte nur ein paar Sekunden, und das irre Lachen ging weiter wie bei diesen grausigen Lachpuppen.
Edward drückte seine Schulter gegen mich. Er wartete auf meine Antwort, vertraute auf mein Urteil. Ich hoffte, dass ich uns nicht ans Messer lieferte. Ich steckte die Waffe zurück ins Holster. Ich rieb mir die Hände an der Jeans ab. Hatte die Pistole zu lange und zu verkrampft gehalten. Ich und nervös?
Edward steckte ebenfalls seine Waffe weg. Bernardo stand noch in der Tür, und ich begriff, dass er aufpasste, dass niemand die Treppe runterkam und uns den Rückweg abschnitt. War irgendwie nett, mit mehr als zwei Leuten zusammenzuarbeiten und zu wissen, dass sie bereit waren, jeden zu erschießen, der sich bewegte. Keine Sentimentalität, kein Mitgefühl, nur Professionalität.
Klar, Olaf stand abseits bei Dallas. Er hatte seine Pistole nicht weggesteckt. Er war ihrem hüpfenden Pferdeschwanz folgend in die Vampire hinein gewatet, der Vernichtung entgegen. Oder der potenziellen Vernichtung.
Die Vampire holten geschlossen Luft, ihr Brustkorb hob
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