Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts
»Sie riecht nach Wolf und ... Vampir.« Er sah zu mir hoch. »Hast du's mit deinem Ulfric und deinem Meister gemacht? Riecht Nathaniel deshalb nicht nach Muschi, weil kein Loch mehr frei war?«
Ich hatte mir Mühe gegeben, im Rahmen meiner Möglichkeiten tolerant zu sein, aber in dem Augenblick beschloss ich, Caleb keine Sympathie entgegenzubringen. »Das Rudel hat ein Recht zu fragen, mit wem Nathaniel schläft, weil er keine gute Menschenkenntnis hat. Aber keiner von euch hat das Recht, mich danach zu fragen.«
So schnell, dass man es kaum mitbekam, stieß Caleb die Nase zwischen meine Beine, und zwar so fest, dass es fast weh tat. Ich hatte die Browning in der Hand und an seinen Kopf gedrückt, ehe ich wusste, was ich tat. Schneller, als normal war, selbst für meine Verhältnisse.
Caleb zog den Kopf zurück. Der Lauf blieb an seine Stirn gedrückt. Er blickte zu mir herauf. »Du riechst nicht nach Schwanz. Erzähl mir nicht, du hattest mindestens drei Männer im Bett und keiner hat dich gefickt.«
»Caleb, ich kann dich immer weniger leiden.«
Er grinste. »Aber du wirst mich nicht erschießen, weil Micah dann nämlich sauer wäre.«
»Du hast recht, ich hätte die Pistole nicht ziehen sollen. Ich bin es nur nicht gewohnt, dass meine Hand schneller ist als mein Kopf.«
»Du hast dich noch nie dermaßen schnell bewegt«, sagte Zane.
Ich zuckte die Achseln. »Das bringt die Veränderung so mit sich, schätze ich.« Ich steckte die Browning weg. Ich wollte Caleb nicht erschießen, nur weil er unausstehlich war.
Caleb lehnte die Wange an meinen Oberschenkel, und ich ließ ihn. Abwehr würde ihn bloß amüsieren, und er benahm sich gerade mal ganz gut. Relativ betrachtet.
Vivian berührte mich am Arm. »Wirst du wirklich eine von uns?«
»In zwei Wochen werden wir es wissen«, sagte ich.
»Das tut mir leid«, sagte sie.
Ich lächelte sie an. »Danke.«
»Du hast Nathaniel nicht getoppt«, sagte Elizabeth. »Du bist zu zart besaitet, um ihn derart zu beißen.«
Ich blickte sie an und ließ die Dunkelheit in meine Augen vordringen, meine Version der Bestie. Es war der Blick, der bewies, wie tief das Kind schon in den Brunnen gefallen war. »Ich bin nicht mehr so zart besaitet wie früher, Elizabeth. Das solltest du vielleicht bedenken.«
»Nein«, sagte sie, »nein, du willst ihn nur beschützen. Er war schon immer Lehrers Liebling. Du hast bloß Angst davor, was Micah tun wird. Angst davor, was ein echter Nimir-Raj mit ihm machen wird, nachdem er eine direkte Anweisung missachtet hat.« Sie stolzierte auf uns zu. »Und du solltest auch Angst haben, Anita, sogar große Angst, denn Micah ist stark, genauso stark wie Gabriel war. Er ist nicht zimperlich.«
»Ich weiß genug über Gabriel, um mich zu fragen, ob das ein Kompliment ist.« Micah kam mit einem großen Mann aus dem Wald. Vor Micah hatte ich noch nie mit einem Mann geschlafen, den ich eben erst kennengelernt hatte. Ich hatte nie mit einem geschlafen, bei dem mein Herz nicht höher schlug, wenn ich ihn sah. Als Micah zwischen den Bäumen hervorkam, anmutig und gutaussehend, fühlte ich mich nicht verliebt, und mein Körper reagierte auch nicht entsprechend. Ich war erleichtert, aber auch ein bisschen beschämt.
Er trug eine abgeschnittene Jeans mit ausgefransten Rändern, ein weißes Trägerhemd, das in der Dunkelheit leuchtete und seine Sommerbräune hervorhob. Ein breiter Ledergürtel betonte seine schlanke Taille. Die Haare trug er zum Pferdeschwanz gebunden. Bekleidet wirkte er noch graziler. Ich hatte bisher nicht darauf geachtet, wie feingliedrig er war, geradezu elegant, besonders für einen Mann. Jean-Claude war schöner, aber zu groß, als dass man ihn feingliedrig nennen konnte. Für Micah war das Wort treffend. Man hätte ihn fast zerbrechlich nennen können, wären nicht die kräftigen Muskeln gewesen, und dieser Gang, als gehörte ihm die Welt, und alles drehte sich um ihn. Er wirkte ungeheuer selbstsicher. So viel Potenzial in einem so kleinen Paket. Er erinnerte mich an jemanden.
Der Mann hinter Micah war dunkelhäutig und hatte sehr kurz geschnittene Haare. Er war jung und gutaussehend auf eine adrette Art, aber muskulös und äußerst aufgeweckt. Das erklärte, warum Merle mal nicht an Micahs Seite klebte. Es war Wachwechsel gewesen. Micah stellte ihn als Noah vor.
Ich hatte mich vor dem Wiedersehen gefürchtet - überlegt, was ich sagen sollte,
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