Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts
schüttelte den Kopf, versuchte, mich zu konzentrieren, vergeblich. »Also gut, na schön. Richard kann mich nicht mehr als Lupa nehmen. Ich wollte das sowieso nie sein. Ich wollte nur mit ihm zusammen sein. Dann können mich die Wölfe eben mal kreuzweise. Aber was haben sie mit Gregory gemacht?«
»Bei Richard sind die Sicherungen durchgebrannt, als er hörte, was Gregory gemacht hat«, sagte Zane. »Er dachte, Gregory hat es mit Absicht getan, weil er Angst hatte, dich als Nimir-Ra zu verlieren.«
»Er beschuldigt ihn, das absichtlich getan zu haben?«
Zane nickte. »Oh ja, und dann haben sie ihn mitgenommen.«
»Wer?«
»Jamil, Sylvie und andere.« Er wollte mich nicht ansehen.
»Hat irgendwer versucht, es ihm auszureden?«
»Sylvie wollte ihn überzeugen, dass es nicht richtig ist und dass du sauer wirst. Er hat sie geschlagen, hat ihr verboten, ihm zu widersprechen. Er sei der Ulfric, nicht sie, hat er gesagt.«
»Scheiße.«
»Ich kann verstehen, dass deine Leoparden sich den Wölfen nicht in den Weg gestellt haben«, meinte Micah. »Sie sind deutlich in der Unterzahl.«
»Sie hätten Prügel bezogen, ich weiß. Außerdem ist es meine Aufgabe, sich mit Richard auseinanderzusetzen, nicht ihre.«
»Weil du ihre Nimir-Ra bist.«
»Weil ich seine Freundin bin.«
»Natürlich.«
Ich machte eine heftige Handbewegung. »Hör zu, ich kann mich jetzt gedanklich nicht damit befassen, darum konzentriere ich mich auf das Wichtigste, ich meine, auf das Dringendste. Wo ist Gregory, und wie bekomme ich ihn zurück?«
Micah lächelte. »Sehr zupackend.«
Ich sah ihn an und spürte, dass mein Blick kalt wurde. »Du hast keine Ahnung, wie zupackend ich sein kann.«
Sein Blick veränderte sich, aber ich sah kein Erschrecken, sondern Interesse, so als hätte ihn meine Reaktion neugierig gemacht. »Die Lage ist kompliziert. Zuerst musst du dir selbst sicher sein, dass Gregory das nicht mit Absicht getan hat.«
»Kein Problem«, sagte ich. »Ich weiß, dass er keine böse Absicht hatte. Aber wieso habe ich das Gefühl, dass ich nicht einfach Richard anrufen und sagen kann: ›Hallo, ich komme jetzt Gregory abholen‹?«
»Weil du nicht nur Richard, sondern das Rudel überzeugen musst, dass du ein Anrecht auf ihn hast.«
»Was meinst du damit? Er ist mein Leopard. Er gehört mir, nicht ihnen.«
Micah senkte seine langen Wimpern, als sollte ich seinen Blick nicht sehen. »Der Ulfric hat Gregory zum Verbrecher erklärt, weil er ihre Lupa getötet hat.«
»Aber ich lebe noch, wieso ...?«
Micah hob einen Finger, und ich ließ ihn ausreden. »Für das Rudel bist du tot, nämlich als Lupa. Weil du Leopard geworden bist, bist du für sie tot. Du magst weiterhin mit Richard das Bett teilen, aber ihre Lupa wirst du nie wieder sein können. Sie haben gegen dich gestimmt, und Richard hat die alten Machtstrukturen so weit zerstört, dass er ihnen seinen Willen nicht aufzwingen kann.«
»Er ist also Ulfric, ohne wirklich zu herrschen«, stellte ich fest.
Micah überlegte kurz, dann nickte er. »Ja, so ist es. Gut ausgedrückt.«
»Danke.« Dann fasste ich ihn erschrocken am Arm. »Sie wollen ihn doch nicht töten oder?« Da huschte etwas über sein Gesicht. Ich bohrte die Finger in seinen Arm. »Sie haben ihn schon umgebracht?«
»Nein.«
Ich ließ ihn los und lehnte mich gegen die Wand. »Was tun sie mit ihm, oder was haben sie mit ihm vor?«
»Tötung der Lupa wird mit dem Tod bestraft; das ist in jedem Rudel so. Aber die Umstände sind ziemlich ungewöhnlich. Deshalb nehme ich an, dass du Gelegenheit bekommen wirst, ihn zurückzugewinnen.«
»Wie?«, fragte ich.
»Das musst du den Ulfric fragen.«
»Werde ich.« Ich sah an ihm vorbei. »Geh mal einer mein Handy aus dem Jeep holen.« Nathaniel ging wortlos hinaus.
»Was willst du tun?«, fragte Micah.
»Ich werde mich vergewissern, ob Gregory unversehrt ist. Wenn das der Fall ist, werde ich Jean-Claude aus dem Gefängnis holen. Wenn Gregory in Gefahr ist, muss ich ihn zuerst befreien.«
»Prioritäten«, murmelte Micah.
»So ist es.«
Er lächelte wieder. »Ich bin sehr beeindruckt. Du bist in sehr kurzer Zeit mehrmals stark erschüttert worden, trotzdem bewahrst du klaren Kopf und gehst die Probleme nacheinander an.«
»Ich kann nur eins nach dem anderen lösen«, sagte ich.
»Die meisten Leute
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