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Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts

Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts

Titel: Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Hände auf mir, als sie sich mir wieder zuwandte, als wäre Asher gar nicht da, während sich mir einprägte, mit welchem Gesicht und welcher Körperhaltung er den Raum verließ. Ich blinzelte, und die Erinnerung verblasste. Ich lag auf Jean-Claudes Bett und sah Asher in seinem braunen Morgenmantel zur Tür gehen. Es schnürte mir die Kehle zu, und meine Augen brannten von aufsteigenden Tränen.
     
    »Geh nicht«, hörte ich mich sagen und sah dann zu Jean-Claude hoch, der ein undurchdringliches Gesicht machte. Aber für einen kurzen Moment sah ich in seinen Augen einen Schmerz, gegen den mein Mitgefühl nur ein müder Abglanz war.
     
    Asher blieb stehen und drehte den Kopf. Sein Haar fiel über die entstellte Gesichtshälfte, der Morgenmantel verdeckte alles andere. Er sagte nichts, sondern schaute nur.
     
    »Geh nicht, Asher, geh nicht«, bat ich noch einmal.
     
    »Warum nicht?«, fragte er so neutral, wie er konnte.
     
    Von der geteilten Erinnerung durfte ich nichts sagen. Das hätte nach Mitleid ausgesehen. Mir fiel auch keine gute Lüge ein. Aber eine Lüge würde sowieso nichts nützen. Nur die Wahrheit konnte hier heilsam sein. »Ich kann es nicht ertragen, dich so weggehen zu sehen.«
     
    Er blickte Jean-Claude an, plötzlich wütend. »Du hattest kein Recht, ihr diese Erinnerung zugänglich zu machen.«
     
    »Ich kann nicht beeinflussen, welche sie sieht und welche nicht.«
     
    »Na gut«, sagte Asher zu mir. »Dann weißt du jetzt, wie sie mich aus ihrem Bett geworfen hat. Und wie sie mich aus seinem Bett geworfen hat.«
     
    »Letzteres war deine Entscheidung«, sagte Jean-Claude.
     
    »Wir solltest du mich noch anfassen können? Ich konnte es ja selbst kaum.« Er blieb an der Tür und kehrte uns die Seite zu, sodass wir nur die goldenen Haare sahen. Er klang so verbittert, dass es mir ins Herz schnitt. Seine Stimme und sein Lachen waren sonst so eindrucksvoll wie Jean-Claudes, aber es fiel ihm offenbar leichter, auch Kummer und Reue mitzuteilen.
     
    »Warum?«, fragte ich und kannte die Antwort schon.
     
    »Warum was?«
     
    »Warum hat sie dich rausgeworfen?«
     
    Jean-Claude rückte an meine Seite, und mir fielen zwei Dinge auf: Erstens schirmte er sich innerlich vor uns allen ab, und zweitens verriet mir seine Körperhaltung, dass er unglücklich war.
     
    Asher strich sich die Haare zurück und drehte die Narben dem Licht zu. »Deswegen, deswegen. Unsere Gebieterin sammelte Schönheiten, und ich war keine mehr. Es peinigte sie sichtlich, mich zu sehen.«
     
    »Aber du bist schön, Asher. Dass sie das nicht sehen konnte, ist nicht deine Schuld.«
     
    Er ließ die Haare wieder nach vorn fallen. Seit er im Zirkus eingezogen war, hatte er sich so gut wie abgewöhnt, die Narben zu verbergen. Bei seiner Ankunft in St. Louis war das noch eine automatische Geste gewesen, sobald man ihn direkt ansah, und er hatte Lichteinfall und Schatten immer zu nutzen gewusst, um die unberührte, schöne Seite herauszustellen. Inzwischen hatte er das in meinem Beisein nicht mehr für nötig gehalten.
     
    Dass er die alte Gewohnheit wieder aufnahm, tat mir in der Seele weh. Ich kroch zum Bettrand und versuchte dabei, die Bettdecke vor mich zu halten, doch sie war verheddert und unter Jean-Claude und Jason eingeklemmt. Was soll's, dachte ich, hier hat mich sowieso jeder nackt gesehen. Viel wichtiger war mir, die Verletztheit aus Ashers Gesicht zu vertreiben.
     
    Jason machte mir Platz und verkniff sich jede neckende Bemerkung. Unglaublich, aber wahr. Ich stand vom Bett auf und ging auf Asher zu, während neue Bilder der Erinnerung in mir aufstiegen. Wie oft hatte er Jean-Claude und Belle Morte oder Julianna so auf sich zukommen sehen, nackt und erwartungsvoll! Aber selbst Jean-Claude hatte ihn enttäuscht. Ich hatte den düsteren Blick gesehen, der von Schuldbewusstsein sprach. Schuldbewusstsein, weil ihm nicht gelungen war, Julianna und Asher zu retten. Aber Asher hielt das Schuldbewusstsein für Ablehnung und glaubte, Jean-Claude würde ihn nur aus Mitleid anfassen. Da irrte er sich - ich besaß die Erinnerung. So hielten sie einander ständig vor, wer wen enttäuscht und im Stich gelassen hatte, erinnerten sich in einem fort an die Frau, die sie beide geliebt und verloren hatten, bis von allem nur noch Schmerz übrig war. Asher hatte ihn in Hass verwandelt, und Jean-Claude hatte sich einfach abgekehrt.
     
    Ich wanderte durch die Erinnerungen wie durch Spinnweben. Sie streiften mich, klebten an mir, hielten

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