Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
können, doch es lag ihm einfach nicht, sich lange als Flüchtiger durch die Stadt zu bewegen in dem ständigen Bewusstsein, von einem Soldaten aufgegriffen zu werden.
Vielleicht aus falsch verstandenem Ehrgefühl wollte er auch auf keinen Fall bei Miron um Einlass betteln. Dieser war ohne Zweifel in Kenntnis gesetzt worden. Ihm war kalt, er war wütend und zugleich zutiefst verletzt. Er wollte wenigstens den Ärger mit seinem Onkel endlich aus der Welt schaffen.
Obwohl er sich dafür hasste, drehten sich seine Gedanken trotzdem pausenlos um die schöne Heilerin, die nun durch ihr Gelübde unerreichbar für ihn war.
Das wechselte sich mit der Sorge um seinen Onkel, der seine Drohung ihn festzusetzen, tatsächlich wahr gemacht hatte.
Ankwin wusste, dass seine Flucht seinen Onkel zu weiteren Maßnahmen zwingen würde. Er begann sich vorzustellen, wie er lange vor der Zeit an den heimischen Hof zurückkehrte, in Schande von seinem Onkel als unbändiges Landei verstoßen.
Er fluchte in Gedanken vor sich hin. Er war erst wenige Tage in der Königsstadt und hatte alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte.
***
Im Garten hatten sich schon seit geraumer Zeit die Grüppchen der Wartenden immer wieder mit denen im Inneren des Gebäudes abgewechselt. Die Nacht war inzwischen hereingebrochen und nichts hatte sich getan, als endlich Bewegung in das Gärtchen kam.
Beinahe direkt unter ihm hielt eine Sänfte an, deren Dach er noch erspähen konnte. Die polternde Stimme, die den Trägern Anweisungen gab und sie dann entließ, erkannte er sofort.
Sein Onkel war im Begriff, den Garten über den Hintereingang zu betreten, wie er es ihm schon öfter erzählt hatte.
Ankwin hielt sich zurück. Wenn er seinem Onkel hier vor Zeugen gegenübertrat, hatte der nicht mehr viele Möglichkeiten, ihm zu helfen. Er würde ihn direkt wieder festsetzen müssen.
Er konnte hören, wie Onkel Bungad von allen Seiten begrüßt wurde und sich in das Haus begab. Ankwin rollte sich wieder auf den Rücken, seufzte und starrte durch die Blätter in den Nachthimmel. Das würde wohl eine lange, kalte Nacht werden, denn so, wie er seinen Onkel kannte, blieb der bei Festlichkeiten immer bis zum Schluss.
***
Ein leises Knirschen ließ Ankwin die Augen aufreißen. Er musste eingenickt sein. Schlagartig drehte er den Kopf und versuchte sich zu orientieren. Das bereute er allerdings augenblicklich, da sein Genick durch die Kälte etwas steif geworden war. Der Schmerz schoss ihm direkt ins Rückgrat.
Blätter, Sterne, Kälte, leise Stimmen unter ihm, Schmerzen im Rücken. Doch was ihn geweckt hatte, sah er nicht. Alarmiert durch ein Gefühl, das sich in seiner Magengrube ausbreitete, hob er den Kopf entgegen den Schmerzen an und drehte ihn zu allen Seiten. Angestrengt spähte er in die Nacht und tastete mit seinen Augen die schwachen Konturen der Umgebung ab. Nichts.
Ankwin zwang sich zur Ruhe, schloss für einen kurzen Moment die Augen, sog die Luft leise aber tief ein und ließ sie langsam entweichen, dann sah er sich erneut um. Das Gemurmel aus dem Garten unter ihm schien nun viel deutlicher, irgendetwas tat sich da unten. Ein paar Grillen und das Rauschen des lauen Nachtwindes in den Blättern über ihm gesellten sich dazu. Er hörte sogar ein paar Frösche in dem Teich des Gartens quaken.
Plötzlich schoss ihm der Schreck bis in die Zehenspitzen. Direkt vor dem Blätterdach des Holunderstrauches eine Armlänge von seinem Kopf entfernt saß eine Gestalt auf der Mauer und sah in den Garten. Sie musste völlig schwarz gekleidet sein, denn sie war kaum auszumachen.
Genau genommen sah man nur, wo am Nachthimmel plötzlich keine Sterne mehr zu sehen waren.
Er blickte im Liegen hinter sich und deshalb war das Bild der Gestalt auf den Kopf gedreht. Instinktiv wollte seine Hand den Knauf des Dolches an seinem Gürtel greifen, doch dieser hing aller Wahrscheinlichkeit nach von Villon frisch gefettet immer noch über dem Stuhl in seinem Zimmer.
Ankwin würde sich im Falle eines Kampfes auf seine Fäuste verlassen müssen. Er wagte nicht, sich zu bewegen oder auch nur zu atmen. Wer war diese Gestalt und was wollte sie hier?
Fieberhaft dachte er nach, während die Augenblicke wie kleine Ewigkeiten verstrichen. Es konnte nur der Blutbote sein, der seinem Handwerk nachging. Wen hatte er dieses Mal im Auge? Für einen kurzen Moment erwog der junge Krieger, ob er einfach nur alles beobachten sollte, schließlich hatte der Hinweis des Blutboten sie
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