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Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rina Bachmann
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hielt.
    Er kam mit dem Korb voller Holz in die Küche herein. Mittlerweile war er etwas gewachsen. Es machte ihm nicht mehr viel aus, das Holz auf dem Hof zu hacken und ins Haus zu bringen. Er war es auch gewohnt, sauber zu machen, die Gänse zu füttern, den Ofen auszukehren, den Hof zu fegen und den Müll wegzubringen. Alle Aufgaben im Haushalt erledigte er bevor die Alte einen Grund fand, ihn für irgendetwas anzupöbeln. Für diesen Abend war er mit dem Programm durch und setzte sich auf die Holzdielen vor dem alten Ofen. Die breiten Spalten zwischen den Ziegelsteinen und der gusseisernen Tür boten einen freien Blick in den Innenraum. Ian liebte es, einfach da zu sitzen, auf die rotgelben Feuerzungen zu schauen, dem Knistern vom trockenen Holz zu lauschen und die Wärme zu genießen. Es war eine gute Gelegenheit, an nichts denken zu müssen. Die Flammen schmiegten sich eng ans Brennholz und leckten mit einem leisen Schnalzen die schwarzen, verrußten Wände. Die durchgebrannten Scheite fielen mit einem Krachen zusammen. Ein Feuerwerk aus roten, gelben und bläulichen schimmernden Funken schoss in die Ofendecke. Ian zog einen dicken Handschuh an, machte die Tür auf und legte ein paar neue Holzscheite nach. Dann lehnte er sich zurück, schmiss den Handschuh in die Ecke und starrte fasziniert ins offene Feuer. Die gierigen Feuerzungen stürzten sich auf das trockene Holz und das Spiel begann von vorne.
    Die durchgebrannten Scheite gaben wieder unter dem Gewicht der Neuen nach und ein Dutzend von bläulichen Fünkchen sprang hoch. Eine längst vergessene Erinnerung wurde in ihm wach. Wie damals. In dem anderen, schönen Leben. Das große, blaue Feuer im Kamin, das sich so samtig weich anfühlte . Seine bloße Hand schob sich dem Feuer entgegen. Immer näher kamen seine Finger an die Flammen. Ein weiteres Feuerwerk von bunten Fünkchen stieß hoch. Seine Hand schnappte die Blauen. Ein scharfer, brennender Schmerz durchfuhr ihn. Er schnappte nach Luft und riss die Augen auf.
    Die Alte sprang zu ihm wie eine schwarze Katze, schubste ihn vom Ofen weg und knallte die Tür wieder zu. Mehrere Bruchstücke von alten Ziegelsteinen um den gusseisernen Rahmen bröckelten ab und fielen ihr vor die Füße. Sie riss ihn hoch, griff ihn fest bei den Schultern und schüttelte kräftig durch. Dann zog sie ihn so nah an ihre Augen, dass er jede noch so kleine Falte in ihrem vor Wut verzehrten Gesicht erkennen konnte. Der üble Geruch aus ihrem Mund verschlug ihm den Atem.
    „Guck mich an!“, schrie sie. Ihr zorniger Blick stach bis in den kleinsten Winkel seines Gehirns. „Das Feuer ist kein Spielzeug! Fass es nie an! Hast du gehört? Fass es nie wieder an, sonst frisst es dich auf!“
    Er nickte stumm. Die Hand, mit der er die blauen Funken gefangen hatte, brannte höllisch. Einige Blasen bannten sich unter der Haut an.
    Die Alte ließ ihn los, sah ihn an, als wenn seine Hand noch mitten im Feuer steckte. „Vergiss es! Ein für alle Mal! Dieses Feuer ist gefährlich! Das brennt dir die Hand ab, wenn du sie da rein steckst. Das verschlingt dich auch komplett mit Haut und Knochen! Und das Haus und das Grundstück dazu! Fass es nie wieder an! Hast du es kapiert?“
    Ian sah zu, wie die Blasen auf seiner Hand mit jeder Sekunde größer wurden, und flüsterte: „Das Feuer war so schön, so warm. Es war auf einmal etwas bläulich, wie das von früher.“
    Das Gesicht der Alten lief rot an. „Lösche es aus deinem Gehirn! Wie oft soll ich es dir noch sagen?“, brüllte sie. „Dieses Feuer ist anders! Diese ganze Welt ist anders! Begreife es endlich!“ Sie schubste ihn noch weiter vom Ofen weg in die Mitte der Küche und beugte sich zu ihm vor. „Und, mein Freundchen, du bleibst ab jetzt dem Herd fern, bis du endlich im Klaren darüber bist, dass man dieses Feuer immer in Grenzen halten muss. Den Korb mit dem Holz kannst du vorübergehend an der Tür abstellen. Und jetzt ab mit dir! Ab ins Bett!“
    Er nickte und trottete in sein Zimmer. Die Blasen auf seiner rechten Hand wurden mittlerweile groß wie Wachteleier. Das Blut pochte darin. Es fühlte sich an, als ob ein heißes, schweres Eisen immer wieder auf die Stelle zuschlug. Er legte sich auf sein schmales Bett, drehte sich zur Wand, die nach kaltem Rauch roch, schlug die dünne Decke über den Kopf und gab sich alle Mühe, die Tränen, die in seinen Augen brannten zurückzuhalten.
    Nach einer Weile stürmte die Alte in sein Zimmer herein. Sie hielt Verbandzeug und ein Glas

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