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Anne - 02 - Anne - 02 - Anne und Jess, der Weg ins Glück

Anne - 02 - Anne - 02 - Anne und Jess, der Weg ins Glück

Titel: Anne - 02 - Anne - 02 - Anne und Jess, der Weg ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Anne. Ich brauche Dich so. Ich brauche Dich, wenn ich arbeiten muß. Wenn ich müde bin und finde, es wird nicht so, wie ich will, dann sehne ich mich danach, Deine weichen Hände zu spüren, wie sie mir übers Haar streichen. Wenn Du bei mir bist, dann kann ich arbeiten. Glaubst Du, ich hätte den Schumann so gut geschafft, wenn Du nicht den ganzen Sommer bei mir gewesen wärst? Wenn Du bei meinen Übungen zuhörst, dann spiele ich für Dieb, und dann - dann kann ich!
    Aber ich sollte mich was schämen, daß ich klage. Kleine liebe Anne, es tut mir so herzinnig leid um Dich. Wenn ich gehegt und gepflegt und verhätschelt werde und mich an den gedeckten Tisch setze (und welch ein Tisch: Du kennst Muttchens Essen!) dann denke ich an Dich, wie Du die schwere Arbeit tun mußt. Wer Dir doch helfen könnte, kleine Anne, wer Dir nur die schweren Kannen schleppen könnte.“
    Anne hielt im Lesen inne. Sie las die letzten Zeilen noch einmal, mit gerunzelten Brauen. Was da stand, war ihr nicht recht. Irgend etwas lehnte sich dagegen auf. Sie hatte nicht um Mitleid gebeten!
    Sie bedurfte keines Mitleids!
    Sie wußte selber nicht, was in diesem Augenblick in ihr vorging. Sie wußte nicht, daß es der Sippenstolz war, das Pflichtgefühl der Sippe, ja das Gemeinschaftsgefühl der Sippe selber, was mit einem-mal in ihr lebendig wurde.
    Mußte man sie bemitleiden, weil sie die gleiche Arbeit tat wie ihre Mutter, wie die Großmutter und die Urgroßmutter und die Urahninnen vor ihr, still und zufrieden und selbstverständlich? War sie zu bemitleiden, weil sie ihr kleines Scherflein zum Gedeihen des Familienbesitzes beisteuerte? War sie zu bemitleiden, stark und jung wie sie war, daß sie in ihrem Vaterhause mitarbeitete, - ihr Vaterhaus -für dies Zuhause, dem sie alles verdankte?

Aufrecht und mit leichter Hand tat Anne ihre tägliche Arbeit
    Anne reckte sich hoch. In diesem Augenblick glitt etwas von ihr ab. Die Sehnsucht und Unzufriedenheit fielen von ihr ab wie eine Schale. Und der gute Kern kam ans Tageslicht.
    Sie fühlte sich so stark, und sie empfand eine tiefe, ehrfürchtige Liebe zu ihrer Arbeit.
    Aufrecht und mit leichter Hand und einem kleinen Lächeln um den Mund griff Anne nach dem Eimer und schritt zum Brunnen, um Wasser zu holen.
    Frisch und munter setzte sie das Futter übers Feuer, und während sie im Kessel rührte, trällerte sie leise vor sich hin.
    „Liebster Jess!
    Ich danke Dir für Deinen Brief. Ich freue mich so sehr, daß Du arbeitest und daß es so fabelhaft mit Dir vorangeht. Ich freue mich darüber, und ich freue mich über alles. Am meisten Freude habe ich vielleicht an meiner eigenen Arbeit. Ich brauche Dir nicht leid zu tun, Jess. Ich will nicht, daß Du Mitleid mit mir hast, denn dazu ist kein Grund. Ich bin für diese Arbeit geschaffen, sie liegt mir im Blut, und ich stehe auf gutem Fuß mit ihr. Nie zuvor habe ich die Arbeitsfreude so lebendig in mir gefühlt wie jetzt. Ich denke nicht zurück, Jess, und ich gönne mir keine Zeit für die Sehnsucht. Ich denke an die Zukunft, und da freue ich mich so über alle Maßen auf den Frühling. Und während ich mich so freue, tue ich meine Arbeit, und jede Arbeit macht gleich viel Spaß. Es ist herrlich, seine Kräfte zu gebrauchen, es ist herrlich zu wissen, daß ich meinem Vaterhaus von Nutzen sein kann. Das wirst Du verstehen können!“
    Anne schrieb weiter, die Feder lief schnell und ohne Aufenthalt über das Papier.
    Als der Brief fertig war, nahm sie das kleine Boot und gestattete sich eine Extrafahrt ins Dorf. Diesen Brief sollte Jess so schnell wie möglich haben.
    Mutter Kristina folgte ihrer Jüngsten mit den Augen. Nie hatte sie Anne so leuchtend, so willig, so voller Arbeitsfreude erlebt. Alles ging ihr schnell von der Hand, und sie tat es mit lachendem Mund und kleinen fröhlichen Worten. Anne war aus gutem Holze!
    Die Zeit aber flog unglaublich schnell dahin. Kaum hatten sie sich ein paarmal um sich selbst gedreht, da war Weihnachten vor der Tür. Magnus kam zum Fest nach Haus. Er und Anne richteten alles für den Heiligabend her, den Weihnachtsbaum und den schönen Weihnachtstisch. Liv machte das Essen. Mutter Kristina saß verwundert im Lehnsessel und sah den fleißigen Kindern zu, die sie an diesem Abend ganz außer Gefecht gesetzt hatten.
    Mutter sollte es heute gut haben. Mutter sollte merken, daß sie Kinder hatte, die das Schiff steuern konnten.
    Sie stellten das Radio an; schweigend lauschten sie auf die Glok-ken, die den Heiligabend

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