Anne Gracie
... er konnte das nicht sehen.“
Verdammt,
beinahe wäre ihr der Name herausgerutscht! Harry war fest entschlossen, ihn auf
jeden Fall in Erfahrung zu bringen.
Sie schwieg
wieder eine Weile. „Er war der Typ Mann, der gern den Dienstmädchen nachstellt.
Selbst, wenn sie das nicht wollen.“ Ihre Finger gruben sich in seinen Arm.
„Besonders, wenn sie nicht wollen. Unsere beiden waren gute Mädchen, und sie
waren verlobt mit Männern, die auf unserem Besitz arbeiteten. Ihn kümmerte das
nicht.“
„Was ist
passiert?“, fragte Harry nach.
„Ich habe ihn
dabei erwischt, wie er versuchte, einer von ihnen Gewalt anzutun. Ich habe ihn
mit einem nassen Wischlappen ins Gesicht
geschlagen. Er war wütend, aber das war ich auch. Ich beschimpfte
ihn vor dem Mädchen und den anderen Bediensteten und habe dabei nicht gerade
die schmeichelhaftesten Bezeichnungen für ihn
gewählt.“ Sie verzog das Gesicht. „In dem Moment hatte ich
ihn mir zum Feind gemacht. An jenem Abend war es schon zu spät für seine
Abreise, aber ich teilte ihm mit, dass er gleich am
Morgen das Haus zu verlassen hätte.“ Sie holte tief Luft und fuhr
mit bebender Stimme fort. „Ich traute ihm nicht über den Weg und postierte zwei
Lakaien an der Treppe zum Bedienstetentrakt.“
Sie erschauerte. „Ich wäre nie darauf gekommen, dass er es auf mich abgesehen
haben könnte – auf die Tochter eines Gentleman, in ihrem eigenen Haus.“
Harry
drückte sie fest an sich und sagte nichts.
„Doch so
kam es“, schloss sie bedrückt. „Und ich war selbst schuld daran.“
„Unsinn!“,
grollte er. „Es war ganz und gar nicht deine Schuld. Du hast diese Mädchen
beschützt, und das war richtig so. Dein Vater hätte ihn auf der Stelle aus dem
Haus werfen müssen.“
Nell
seufzte. „Papa hatte das Kartenspiel verloren und war vollkommen betrunken.
Außerdem hätte er einem Gentleman so etwas niemals zugetraut.“
Es ärgerte
ihn, dass sie ihren Vater ständig in Schutz nahm. Der Mann war völlig nutzlos
gewesen. Er hatte sie in jeder Hinsicht im Stich
gelassen, dennoch liebte sie ihn immer noch. „Er hätte es tun müssen, auch um
seine Bediensteten zu schützen. Als ihr Arbeitgeber war er für sie
verantwortlich.“
„J...ja,
aber ich war doch diejenige, die den Mann gedemütigt hatte ...“
„Indem du
ihn von seinem schändlichen Vorhaben abgehalten hast?“
„Indem ich
ihn vor den Bediensteten beleidigt habe.“
Harry
schnaubte. „Du hast mich lautstark vor ganz Bath beschimpft, und das hat mir
nicht das Geringste ausgemacht!“
Sie
runzelte die Stirn. „Ja, aber du bist auch ganz anders“, sagte sie
langsam.
„Richtig.
Ich bin kein dreckiger Vergewaltiger, der Frauen nachstellt. Ich bin ein
Mann.“
Sie sah ihn
eine Weile an und ihre Lippen bebten. „Ja, du bist ein Mann – ein wunderbarer
Mann.“ Sie schlang die Arme um ihn und umarmte ihn stürmisch.
Er zog sie
fest an sich. „Es war nicht deine Schuld, nicht einmal im Ansatz.“
„Nein, es
war nicht meine Schuld“, murmelte sie an seinem Hals. Er spürte, wie die
Anspannung langsam von ihr abfiel. „Es geht mir so viel besser, nachdem wir
jetzt darüber gesprochen haben“, gestand sie. „Nur eins muss ich dir noch
sagen, dann ist es vorbei, und ich werde nie wieder darüber reden müssen.“
Harry
erstarrte. Sein Name. Er wollte den Namen dieses Scheusals! Der Mann sollte
dafür büßen, was er Nell angetan hatte.
„Es war
sehr schnell vorüber“, sagte sie leise. „Ich hatte geschlafen, und bis
ich begriff, was passierte, war es zu spät und schon fast wieder vorbei.“
Sie erschauerte. „So, das war es. Jetzt weißt du alles.“
„Nicht
ganz.“
„Ich werde
dir seinen Namen nicht verraten“, erklärte sie in entschlossenem Ton. „Er
weiß nichts von Torie, und so soll es auch bleiben. Du weißt, ein
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