Anne Gracie
die
Rechtschreibfehler verbessert hatte, machte Ethan neue Fehler beim Abschreiben
in Schönschrift.
Und wenn er
seine Briefe noch einmal durchlas – er behielt die vom Vikar korrigierten
Bögen, um sich in Erinnerung zu rufen, was er ihr geschrieben hatte, und um die
richtige Schreibweise mancher Wörter nachzusehen –, schämte er sich, wie
unbeholfen sie sich anhörten.
Dennoch
musste er es immer wieder von Neuem versuchen. Ethan tauchte die Feder in die
Tinte und mühte sich weiter ab ...
Ich habe
ein Fierzimmerhaus an der Westgrenze vom Besitz gekauft. Es hat drei
Schlafzimmer und ist also größer als Sie sich villeicht vorstellen. Zu gros für
einen einzelnen Mann wie mich aber ich wüste schon jemanden der da mit mir
wonen könnte. Ich hofe sie sagt ja. Ich habe die Wände weis gestrichen und das
sieht schön aus.
Er
betrachtete den
Brief und seufzte. Mündlich konnte er das Haus so mühelos beschreiben, die
Worte waren ganz klar und deutlich in seinem Kopf. Doch wenn er dieselben Worte
schreiben, mit Feder und Tinte hantieren und auch noch auf die Rechtschreibung
achten sollte, dann klangen sie am Ende alle grob, hölzern und leblos.
In dem
Kasten für die Federn und die Tinte befand sich auch ein Bleistift, den Ethan
jetzt herausnahm. Die Leute sagten oft, ein Bild sei tausend Worte wert. Das
konnte er nicht beurteilen, aber er würde eine Ewigkeit brauchen, Wörter zu
finden, die er auch buchstabieren konnte, um das Haus zu beschreiben. Malen
konnte er es in kürzester Zeit.
Er hatte
schon von klein auf gut zeichnen können, mit einem Stöckchen auf der Erde oder
einem Stück Kohle auf Papier. Je mehr er gezeichnet hatte, desto besser war er
geworden. In der Armee hatte er präzise, gute Landkarten und Zeichnungen von
Festungen anfertigen
können, wodurch er schon bald befördert worden war. Niemand fand je heraus,
dass er nicht lesen konnte, denn Ethan verstand es sehr gut, sich davor zu
drücken.
Und niemand
hätte sich träumen lassen, dass ein Mann, der so geschickt mit dem Bleistift
umgehen konnte, ein absoluter Versager mit der Schreibfeder war.
Wenn
genügend Papier, Bleistifte und Kohle zur Verfügung standen, hatte er ein paar
Zeichnungen von seinen Kameraden und der Umgebung angefertigt. Das sprach sich
schnell herum, und schon bald erhielt er Aufträge für kleine Skizzen, die man
der Mutter oder der Liebsten zu Hause schicken konnte. Man bezahlte ihn sogar
dafür. Ein Bild war viel besser als ein Brief, wenn die Empfänger nicht lesen
konnten.
Ethan hatte
jeden noch so kleinen Betrag beiseitegelegt. Er war fest entschlossen gewesen,
es zu etwas zu bringen, wenn er den Krieg überlebte.
Und das war
nun aus ihm geworden – ein Geschäftspartner in einem soliden
Pferdezuchtbetrieb, zusammen mit einem vornehmen Gentleman wie Harry Morant,
der obendrein noch sein Freund war. Und nun hatte Ethan auch noch ein eigenes
Haus.
Nicht
schlecht für einen Mann, der in einer Hütte mit Lehmfußboden zur Welt gekommen
war und als Kind oft nicht satt wurde.
Nun musste
er sich nur noch die entsprechende Bildung aneignen, damit eine feine, belesene
Dame wie Tibby es eventuell in Betracht zog, ihn trotz seiner niederen Herkunft
zu heiraten.
Er warf
einen Blick auf das Skizzenbuch neben sich auf dem Fisch. Es war an der Stelle
aufgeschlagen, wo sich eine ganzseitige Zeichnung von Tibby befand, so wie er
sie in Erinnerung hatte. Er hatte sich nicht auf Anhieb in sie verliebt ...
Lächelnd
dachte er daran, wie wütend sie ihn angefunkelt hatte, weil er zu langsam auf
ihre stumme Botschaft reagiert hatte, dass sie als Geisel gehalten wurde. Wie
begriffsstutzig er und wie verärgert sie gewesen war!
Doch als er
sie von dort befreit hatte und mit ihr weggaloppiert war ... da war
Weitere Kostenlose Bücher