Anne Gracie
riskieren.
Danach
schrieb er an Mr und Mrs Barrow und teilte ihnen mit, dass er heiraten würde.
Die Barrows waren fast wie Eltern für ihn.
Mrs Barrow
würde weinen, das wusste er. Sie weinte immer auf Hochzeiten und auf Harrys
würde sie wahrscheinlich eimerweise Tränen vergießen. Auch würde sie sich
sicher ein neues Kleid und einen neuen Hut anfertigen lassen; schließlich fand
die Hochzeit in London statt und unter Tante Maudes Regie wurde sie mit
Sicherheit prunkvoll. Harry war das eigentlich gleichgültig, er hätte genauso
gern möglichst bald mit einer Sondergenehmigung geheiratet. Doch da er Nell
mit dieser Hochzeit förmlich überrumpelt hatte, sollte sie wenigstens die Feier
bekommen, die sie sich wünschte.
Er
versiegelte den Brief an die Barrows und schrieb noch rasch eine Nachricht für
Ethan, in der er sich entschuldigte, dass er ihn so lange mit der Arbeit allein
gelassen hatte, und ihm ankündigte. dass er heiraten würde. Darüber hinaus bat
er Ethan, ein paar persönliche Dinge für ihn zu erledigen.
Lächelnd
stellte er sich Ethans Gesicht vor, wenn dieser erfuhr dass es in Firmin Court
noch vor Ende des Monats eine neue Her rin geben würde – und wer diese Herrin
war. Harry streute Lösch. Sand auf den Briefbogen und fragte sich, wie es wohl
inzwischer mit Ethans eigenem Werben vorangegangen war.
Ethan nahm Tibbys letzten Brief nun schon
zum dritten Mal zur Hand. So eine feine, elegante Handschrift – er würde es
niemals lernen, so schön zu schreiben, selbst wenn er bis an sein Lebensende
übte. Er las langsam und seine Lippen bewegten sich dabei.
Ich
glaube, ich habe Ihnen schon geschrieben, dass mein geliebtes Kätzchen bei
meiner Ankunft hier einiges Aufsehen erregte, denn rot getigerte Katzen kennt
man in Zindaria nicht. Es ist mir etwas peinlich zu berichten, dass es in
letzter Zeit viel mehr von ihnen gibt, da der Kater Freundschaft mit einigen
Küchenkatzen im Palast geschlossen hat. Außerdem schmeichelt er sich schamlos
bei der Köchin ein, die ihn mit Leckerbissen versorgt. Es ist sehr schön, in
einem Palast zu leben, wenngleich ich gestehen muss, dass ich manchmal mein
eigenes kleines Häuschen vermisse.
Callie
war so freundlich, mich als ihre Privatsekretärin einzustellen. Die Arbeit ist
nicht sehr anspruchsvoll und schon gar nicht das beträchtliche Gehalt wert, das
man mir dafür zahlt, aber sie ist interessant. Durch meine Korrespondenz in
ihrem Namen kenne ich mittlerweile die Hälfte aller Königsfamilien in Europa,
und ich kenne mich inzwischen viel besser mit den Feinheiten der höfischen
Etikette aus.
Ethan schluckte. Höfische Etikette – er
hatte nicht einmal gewusst, was das war, bis er den Vikar gefragt hatte. Er war
ein Träumer, wenn er hoffte, dass eine Frau, die mit der Hälfte von Europas
Königen Briefe wechselte, auch nur ein Auge auf einen unansehnlichen Iren
werfen würde.
Ich
unterrichte immer noch die beiden Jungen – Jim hat Nicky beinahe eingeholt. Es
ist so befriedigend, einen fleißigen Schüler mit einer so schnellen
Auffassungsgabe zu haben. Sie würden staunen, was für ein kleiner Gentleman er
geworden ist, obwohl er sich nach wie vor seine offene, verschmitzte Art
bewahrt hat, die mir so viel Freude bereitet.
Jawohl, dachte Ethan finster, nicht wie
der große, sture Tölpel, der mit seinen Lektionen zur gleichen Zeit angefangen
hatte wie Jim.
Tibbys
Schrift ist genau wie sie selbst, dachte er: klein, elegant, energisch und
resolut. Ohne überflüssige Schnörkel und Kringel, jeder Buchstabe präzise und
klar und nirgends auch nur ein einziger Tintenklecks oder ein
durchgestrichenes Wort.
Gott, was
musste sie nur von seinen eigenen Briefen halten? Selbst nachdem der Vikar
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