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Anne Gracie

Anne Gracie

Titel: Anne Gracie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zarte Küsse der Sehnsucht
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ge­wor­den wa­ren, hat­te sie auf­ge­hört zu stri­cken.
    „Jetzt muss
ich nur noch den An­fang fin­den – ach, da ist er ja.“ Zü­gig be­gann La­dy
Gos­forth den Woll­fa­den um ih­re Fin­ger zu wi­ckeln, so­dass ein klei­nes Knäu­el
ent­stand. Nell senk­te ab­wech­selnd die ei­ne Hand, dann die an­de­re, da­mit sich
die Wol­le vom Strang lös­te.
    Ei­ne gan­ze
Zeit lang schwie­gen bei­de Frau­en. Sie lie­ßen Marl­bo­rough hin­ter sich und wa­ren
schon bald wie­der auf der Land­stra­ße
un­ter­wegs. Nell fand es ei­gent­lich ganz an­ge­nehm, Wol­le zu wi­ckeln und
gleich­zei­tig die Land­schaft vor­bei­zie­hen zu se­hen. „Wo sind Sie mei­nem Nef­fen
denn zum ers­ten Mal be­geg­net?“, woll­te La­dy Gos­forth wis­sen.
    Al­so doch
ein Ver­hör. „Ge­nau ge­nom­men in ei­nem Wald. Es reg­ne­te in Strö­men, und er war
sehr freund­lich zu mir“, er­wi­der­te Nell. Sie woll­te nicht er­klä­ren, was im
Wald ge­sche­hen war. An je­nem Tag hat­te sich et­was ganz Per­sön­li­ches, bei­na­he
Ma­gi­sches zwi­schen ih­nen ab­ge­spielt, und dar­über woll­te sie nicht spre­chen,
selbst wenn sie es in Wor­te hät­te fas­sen kön­nen. Ir­gend­wie hat­te sie das
Ge­fühl, als wür­de sie den Mo­ment zer­stö­ren, wenn sie dar­über sprach. Im Grun­de
war es ja auch nichts wei­ter ge­we­sen, ein klei­ner, un­be­deu­ten­der Vor­fall
zwi­schen zwei Frem­den ir­gend­wo auf ei­ner Land­stra­ße ... „Rich­tig ken­nen­ge­lernt
ha­ben wir uns erst, als er zu mir nach Hau­se kam – we­nigs­tens war es ein­mal
mein Zu­hau­se. Fir­min Court.“
    „Als Har­ry
es ge­kauft hat?“
    „Ja.“
    „Und erst
da ha­ben Sie sich ken­nen­ge­lernt?“ La­dy Gos­forth sah ver­wirrt aus.
    „Rich­tig
ken­nen­ge­lernt, ja. In dem Sinn, dass wir uns un­ter­hal­ten ha­ben, mei­ne
ich.“ Die we­ni­gen Wor­te, die er im Wald mit ihr ge­wech­selt hat­te, konn­te
man wohl kaum als Un­ter­hal­tung be­zeich­nen ...
    „Und wann
sind Sie sich das nächs­te Mal be­geg­net?“
    „In der
Trink­hal­le in Bath. Sie wa­ren ja eben­falls dort“, er­in­ner­te Nell
sie.
    La­dy
Gos­forth ließ bei­na­he ihr Woll­knäu­el fal­len. „Sie mei­nen, in der Trink­hal­le
ha­ben Sie sich zum zwei­ten Mal mit mei­nem Nef­fen un­ter­hal­ten? Und es war das
drit­te Mal, dass Sie sich be­geg­net sind?“
    Nell
nick­te.
    „Gü­ti­ger
Gott!“ Sie wi­ckel­te ei­ne gan­ze Wei­le stirn­run­zelnd wei­ter. „Das hät­te ich
nie ge­dacht. Drei Mal. Er sag­te mir, er hät­te Ih­nen zu­vor zwei Mal einen Hei­rats­an­trag
ge­macht und Sie hät­ten ihn bei­de Ma­le ab­ge­wie­sen.“
    „Das ist
rich­tig.“
    „Heißt das,
er hat Ih­nen gleich bei Ih­rer ers­ten rich­ti­gen Be­geg­nung einen An­trag
ge­macht?“
    Nell nick­te
er­neut. „Er woll­te aber nur freund­lich zu mir sein. Ich hat­te ge­ra­de mein
Zu­hau­se ver­lo­ren und al­les, was ich be­saß.“
    La­dy
Gos­forth zog die Au­gen­brau­en zu­sam­men. „Ein Mann, der mit neun­und­zwan­zig im­mer
noch un­ver­hei­ra­tet ist, macht kei­nen Hei­rats­an­trag, um freund­lich zu sein,
jun­ge Da­me. Sonst wä­re er näm­lich schon längst ver­hei­ra­tet. Und Har­ry,
so wie ich ihn ken­ne, bit­tet nie­mals um ir­gen­det­was. Nie­mals. Erst recht nicht,
wenn er schon zwei­mal ab­ge­wie­sen wor­den ist.“
    „Beim
letz­ten Mal hat er mich nicht di­rekt dar­um ge­be­ten“, gab Nell
tro­cken zu­rück.
    „Ja, und
das ist so­gar noch er­staun­li­cher.“ Sie be­trach­te­te Nell nach­denk­lich. „Ich
glau­be, da steckt mehr da­hin­ter, als ihr bei­de euch an­mer­ken lasst.“
    Nell
wapp­ne­te sich in­ner­lich.
    „Doch das
spielt kei­ne Rol­le, ich wür­de sa­gen, das geht mich nichts an“, fuhr La­dy
Gos­forth im Plau­der­ton fort. „Ich woll­te mit Ih­nen über Har­ry und auch über
Ga­bri­el spre­chen. Sie wis­sen, wer das ist?“
    „Sein
Bru­der.“
    „Sein
Halb­bru­der, ja.“ Sie sah Nell ernst an. „Sie ken­nen die Um­stän­de von
Har­rys Ge­burt?“
    Nell
nick­te. „Ja, er hat es mir gleich zu Be­ginn er­zählt.“
    „Gut.
Wis­sen Sie, dass es ei­ne Spal­tung in sei­ner Fa­mi­lie gibt?“
    „Nein, ich weiß
nur sehr we­nig über sei­ne Fa­mi­lie; er hat nur

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