Anne Gracie
Stricken und solche Dinge“, wich sie aus. „Stricken?“ Er wirkte
entsetzt.
„Wir haben
Wolle gewickelt.“
„Du liebe
Güte. Ich habe dich ja gewarnt.“ Er zog die Brauen zusammen. „Hat sie dir
irgendetwas über mich erzählt?“
„Nicht
viel“, schwindelte sie. „Sie hat mir nur erzählt, wie sie dich und Gabriel
damals kennengelernt hat, das war alles. Und wie sie im Lauf der Zeit
angefangen hat, dich wie einen eigenen Sohn zu lieben.“
Er sah sie
erstaunt an. „Das hat sie gesagt? Über mich? Wie einen Sohn?“
„Ja.“
Nell beobachtete ihn, er machte einen betroffenen Eindruck.
„Bist du
dir sicher, dass sie nicht meinen Bruder Gabriel meinte?“
„Natürlich bin
ich mir sicher. Warum sollte sie sich mit mir über deinen Bruder
unterhalten?“
Er
schüttelte den Kopf, immer noch sichtlich staunend. „Was hat sie
sonst noch gesagt?“
„Sie
erwähnte, dass ihr, dein Bruder Gabriel und du, euch sehr nahesteht.
Vermisst du ihn sehr?“
„In
gewisser Hinsicht schon. Wir haben stets alles gemeinsam unternommen. Doch wenn
man erwachsen wird, ist es unvermeidlich, dass man irgendwann getrennte Wege
geht. Er ist mit seiner Prinzessin in Zindaria, und ich muss jetzt an meine
Pferdezucht denken.“
Er sah sie an. „Und an dich.“
Einen
Moment lang glaubte Nell, er würde sie küssen. Ihre Wangen begannen zu glühen.
Seine Küsse konnten einen tatsächlich
langsam süchtig machen.
Sie blickte
aus dem Fenster. „Sieh nur“, rief sie aus und zeigte nach draußen. „Die
beiden Gentlemen dort veranstalten ein Wettrennen zu Pferd über die
Heide!“ Abseits der Straße galoppierten zwei junge
Männer Kopf an Kopf nebeneinanderher.
Wie erhofft
wurde Harry abgelenkt und sah ebenfalls zum Fenster hinaus. Das Ziel schien
eine niedrige Hecke zu sein. Drei weitere junge Männer warteten dort und
feuerten die beiden Reiter an.
„Der Braune
wird gewinnen“, sagte Nell. „Der Fuchs hat zwar den
besseren Reiter, aber der Braune ist das bessere Pferd.“ Harry beobachtete
die beiden Tiere. Sie hatte recht. Der Braune lag zwar ein gutes Stück hinter
dem Fuchs zurück, aber seine Gangart war ausgreifend, sicher und kraftvoll. Er
betrachtete Nells angespanntes Gesicht. „Ich wette mit dir, dass der Fuchs gewinnt.“
„Ich wette niemals“, erwiderte sie sofort und ihre Stimme klang plötzlich
kalt.
Natürlich
nicht, bei dem Vater. „Es soll keine richtige Wette sein – nur
um einen Kuss.“
Sie fuhr zu
ihm herum. „Um was?“
„Wenn der
Fuchs gewinnt, musst du mir einen Kuss geben.“
„Sei nicht
albern.“
„Was ist
schon dabei? Es geht nur um einen Kuss. Traust du deinem
Urteilsvermögen nicht?“
Eine kleine
Falte bildete sich zwischen ihren Augenbrauen, als Nell
versuchte, seine sanfte Stichelei zu ignorieren.
„Ja“,
murmelte Harry nachdenklich, „der Fuchs wird gewinnen, und du hast nur Angst,
ich könnte recht behalten.“
„Unsinn.
Also gut, ich nehme die Wette an“, verkündete Nell. „Du wirst schon sehen,
wer hier recht behält.“
Sie
verfolgten, wie die beiden jungen Männer sich dem Ziel näherten. Der Braune zog
mit ausgreifenden Schritten an dem Fuchs vorbei.
„Siehst du?
Siehst du das?“ Sie hüpfte auf ihrem Sitz auf und ab. „Er gewinnt! Mein
Pferd gewinnt! Los, Brauner!“
Ich gewinne
auch, dachte Harry. Mit einem Kuss als Wetteinsatz konnte er gar nicht
verlieren.
„Ich habe
gewonnen!“, jubelte sie. „Mein Pferd hat gewonnen!“
„Tatsächlich“,
sagte er mit gespielter Enttäuschung. „Dann muss ich jetzt wohl meinen
Wetteinsatz zahlen.“ Er beugte sich nach vorn.
Sie sah ihn
nervös an. „Was machst du da?“
„Ich zahle
meinen Wetteinsatz.“ Ehe sie noch ein Wort hervorbringen konnte, küsste
er sie leidenschaftlich und besitzergreifend.
Sobald sie
seine Lippen auf ihren
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