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Anonym - Briefe der Lust

Anonym - Briefe der Lust

Titel: Anonym - Briefe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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dachte … Ich war dumm. Es tut mir leid.“
    Ich hätte sagen können, dass es okay war, doch das war es nicht, wenn auch nicht aus den Gründen, die er annahm. „Ich gehe jetzt besser.“
    Er nickte und ging sofort durchs Wohnzimmer zur Wohnungstür, die er aber nicht öffnete. Als ich bei ihm ankam, konnte ich wieder atmen, obwohl meine Muskeln sich immer noch schlapp anfühlten. Eric trat zur Seite und gab mir viel Raum.
    „Vielen Dank für das Eis“, sagte ich förmlich. Steif.
    „Gern geschehen.“
    Er hielt mir die Tür auf, aber ich schaute ihn nicht an, als ich hinausging.
    Am nächsten Morgen hinterließ ich keine Nachricht und keine Anweisungen. Aufgrund des Tagesplans, den er mir geschickt hatte, wusste ich, dass Eric schon bei der Arbeit war, als ich morgens aufstand, aber das war nur eine Entschuldigung. Ich war wach und hätte rasch nach unten gehen können, um dafür zu sorgen, dass er etwas hatte, das den ganzen Tag ein Lächeln auf sein Gesicht zauberte.
    Ich hatte nicht viel geschlafen, sondern mich bloß im Bett herumgeworfen, und als das Telefon läutete, nahm ich beim ersten Klingeln ab. „Hm?“
    „Paige?“
    „Arthur.“ Ich seufzte. „Was habe ich dir über Anrufe so früh am Morgen gesagt?“
    „Aber ich habe Hunger“, flüsterte er. „Und Mama wacht einfach nicht auf.“
    Ich gähnte. „Du weißt, was du essen kannst. Du musst sie nicht aufwecken.“
    „Wann kommst du mal wieder?“
    Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. „Ich weiß nicht, Kumpel. Wie läuft’s in der Schule?“
    „Meine Lehrerin sagt, ich soll im Unterricht nicht so viel reden.“
    „Deine Lehrerin hat wahrscheinlich recht.“
    Durch die Leitung kam ein mühsames Quäken, dann eine undeutliche Stimme. „Wer ist da dran?“
    „Ich bin’s, Mom.“
    „Oh. Paige. Hi, Süße.“ Ihre Erleichterung war ein wenig übertrieben, wenn man bedachte, das Arty einfach nur eine Telefonnummer gewählt hatte. „Was ist passiert?“
    „Nichts ist passiert. Arty hat mich angerufen.“
    „Und was ist mit ihm passiert?“
    „Nichts, soweit ich weiß. Er ruft mich oft am Sonntagmorgen an.“
    „Wirklich?“ Sie seufzte. „Das tut mir leid. Ich werde ihn daran erinnern, dass er das Telefon nicht ohne Erlaubnis benutzen darf. Er hat … nun ja, er hat Leo angerufen.“
    Ich gähnte wieder und blinzelte. „Und was ist dabei?“
    „Leo wohnt hier nicht mehr“, erklärte meine Mutter ohne Umschweife.
    „Aber er war für Arty wie ein Vater.“ Ich stützte mich auf einen Ellbogen, um auf die Uhr zu sehen. Es war noch entsetzlich früh. Die Stille am anderen Ende der Leitung teilte mir mit, dass ich das Falsche gesagt hatte. „Es tut mir leid, Mom, aber das ist die Wahrheit.“
    „Arthur ist nicht Leos Sohn“, erklärte sie nach einer weiteren halben Minute. „Ich habe nicht gesagt, dass Leo ihn nicht sehen darf, aber Arty kann ihn nicht anrufen, wann immer er will. Er ist nicht mehr mein Freund. Und er ist nicht Artys Dad.“
    Meine Mom hatte schon eine Menge Freunde gehabt. Sie hatte sich nie die Mühe gemacht, mir zu erklären, warum sie sich von ihnen allen getrennt hatte, obwohl ich zwangsläufig die Streitereien mitbekam, wenn sie auf einen von ihnen richtig sauer war. Als ich älter wurde, sprach sie offener mit mir über diese Dinge, obwohl ich sie nicht darum gebeten hatte. Nun wartete ich auf Enthüllungen über Leo, auf irgendeinen Grund, weshalb sie ihn nicht mehr mochte, aber sie nannte mir keinen.
    „Finger weg von der Süßigkeiten-Schublade, Arty! Iss Frühstücksflocken!“ Sie klang müde und reizbar.
    Ich wusste, wie sich das anfühlte. „Ich schlafe dann weiter, okay?“
    „Wann kommst du uns besuchen?“
    Ich sagte ihr dasselbe, was ich Arty gesagt hatte, und fügte hinzu: „Ich habe eine Menge um die Ohren.“
    „Wir würden dich gern sehen. Arty und ich. Du könntest übers Wochenende kommen, Paige. Wir könnten Karamellsoße machen.“
    „Mom …“
    „Sag nicht Nein. Denk darüber nach, ja? Wir vermissen dich. Ich vermisse dich.“
    Es gab nichts, was ich hätte sagen können, ohne ihre Gefühle zu verletzen, also seufzte ich nur. „Okay. Ich sehe in meinen Terminkalender.“
    „Ich muss Schluss machen. Arty hat gerade die Milch verschüttet.“
    „Du kennst den Spruch“, versuchte ich zu scherzen. „Wein nicht über verschüttete Milch.“
    „Ich weine nicht“, erklärte meine Mutter mit einer so eisigen Stimme, wie ich sie nie zuvor von ihr gehört hatte.
    Dann legte sie

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