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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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hatte.  
    Töchter. Was tat sie wohl gerade? Ich wußte, daß sie in letzter Zeit viel mit irgendwelchen hochgestochenen Musikern herumhing. Ob sie sich mit einem Frank der Musik eingelassen hatte? Wie konnte man einer Frau von Anfang zwanzig erklären, was mit einem Frank nicht stimmte? Nach den Normen der Gesellschaft scheinbar akzeptabel. Aber kein Mensch, dem man etwas Kostbares anvertrauen sollte.
    Wie so vielen Männern ging es ihm letztlich nur um die Frage: »Was habe ich davon?«
    Sinnloses, sinnloses, sinnloses Grübeln.
    Ich schlug mir vor den Kopf. Tat, was ein gerechter Gott tun würde, wenn er oder sie existierte. Sparte ihm oder ihr die Mühe.
    Welchen Wert kann man der Meinung eines Menschen beimessen, der nur nickt und lächelt, wenn jemand wie Quentin Crispian Quayle ihn als ›verwandte Seele‹ bezeichnet?
    Ich nahm eine Kaffeetasse und warf sie an die Tür. Weil das zu den Dingen gehört, die ich niemals tue.
    Die Tasse ging natürlich in Scherben. Ich sah mir die Stücke auf dem Fußboden an. Ich begann sie zu zählen. Ich spielte ein Spiel. Wie viele konnte ich sehen, ohne von meinem Stuhl aufzustehen? Aber was bedeutete das genau, auf meinem Stuhl zu bleiben, meinem ›Detektivstuhl‹?
    Zuerst saß ich, die Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt, ganz still da. Dann reckte ich mich, soweit es ging, nach rechts und links. Dann zog ich meine Füße hoch und stellte mich auf den Sitz.
    Dann setzte ich mich wieder hin und kippte den Stuhl vorsichtig um, während ich mein Bestes tat, nicht den körperlichen Kontakt zu ihm zu verlieren.
    Als ich schließlich der Länge nach auf dem Boden lag, fing ich an zu lachen und lachte und lachte und erholte mich etwas.
    Und dann hörte ich, als Strafe für meine Rückkehr unter die nicht zauberstabbewehrten Menschen, Schritte auf der Außentreppe.
    Es klingelte an der Tür.
     
     

14
    Draußen stand Norman, das Untermieteretwas.
    »Ich habe meinen Schlüssel verloren«, sagte er. »Kann ich reinkommen?«
    Norman war noch nie an meiner Tür oder in meinem Büro gewesen. Ich sagte: »Wie haben Sie Ihren Schlüssel verloren?«
    Er antwortete mir nicht. Er schlüpfte an mir vorbei und trat auf Kaffeetassenstücke. Er sagte: »Ich wollte schon länger mal ein Wort mit Ihnen reden. Wegen Ihrer Mutter.«
    Der? Wollte mit mir über Mom reden?
    Er sagte: »Ich glaube, Sie übervorteilen sie, wenn Sie diese Wohnung so nutzen, wie Sie es tun.«
    »Ich übervorteile sie? Im Vergleich mit Ihnen bin ich…«
    Aber er war schon verschwunden und hatte die Tür hinter sich zugezogen.
    Und dann klingelte es schon wieder.
    Ich konnte es nicht fassen.
    »Mein Gott«, sagte ich und sprach Ihn damit direkt an. »Ich habe dir vor ein paar Minuten ein wenig Zeit und Mühe erspart. Ist das deine Dankbarkeit? Was ist aus dem Sonntag, dem Tag der Ruhe, geworden, hm? Wirst du langsam senil oder was?«
    Vor meiner Tür stand Kate King.
    Ihre billige Perücke bedeckte immer noch den größten Teil ihres Gesichts.
    »Jaa?« sagte ich.
    »Hm, nun…« Sie betrachtete einen Teil des Treppenaufgangs, den ich nicht einsehen konnte. Dann sagte sie: »Sie haben die Anweisungen nicht befolgt.«
    »Doch, habe ich. Ich habe das Päckchen nicht aufgemacht. Meine Mutter hat es für mich geöffnet. Sie sollten in Zukunft etwas genauer mit Ihrer Sprache umgehen, wenn Sie so verdammt pingelig sind.«
    Sie stand stirnrunzelnd und unsicher da.
    Ich wußte, daß sie irgend jemandes Tochter war, aber es war mir egal. »Tut mir leid«, sagte ich. »Keine Rückerstattungen.«
    »Äh, geben Sie mir vielleicht eine Minute Zeit?«
    »Ich kann Ihnen die Zeit eines ganzen, gottverdammten Lebens geben, junge Dame.« Ich schlug ihr die Tür vor der Nase zu.
    Ich ging zurück zu meinem Stuhl. Ich setzte mich.
    Und ich hörte Leute reden, Frauenstimmen. Es klang nach geflüsterter Uneinigkeit. Die Worte verstand ich nicht.
    Das Adrenalin begann, in meinem zügellosen Geist Klarheit zu schaffen.
    Ich stand auf. Ich machte einen Schritt auf die Tür zu.
    Aber ich blieb stehen und kehrte an meinen Schreibtisch zurück. Ich setzte mich und öffnete die Schublade, in der ich meinen Kassettenrekorder aufbewahre. Ich legte eine Leerkassette ein und stöpselte das versteckte Mikrofon ein, das die Packen-wir's-an-Detektive manchmal nützlich finden, wenn es für ein Gespräch keine unabhängigen Zeugen gibt.
    Nichts garantierte mir, daß die Frauen vor meiner Tür über mehr diskutierten als über die Frage, in welchem

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