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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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sie. »Mir ist es eigentlich nicht peinlich, aber manche Leute stört es. Sie glauben, sie könnten sich anstecken. Wenn ich ausgehe und keine Lust habe, etwas zu erklären, trage ich also Handschuhe.« Sie ließ die Hände wie der sinken. »He, werden Sie denn nie was sagen? Müssen Sie mir nicht wenigstens meine Rechte vorlesen?«
    »Ich bin kein Bulle«, sagte ich.
    »Ach nein? Wirklich nicht?«
    »Nein.«
    »Oh, danke, lieber Gott!« Sie ließ sich auf die Knie sinken und stützte sich wie zum Gebet auf den Tisch. »Ich glaube, daß ich im Gefängnis ganz gut zurechtgekommen wäre, aber mein Gott, ich bin wirklich dankbar, daß ich es nicht beweisen muß.«
    »Ich an Ihrer Stelle würde nicht sofort anfangen zu feiern«, sagte ich.
    Sie hörte auf zu feiern.
    Sie musterte mich. Dann sagte sie: »Also, ich frage mich, ob ich nicht vielleicht voreilige Schlüsse gezogen habe. Also schön, Sie haben ein Bild von mir in einem Kleid. Na und?«
    Ich wartete darauf, daß sie sich wieder von den Knien erhob, aber sie tat es nicht.
    Ich sah ihre Finger an, die einander berührten. Plötzlich stellte ich mir vor, wie sie mich berührten, über meine Haut strichen. Sie waren wunderschön.
    Ich zwang mich, daran zu denken, warum ich hier war.
    Ich sagte: »Sie haben eine Bombe der Scum Front aus dem Kasten des Feuerwehrschlauchs im sechsten Stock der Handelsbank gestohlen.«
    »Oh, wow!« sagte sie.
    Ich nickte.
    Ihre Augen wurden größer, als wolle sie mich vollständig in sich aufnehmen.
    Ich sagte nichts. Bewegte mich nicht.
    »Oh, wow«, wiederholte sie.
    Dann lachte sie.
    Ich wußte nicht, warum.
    Sie sagte: »Ich bin ihr einfach nur aus Spaß gefolgt. Hätte nie gedacht, daß sie wirklich die Scum Front war. Ich meine, man nimmt doch allgemein an, daß so was nur verrückte, ausländische Männer tun, stimmt's? Aber Cecil hat Louanne von Mrs. Morgason und diesen anderen Frauen erzählt. Sie hätten Claude Williams kofferweise Zeug abgekauft. Hm, Claude verkauft Waffen, und nach einer Weile begann es bei mir zu ticken: ›Was wäre, wenn…‹ Also bin ich ihr ein paarmal gefolgt, nur um herauszufinden, ob es möglich wäre.«  
    »Und«, sagte ich, »das war es auch.«
    »Als ich die Bombe tatsächlich fand, konnte ich es nicht glauben!«
    Sie klatschte in die Hände. »Und dann dachte ich, Mann, ich könnte diese Bombe nehmen und sie hinlegen, wo immer ich wollte. Irgendwohin, wo sie etwas ausrichten könnte. Also tat ich es! Ich nahm sie! Es war das Aufregendste, was ich je erlebt habe.«
    Sie hielt inne.
    Ich wartete.
    Sie sagte: »Sie haben unheimlich hübsche Augen, wissen Sie das? Ganz leuchtend.«
    »Was?«
    »Ich hatte vorher selbst nie irgendwelche Macht. Und dann hatte ich ganz plötzlich eine Bombe. Eine Wahnsinnssache.«
    »Wie haben Sie dann beschlossen, wo Sie sie benutzen wollten?« fragte ich.
    »Indem ich sie mit mir herumtrug«, sagte sie unbefangen. »Um festzustellen, wo sie sich gut anfühlte.«
    »Sie sind mit einer Bombe durch die Stadt gelaufen?«
    »Es hat Spaß gemacht zu denken, wie verrückt sich die Leute gebärden würden, wenn sie davon wüßten.« Sie legte den Kopf auf den Tisch. »Das ist die Art und Weise, wie ich arbeite«, sagte sie träge. »Ich muß die Dinge ausprobieren, bevor ich weiß, wie sie sich anfühlen. Nur fühlte sich eben kein Ort, an den ich die Bombe mitnahm, richtig an.«
    »Aber Sie hatten immer die Absicht, sie zu zünden?« 
    Sie setzte sich auf. »O ja. Ich weiß, Sie sehen das bestimmt anders, aber ich kann mich nicht über schmutziges Wasser aufregen, solange es obdachlose Menschen gibt, die auf Abluftgittern schlafen, um sich warm zu halten. Und es tut mir leid, ich sehe einfach keinen Sinn darin, eine Bombe in einer Bank liegenzulassen und keinen Knall zu fabrizieren.«
    Diese Worte aus ihrem Mund erstickten eine Regung, die ich an dieser Stelle verspürte, im Keim.
    »Dann dachte ich endlich an den perfekten Ort.«
    »Ach?«
    »Was ist Indianapolis? Was ist das Symbol der Stadt? Das Fünfhundert-Meilen-Rennen, stimmt's? Also dachte ich, wozu die Eile? Ich warte besser bis zum Abend vor dem Rennen und sprenge einen Teil der Strecke in die Luft. Und das fühlte sich dann endlich richtig an.«
    »Also«, sagte ich, »warum haben Sie Ihre Meinung geändert?«
    Sie wirkte überrascht. »Hab ich doch gar nicht.«
    »Na kommen Sie schon, Lady. Gestern abend wurde ein Gebäude auf der Ohio Street in die Luft gesprengt, und es wurde jemand dabei

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