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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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und Durst und keinen Proviant und dumpfes Kopfweh, Sand in den Augen, im Mund, am ganzen Körper…
    Und dann baute ich den Kompressor zusammen. Das SAMO lief. Nach sechs Kilometern stand es. Diesmal endgültig. Das wußte ich, und das hört man auch. Und der Samum wehte…«
    René lehnte sich zurück, dann lächelte er und sagte: »Eine aufregende Geschichte? Keineswegs. So etwas kann hier einem Naivling, wie ich es damals war, jeden Tag passieren. Was jetzt kommt, hast du hundertmal im Film gesehen, gelesen, kannst du dir vorstellen.
    Mir war klar, solange der Samum wehte, suchten sie mich nicht, weil es ziemlich sinnlos war. In der heißen bewegten Luft bringen auch die Infrasucher nichts. Aber warum sollten sie mich suchen? Sie wähnten mich auf dem Weg zum Camp, an der Leittrosse hängend; und die im Camp meinten, ich sei schon in Timbuktu.
    Ich beschloß, mich nach Achourat durchzuschlagen, das nach meiner Karte ziemlich nahe lag und das zu erreichen ich mir zutraute.
    Durch den Sandschleier sah ich einen feurigen Lichtfleck, das war die Sonne, und ich dachte, naiv wie ich war, das reicht zur Orientierung. Es hat nicht gereicht.
    Ich verschone dich mit der Schilderung meiner Verfassung, als ich das feststellte.
    Ich übernachtete hinter einem Felsbrocken und begann am morgen eine sinnlose Wanderung, das einzige, woran ich mich noch besinnen kann…«
    Oh, ich kann mir das schon vorstellen, dachte Thomas, was ist das schon für ein Unterschied, ob man ausgedörrt erstickt oder entkräftet erfriert. Er dachte an TITANGORA, an Deland, wie er ihn aus der Weißen Finsternis geholt hatte.
    »… In einer Hütte, in Achourat, kam ich wieder zu mir. Später erfuhr ich, daß ich zwei Tage ohne Besinnung gelegen hatte. Ich hatte Schwierigkeiten in der Verständigung. Sie sprechen dort so eine alte Berbersprache. Nur wenige konnten ein paar Brocken Französisch. Aber…«, René sah wie im Traum dem SAMO voraus, er sprach leise, Thomas beugte sich zu ihm, um ihn hören zu können, »… Aïfe sprach gut…«
    René räusperte sich. Thomas begann zu verstehen…
    René setzte sich bequemer und fuhr mit verändertem Tonfall fort: »Ich lernte eben einige dieser Menschen kennen, und deshalb glaube ich zu wissen, was sie empfinden, wenn wir mit unserem Kanal das zerstören, was ihnen alles bedeutet…«
    »Und Aïfe«, Thomas sah René nicht an, »wie kommt es, daß sie französisch spricht?«
    »Einige Kinder der Tuareg wurden vom König ausgewählt und vier Jahre in die Missionsschule nach Tessalit geschickt, nur zum Erlernen der Sprache. – Dumm ist der nicht! – Aïfe war dabei. Deshalb ist sie mit ihren siebzehn Jahren auch noch ledig…«
    »Und du bist nach wie vor der Meinung«, fragte Thomas, »sie lassen sich nicht überzeugen, daß es nachher, wenn der Kanal fertig ist, besser für sie wird, schon in kurzer Zeit?«
    René zuckte die Schultern. »Du hast sie selbst erlebt«, sagte er. »Als ich das letztemal – vor drei Wochen – dort war, hat mich der, der mir damals Gastfreundschaft gewährte, Halef Ben Goslah, davongejagt. Und ich bin überzeugt, daß er mich niedergeschossen hätte, wenn ich nicht gegangen wäre. Aïfe habe ich gar nicht zu Gesicht bekommen.«
    Thomas zögerte. Dann überwand er sich und fragte: »Ihr – liebt euch?« Er sah René dabei nicht an.
    René antwortete lange nicht. Dann sagte er schlicht: »Ja, aber was soll das jetzt noch für einen Sinn haben…«
    »Aber René«, sagte Thomas, und er ärgerte sich, daß es etwas väterlich klang. »Wenn ihr euch einig seid…«
    »Ach laß«, René winkte ab. »Du kennst die Leute, diese stolzen Tuareg nicht. Sie halten mich und dich für ihre Feinde. Eher bringen sie Aïfe um, bevor sie sie gehen lassen.«
    »Na, na«, sagte Thomas, »du übertreibst. Das klingt ja wie Mittelalter!« »Es ist Mittelalter!«
    Sie kamen in die Nähe der Baustelle. Die Spuren im Sand nahmen zu, vor ihnen, am Horizont, lagerte eine riesige Wolke: Sandstaub über dem Kanal.
    Hinter einer Bodenwelle standen Masten, an einem flammte plötzlich ein rotes Licht auf, gleichzeitig blieb das SAMO stehen. »Ah, sie sprengen«, sagte René.
    Von vorn kam ein Einmann-SAMO. Es fuhr auf ihre Höhe heran. Ein Kongolese beugte sich herüber und sagte: »Es dauert länger, könnt euch getrost die Beine vertreten.«
    Sie stiegen aus. Der andere kam auf sie zu und begrüßte sie. Dann sagte er: »Ab übermorgen ist das gesamte Gebiet hier gesperrt. Wird ein schönes Stück

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