Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
auf.
    René antwortete nicht gleich. Er war wieder ernst. Dann sagte er zögernd: »Das lächerliche Wadi, dem hier der Kanal folgen wird, führt mitten durch Achourat. Vom Brunnen aus dient es dort der Bewässerung der Erdnußfelder und Dattelhaine, die sie für sich und die Kameläsung brauchen. Unser Kanal wird fünfmal so breit wie das Wadi, er hat Erdwälle, da bleibt von dem, was sie in Generationen geschaffen haben, nichts…«
    »Na, entschuldige mal«, sagte Thomas ehrlich entrüstet. »Das wird doch ersetzt. Ich habe die Ersatzbauten am ersten Kanalabschnitt gesehen. Es müßte für sie eine Freude sein, dort zu wohnen. Und das Drum und Dran! Es ist ein Sprung in ein anderes Jahrhundert!«
    »Jeder spricht, wie er es versteht«, antwortete René traurig. »Ihr habt so ein Sprichwort: ›Einen alten Baum kann man nicht verpflanzen‹, und hier sind sehr viele alte Bäume, uralte, verstehst du? Es gibt Familien, die heute noch ihre Kinder nicht unterrichten lassen. Das ist die Praxis. Willst du es erzwingen? Und wie? Das ist ein Prozeß, mein Lieber.«
    »Und alles, was wir erreicht haben und was wir uns erträumen, macht um deinen Prozeß einen Bogen?« fragte Thomas spöttisch.
    »Es sind Menschen.« René Tours schüttelte den Kopf, als wolle er sagen: Wozu mit dir noch darüber sprechen, du verstehst mich nicht oder willst mich nicht verstehen. Dennoch fügte er hinzu: »Ein gewonnener Mensch ist ein Motor, ein gezwungener eine Bremse.«
    »Manchen muß man zu seinem Glück zwingen, im Interesse des Ganzen.« Thomas sagte das heftiger als beabsichtigt.
    »Zugegeben«, antwortete René ruhig. »Im Grunde bin ich ja deiner Meinung, nur hier sind es beinahe tausend, die wie einer handeln. Du wirst es sehen. Und denke nicht, daß es bei diesem Schrotgeplänkel bleibt. Wir sind noch vierzig Kilometer entfernt. Ich betrachte das als Warnung…
    Und dann wird es für die Mannschaften gefährlich. Und ich möchte sehen, was wir dann machen. Hast du eine Vorstellung? Sollen wir einen Krieg gegen sie führen, sie vernichten? Das wäre ein Kinderspiel. Sollen wir sie fangen und einsperren? Und wenn sie sich das nicht gefallen lassen? Paß auf, wenn wir das Projekt nicht ändern, steht der Bau wenige Kilometer vor Achourat. Steht, habe ich gesagt.«
    Thomas runzelte die Stirn. »Du bist, wie es scheint, irgendwie besonders für dieses Achourat eingenommen und auch gut informiert…?« René drehte seine Brause zu. Er reckte die Arme in die Höhe, kehrte das Gesicht zur tiefstehenden Sonne und ließ sich trocknen. Erst nach einer längeren Pause, Thomas hatte unterdessen sein Bad ebenfalls beendet, sagte er: »Ja, aber das ist eine lange Geschichte.«
    »Und«, fragte Thomas, »kann man sie hören?«
    René zuckte mit den Schultern. Er wurde einer Antwort enthoben. Ein junger bärtiger Mann der Bohrmannschaft kam auf sie zu. »He, ihr Sonnenanbeter! Funkspruch vom Camp Abschnitt drei für Monig – bist du das? Du hast dort Besuch. Ich habe ihnen gesagt, daß du morgen sowieso hinkommst, war doch richtig?«
    »Ja, ja«, sagte Thomas hastig. Er war plötzlich freudig erregt. »Wer ist es denn?« wollte er wissen.
    »Hab ich nicht gefragt«, sagte der Bärtige. »Wirst du ja morgen sehen.« Damit drehte er sich um, ging an den Instrumentenschrank, machte dort eine Routinekontrolle und schlenderte zurück zu dem geräumigen Wohnwagen, aus dem er gekommen war.
    »Danke«, murmelte Thomas in Gedanken. Wer mochte es sein? überlegte er. Evelyn? Evelyn! Sein Herz schlug plötzlich höher. Sie hat ihren Urlaub einfach eher begonnen, und nun ist sie hier.
    Aber sie weiß doch, daß ich hier im Augenblick eingespannt bin! Macht nichts, ich nehme sie einfach mit.
    »René«, sagte er. »Es ist noch eine gute Stunde hell. Machst du mit? Da können wir morgen eher aufbrechen.«
    René sah ihn prüfend an. Dann lächelte er und nickte.
    Das SAMO fuhr mit annähernd 100 km pro Stunde und zog hinter sich eine dichte Staubwolke her, die sich oben immer mehr verbreiterte und die Sicht nach hinten völlig nahm.
    Thomas hatte sich weit zurückgelehnt. Obwohl die Piste von zahlreichen Fahrzeugspuren gekennzeichnet war, hatte er die Leitsteuerung eingeschaltet und ließ das SAMO die Leitlinie entlangrasen.
    René saß neben ihm. Er war in sich zusammengesunken und starrte gedankenverloren durch die Scheibe voraus. Die Fahrt sollte bis zum Camp des dritten Abschnittes etwa drei Stunden dauern. Thomas war unruhig. Sie hatten an dem Morgen

Weitere Kostenlose Bücher