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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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verabschiedete, wurde er verlegen. Aber sie rief herzlich: »Auf Wiedersehen – und wenn du zu Hause bist, schreib mal. Ich besuche dich, wenn es paßt.«
    Thomas fragte sich, waren sie Freunde, Nina und er?
    Als er aus Mirny zurückgekommen war, schienen die Meinungsverschiedenheiten vergessen. Nina war kapriziös und liebenswürdig wie früher. Allerdings vermied sie es geschickt, längere Zeit mit ihm allein zu sein.
    »Ich schreibe dir bestimmt«, sagte er. Und leise, nur für sie bestimmt, fügte er ein »Danke« hinzu, dachte dabei aber eigenartigerweise an Deland und an das, was ihm Lewrow vorhin über dessen Zukunftsaussichten mitgeteilt hatte. »Bitte, Nina, grüß ihn von mir!«
    Nina sah fragend hoch. »Deland«, fügte Thomas hinzu.
    Pjotr hatte gerade Schicht: Die erste Erprobung des Bathyskaph, der im Notfall zur Reparatur des »Wurms« eingesetzt werden sollte. Er ließ es sich aber nicht nehmen, Thomas wenigstens bis zur Außenschleuse zu begleiten.
    »Mach’s gut«, sagte er. »Grüß die Cookinseln, ist nicht ausgeschlossen, daß wir uns dort mal sehn. Mein Chef hat so was angedeutet. Also – mach’s gut!« Er hatte es eilig.
    Dann stand Thomas draußen, eingehüllt in Dunst. Ein mäßiger Wind wehte Eiskristalle über den Pfad, heulte in den Spannseilen der Antennenanlage, schnitt ins Gesicht.
    Thomas zog den Kragen fester und ging schnell auf den kleinen Posttransporter zu, der aus dem flachen Hangar geschoben wurde.
    Von fern winkte einer vom Flugpersonal. Thomas entnahm seinen Gesten, daß er sich beeilen solle. Der Winkende deutete mehrmals nach oben – von Süden zog eine graue Wand heran. Das Schneetreiben nahm zu. Thomas beschleunigte den Schritt.
    Einige Meter vor dem Flugzeug drehte er sich noch einmal um. Flache Hügel, Masten, vom Wind schnell zerfetzter Dampf: TITANGORA.
    Dort – die flache Meßkuppel, in der rasch schlechter werdenden Sicht kaum mehr auszumachen. Dort habe ich Nina geküßt…
    Thomas fühlte sich auf einmal schrecklich einsam, verlassen. Die letzten Schritte fielen ihm schwer. Seiner bemächtigten sich eine seltsame Beklemmung, Zweifel an sich selbst; er dachte einen Augenblick lang, im Grunde genommen versagt zu haben.
    Du bist nicht mehr der alte, Tom, dachte er wehmütig. Wo sind sie hin, die Unbekümmertheit, die Sicherheit? Wo ist deine Überlegenheit?
    Das Personal richtete die Düsen des Senkrechtstarters. Thomas sah sich um. Aus dem Windschatten des Hangars löste sich eine vermummte Gestalt, kam schwerfällig auf ihn zu. Und dann erkannte ihn Thomas: Es war Deland.
    Thomas, der im Begriff war, seine Tasche in den Einstieg zu heben, hielt überrascht inne.
    »Harry«, rief er, »was machst du hier? Ich denke, du bist im Sanatorium?«
    »Ja«, sagte Deland ein wenig verlegen, »ich bin – einmal kurz weggegangen…« Dann sah er Thomas voll an. »Ich wollte mich von dir verabschieden, Tom und…«, er sah nach unten, rückte am Verschluß seines Pelzes herum, »… dir danken. Du, du warst… Ohne dich wäre ich wohl – na ja…«, sagte er leise.
    Nun war die Reihe an Thomas, verlegen zu werden. Es würgte ihn in der Kehle. Verdammte Rührseligkeit, dachte er. Dann griff er nach Delands Händen, drückte sie wortlos. Durch die Handschuhe hatte er das Gefühl, als ließe Deland nur zögernd wieder los.
    »Leb wohl Harry«, sagte Thomas und räusperte sich, »und grüß auch Richard!«
    Deland nickte. Dann drehte er sich um und stapfte, ohne noch einmal zurückzublicken, davon.
    Thomas sah ihm nach, bis er im nun schon dichten Schneetreiben verschwunden war.
    »Mach’s gut, Harry«, murmelte er.
    Und plötzlich war er froh. Er schwang sich leicht in die Maschine.

Zweiter Teil
NEW MAORI
I
    Obwohl von See her eine frische Brise wehte, klebte Thomas Monig das Hemd am Rücken, und er wischte sich in kurzen Abständen mit dem Taschentuch den Schweiß vom Nacken.
    Seit einer halben Stunde lehnte er nun schon fast apathisch am Geländer und betrachtete den Hafen. Ein Hafen wie viele andere: Kräne reckten sich, Schiffe verschiedener Größen lagen scheinbar sinnlos am Pier, wurden weder be- noch entladen, Hölzer und Öllachen schwammen auf der leichtbewegten Wasserfläche, und es roch, wenn die Brise von See her abflaute, nach Teer, Öl, faulen Fischen und Tang. Im stillen hatte Thomas auf ein echtes Stückchen Südsee gehofft, auf ein Stückchen mit jenem Hauch von Romantik, das der Großmuttervorstellung entsprach, obwohl ihm klar war, daß es das selbst

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