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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Freude, die sie sonst immer hatte, der Stolz auf mich, auf meine Erfolge an der Akademie schienen jetzt mit einer leisen Wehmut gemischt. Vielleicht macht sie sich sogar Selbstvorwürfe, denkt, mich nicht richtig erzogen zu haben, weil sie Ev gern hat und meint, es könne nur an mir liegen, wenn wir auseinandergehen. – Womit sie sicher nicht unrecht hat…
    Thomas verscheuchte diese ungeordneten und unerfreulichen Gedanken. Er nickte einer Möwe zu, die in wenigen Metern Abstand gleichsam vor ihm in der Luft stand, den Kopf zur Seite drehte und ihn neugierig beäugte.
    Dann sah er zur Uhr. Immer noch zwei Stunden!
    Er schaute hinüber zur Parallelpier, an der eine unscheinbare graue Jacht lag, die »Trans 23«, das Schiff, auf dem er nach New Maori übersetzen sollte.
    Im Augenblick kam aus den Sanatorienbergen, wie Thomas die sanften, bewaldeten Hügel im Hintergrund des Hafens von Port Cook bei sich bezeichnete, ein Brummen auf. Vor dem dunklen Grün und im Flimmern der Luft nur schwer erkennbar, schwirrte ein Helioplan heran, blieb über der Jacht hängen und setzte dann einen containerähnlichen Behälter auf dem Vorschiff ab.
    Thomas sah dem Vorgang interessiert zu, zumal er zu erkennen glaubte, daß sich in dem Behälter Menschen befanden. Eine eigenartige Beförderungsmethode, dachte er.
    Dann schlenderte er zurück zum Festland, lief ziellos durch die sorgfältig gepflegten Anlagen und sah sich unkonzentriert die Auslagen einiger Magazine an. Er wunderte sich nicht, daß er kaum Menschen traf. Im Windschutz der Bäume und Gebäude war die Wärme schier unerträglich. Eine Weile hielt er sich im Zentrum der Siedlung auf. Prächtige Wasserspiele, Werke der bildenden Kunst und viel Grün paßten sich harmonisch in ein Ensemble von flach gehaltenen Kulturbauten ein, die auf die Freizeitbeschäftigung der hier Arbeitenden hindeuteten.
    Braungebrannte Kinder tummelten sich auf dem Platz, ungeachtet der brütenden Hitze. Sie spritzten sich mit Wasser voll, prusteten und lachten.
    Thomas setzte sich auf eine Bank. Hier könnte man den Urlaub verbringen, dachte er. Wahrscheinlich spielt sich hier erst am Abend etwas ab. Schließlich müssen die Kulturbauten und Magazine doch genutzt werden.
    Angeregt von diesen Gedanken, beschloß er, die Siedlung zu besichtigen. Es waren fast ausschließlich Fertighäuser, Thomas zählte sechzehn verschiedene Typen. Sie schienen im Ganzen hertransportiert worden zu sein, denn nichts deutete auf eine örtliche Bautätigkeit hin.
    Nach einer Stunde fand Thomas das Herumlaufen beschwerlich. Die Weitläufigkeit von Port Cook war ihm schon am Abend vorher aufgefallen, auf dem Weg vom Flugplatz zum Hotel. Man hatte hier keine Geschäftsstraßen angelegt, sondern eben nur flache, einstöckige Häuser hingesetzt, in denen neben Wohnungen hauptsächlich Laboratorien, Verwaltungen und Institute des Kombinats untergebracht waren. Die Magazine lagen ziemlich verstreut. Außerdem wollte er gar nichts besorgen.
    Er trank in einer Automatengaststätte eine Polarcola, schnalzte anerkennend mit der Zunge, weil das Getränk tatsächlich erfrischte, und ging dann langsam zurück zum Hafen.
    In der Nähe der grauen Jacht war jetzt kein Mensch zu sehen. Überhaupt schien das Leben auch im Hafen erstorben. Thomas stieg über das Fallreep mittschiffs auf das Deck. Auch hier war niemand.
    Als er sich anschickte, die Deckaufbauten nach einem Eingang abzusuchen, wurde er plötzlich von einer hellen, durchdringenden Frauenstimme überrascht, so daß er trotz der Wärme fast einen Kälteschauer verspürte.
    »Looking for something?« fragte die Stimme.
    Thomas sah sich um. Aus einer Hängematte, die in fast zwei Meter Höhe zwischen Davits aufgespannt war, baumelten zwei nackte schlanke Beine. Die Besitzerin machte freilich keinerlei Anstalten, mehr von sich zu zeigen. Sie hatte nicht einmal den Kopf gehoben. So versuchte Thomas durch die Maschen der Hängematte ihr Gesicht zu entdecken, was nur schwer gelang, zumal die Frau eine große Sonnenscheibe trug.
    »Thomas Monig«, murmelte er belegt. Danach räusperte er sich.
    »Ja bitte?« fragte die Frau, diesmal deutsch, ohne ihre Haltung zu verändern.
    »Ich soll mit Ihnen hinüberfahren, nach New Maori. – Das Schiff ist doch die ›Trans 23‹?« fügte er unsicher hinzu.
    »Allerdings«, sagte die Stimme. Thomas sah nun, daß die Frau blond war. Sie schien der einzige Mensch auf diesem Schiff zu sein.
    Thomas kam sich ein wenig unhöflich behandelt vor.

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