Anubis - Roman
um ihm mit dem Zeigefinger zu drohen. »Ichhabe diesem schrecklichen Menschen nie getraut, vom ersten Augenblick an nicht.«
»Es hat nichts mit Graves zu tun«, sagte Mogens. Es war ein Fehler gewesen. Aus einer harmlosen Konversation war er unversehens in eine Situation abgeglitten, sich verteidigen zu müssen. »Wir haben etwas gefunden, was … besser nicht gefunden worden wäre, Miss Preussler. Das ist alles, was ich Ihnen darüber sagen kann.«
»Manche Dinge sind vielleicht zu Recht vergessen«, sagte Miss Preussler mit einer Weisheit, die er niemals von ihr erwartet hätte. Noch viel weniger hätte er das erwartet, was sie als Nächstes sagte. »Wenn Sie es wünschen, Professor, können wir gehen. Das bisschen Regen macht mir nichts aus. Ich bin nicht aus Zucker.«
»Das würde ich Ihnen auf gar keinen Fall empfehlen.« Graves trat ein, begleitet von einem Regenschauer und einer Sturmböe, die mit einem triumphierenden Heulen hereinfauchte und sich unverzüglich auf Mogens’ Papiere stürzte, um sie in einen wirbelnden Schneesturm rechteckiger weißer Flocken zu verwandeln, drückte die Tür mit sichtlicher Mühe hinter sich ins Schloss und stampfte mehrmals und heftig mit den Füßen auf, um das Wasser abzuschütteln, das in wahren Sturzbächen an seiner schwarzen Regenjacke herablief. »Um nicht zu sagen, ich würde es nicht zulassen, meine liebe Miss Preussler.«
Er drehte sich schnaubend zu Mogens und ihr um. »Das Unwetter wird noch schlimmer, fürchte ich. Sie könnten diesen Spaziergang durchaus mit dem Leben bezahlen.«
Miss Preussler sah ihn einen Herzschlag lang vorwurfsvoll an, sagte aber nichts, sondern stand wortlos auf, um die Papiere aufzuheben, die der Wind durcheinander gefegt hatte. Auch Mogens starrte Graves an, wenn auch aus einem vollkommen anderen Grund. Graves hatte ganz eindeutig auf Miss Preusslers Vorschlag geantwortet, aber wie hatte er sie überhaupt verstehen können, auf der anderen Seite der massiven Tür und noch dazu eingehüllt in Regen und brüllenden Sturm?
»Bei diesem Wetter jagt man nicht einmal den sprichwörtlichen Hund vor die Tür.« Graves kam näher und sah stirnrunzelnd auf Miss Preussler hinab, die sich bereits in die Hocke hatte sinken lassen und darauf wartete, dass auch die letzten Blätter schaukelnd zu Boden sanken.
»Oh«, sagte er. »Das … tut mir Leid.«
Miss Preussler tat ihm nicht den Gefallen, Aber das macht doch nichts oder etwas in dieser Art zu sagen, sondern schenkte ihm nur einen kühlen Blick und fuhr fort, die heruntergefallenen Papiere einzusammeln. Graves wartete noch einen Moment auf eine Absolution, die nicht kam, dann zuckte er mit den Schultern und nahm unaufgefordert auf dem Stuhl Platz, den Miss Preussler gerade notgedrungen geräumt hatte. »Das ist noch lange nicht alles«, fuhr er mit einer Kopfbewegung zur Tür hin fort. »Da braut sich ein Sturm zusammen, wie ich ihn hier noch nicht erlebt habe. Ich hoffe, das Wetter hat sich bis morgen früh beruhigt.« Er wandte sich zu Miss Preussler um. »Tom hat die Hütte für Sie hergerichtet, die Doktor Hyams bisher bewohnt hat. Ich dachte mir, dass Sie lieber in einem Bett schlafen, in dem auch bisher eine Frau gelegen hat.«
Miss Preussler reagierte auch darauf nicht, aber Mogens, der ihr Gesicht zumindest im Profil sah, konnte ein flüchtiges Gefühl von Zufriedenheit nicht ganz verleugnen. Graves hatte weitere Minuspunkte bei ihr gesammelt; einfach, indem er die Worte Frau und Bett zusammen in einem Satz verwendet hatte.
»Aber es bleibt doch bei unserer Verabredung zum Abendessen?«, fuhr Graves fort.
»Ich bin nicht besonders hungrig.« Miss Preussler richtete sich auf die Knie hoch und stampfte den ersten Stapel Papier auf die Tischplatte vor Mogens. »Und es wäre mir auch peinlich, wenn Sie sich meinetwegen eigens so viel Mühe machen würden.«
»Aber ich bitte Sie!« Graves winkte mit beiden Händen ab. »So selten, wie wir hier Besuch haben, ist es mir ein Vergnügen. Außerdem«, fügte er mit einem angedeuteten Lächeln hinzu, »bereitet es mir keine Mühe. Allenfalls die, Tom ein paar zusätzliche Anweisungen zu geben. Er ist ein ausgezeichneter Koch, Sie werden sehen.«
Miss Preussler würdigte ihn auch jetzt noch keiner Antwort, aber sie unterbrach ihre Arbeit für einen kurzen Moment, um einen Blick in die Runde zu werfen, der dafür umso beredter war. Vielleicht überlegte sie, ob Toms Fähigkeiten als Koch wohl ebenso zu wünschen übrig ließen wie die
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