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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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absolut lächerlich aussehen. Sowohl Hosenbeine als auch Hemdsärmel waren ein gehöriges Stück zu kurz, doch wie zum Ausgleich waren ihm beide Kleidungsstücke um gleich mehrere Nummern zu weit.
    »Meine eigenen Kleider waren ein wenig mitgenommen«, sagte er mit einem verlegenen Lächeln. »Sheriff Wilson war so großzügig, mir diese Uniform zu borgen. Das erschien mir doch etwas schicklicher, als nur in eine Wolldecke gehüllt zurückzukommen.«
    Die Worte hatten unverfänglich klingen sollen, aber sie schienen ihre Absicht wohl zu verfehlen, denn das Lächelnwich schlagartig sowohl aus ihrem Gesicht als auch aus ihren Augen. »Es ist doch alles in Ordnung?«, fragte sie besorgt.
    Graves kam Mogens’ Antwort zuvor. »Selbstverständlich«, sagte er rasch. »Der gute Professor war einfach nur ein wenig tollpatschig. Offensichtlich hat er vergessen, dass wir hier nicht an der Universität von Thompson sind oder in Ihrem wunderschönen Haus, sondern mitten in der Wildnis. Aber keine Sorge – er selbst hat dieses Erlebnis weitaus besser überstanden als seine Kleider.« Er grinste breit in Mogens’ Richtung, aber in diesem scheinbar schadenfrohen Grienen verbarg sich zugleich ein fast beschwörender Blick, ja bei dieser Version zu bleiben.
    »Ich bin ja so froh, dass Ihnen nichts zugestoßen ist«, sagte Miss Preussler. »Ich habe mir solche Vorwürfe gemacht, Sie mitten in der Nacht in den Wald hinausgejagt zu haben, und das nur wegen einer Katze!«
    Nur wegen einer Katze?, wiederholte Mogens überrascht in Gedanken. Cleopatra war für Miss Preussler weitaus mehr als nur eine Katze!
    »Es ist ja nichts passiert«, antwortete er unsicher. »Nur Cleopatra …«
    »Sie wird ganz gewiss wieder auftauchen, machen Sie sich keine Sorgen, Miss Preussler«, mischte sich Graves ein. »Tom wird nachher nach ihr suchen. Ich hoffe doch, Sie waren zufrieden mit dem, was er Ihnen bisher gezeigt hat?«
    Für die Dauer eines Atemzugs blitzte erneut ein schwaches Misstrauen in Miss Preusslers Augen auf, und Mogens war nahezu sicher, dass sie Graves’ Absicht durchschaut hatte, sie von diesem Thema abzubringen; noch dazu auf so plumpe Art. Dann aber nickte sie nur umso heftiger. »Oh, sicher«, sagte sie. »Ihr junger Assistent ist ein ganz ausgezeichneter Fremdenführer. Aber er ist auch ein Schalk, das muss ich Ihnen einmal sagen.«
    »So?«, fragte Graves. Er lächelte, aber der Blick, den er Tom dabei aus den Augenwinkeln zuwarf, war eisig. Möglicherweise drohend.
    Miss Preussler nickte eifrig. »Ja, stellen Sie sich vor, er wollte mir doch tatsächlich weismachen, dass dieser heidnische Tempel mehr als fünftausend Jahre alt ist. Er war sehr überzeugend, das muss ich ihm lassen, aber am Schluss habe ich dann doch gemerkt, dass er sich nur einen Scherz mit mir erlauben wollte.« Sie drohte Tom spielerisch mit dem Zeigefinger. »Fünftausend Jahre! Wo doch jedermann weiß, dass die Welt gerade einmal viertausend Jahre alt ist!«
    Graves tauschte einen verblüfften Blick mit Mogens, der seinerseits versuchte, ihm mit den Augen eine Warnung zukommen zu lassen, aber Graves konnte oder wollte ihn nicht verstehen. »Viertausend Jahre, Miss Preussler?« Er schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, Sie tun dem armen Tom Unrecht. Er wollte Sie keineswegs auf den Arm nehmen. Im Gegenteil. Wir sind noch nicht ganz fertig mit unserer Arbeit, aber es könnte durchaus sein, dass das alles hier noch deutlich älter ist als fünftausend Jahre. Möglicherweise doppelt so alt.«
    »Humbug!« Miss Preussler funkelte Graves ärgerlich an. »Es ist eine Tatsache, dass die Welt keinen Tag älter ist als viertausend Jahre! Sie mögen ein guter Wissenschaftler sein, Doktor Graves, doch mir scheint, Sie sollten vielleicht etwas mehr Zeit auf das Studium der Schrift verwenden.«
    »Der … Schrift?«, wiederholte Graves.
    »Die Bibel, Doktor Graves«, erklärte Miss Preussler. »Hätten Sie es getan, wüssten Sie, was für einen Unsinn Sie reden. Reverend Fredericks hat es mir genau erklärt.«
    »Reverend Fredericks?«
    Mogens fing einen verwirrten Blick von Tom auf, aber er reagierte nicht darauf, sondern drehte sich fast hastig weg, damit weder Tom noch Graves das schadenfrohe Grinsen sahen, das sich auf seinen Zügen breit machen wollte. Er hatte Graves warnen wollen, aber dieser hatte ja nicht gehört. Mogens wusste, was nun geschehen würde.
    »Reverend Fredericks!«, bestätigte Miss Preussler kampflustig. »Es steht alles geschrieben, Doktor

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