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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Graves. Sie brauchen nur die Stammbäume derer zurückzuverfolgen, die zur Zeit unseres Heilands gelebt haben, und Sie erhalten genaudiese Zahl. Das ist eine ganz einfache Rechenaufgabe. Man muss nur genau hinsehen.« Sowohl ihr Blick als auch ihre Tonlage wurden ganz eindeutig triumphierend. »Das ist wohl selbst nach Ihrer Definition eine rein wissenschaftliche Methode, will ich meinen.«
    Graves wirkte jetzt eindeutig mehr als nur ein wenig verstört, aber er war klug genug, Miss Preussler nicht mehr zu widersprechen. »Nun ja, das ist … eine interessante Theorie«, sagte er zögernd. »Vielleicht sollten wir sie zu gegebener Zeit in unsere Arbeit mit einbeziehen.«
    »Wann ist denn die ›gegebene Zeit‹, das Wort unseres Herrn in die Arbeit › mit einzubeziehen‹ ? «, fragte Miss Preussler spitz.
    »Sicherlich bald«, antwortete Mogens an Graves’ Stelle. »Aber im Moment haben wir ein paar andere Dinge zu besprechen.« Er war sich durchaus der Gefahr bewusst, sich durch diese Äußerung seinerseits Miss Preusslers heiligen Zorn zuzuziehen, aber wenn er das Thema nicht gewaltsam abwürgte, konnte es gut sein, dass sie Graves in eine theologische Grundsatzdiskussion verstrickte, die Stunden dauerte. So lange es um ihn, Mogens, ging, hatte sie ihre religiösen Grundsätze ihrem Jagdinstinkt geopfert, doch dafür legte sie bei anderen einen nur um so größeren missionarischen Eifer an den Tag; vielleicht um vor sich selbst Buße für diese Verfehlung zu tun.
    »Andere Dinge?«, fragte Miss Preussler auch prompt.
    »Wie es hier weitergeht«, sprang Graves ein. Er deutete auf Mogens. »Nachdem die unglückselige Miss Hyams und die beiden anderen uns verlassen haben, müssen wir die ganze Arbeit allein erledigen. Das muss gut überlegt werden und vor allem sorgsam geplant und organisiert. Das verstehen Sie doch sicher.«
    Miss Preussler blinzelte. »Sie haben es ihm noch nicht gesagt, Professor?«
    »Ich … habe mich anders entschieden, Miss Preussler«, antwortete Mogens zögernd. »Ich bleibe hier. Wenigstens noch für einige Tage.«
    »Das freut mich«, antwortete Miss Preussler. »Um ehrlich zu sein, hatte ich schon ein ganz schlechtes Gewissen Doktor Graves gegenüber. Ich hatte Angst, Sie würden nur meinetwegen abreisen wollen.«
    »Das hat mit Ihnen nicht das Geringste zu tun«, versicherte Mogens. »Ich hatte private Gründe. Aber ich habe mich mit Doktor Graves ausgesprochen, und er hat mich überzeugt. Ich kann ihn nicht auch noch im Stich lassen, nun, wo die anderen fort sind.«
    »Hat man die arme Miss Hyams gefunden?«, fragte Miss Preussler.
    »Bisher nicht«, antwortete Mogens.
    »Aber Sheriff Wilson ist ein fähiger Mann«, fügte Graves hinzu. »Wenn sie noch am Leben ist, dann wird er sie finden.«
    »Ich dachte, Sie mögen ihn nicht.«
    »Sheriff Wilson und ich sind keine Freunde, das ist richtig«, antwortete Graves. »Doch das bedeutet nicht, dass ich prinzipiell an seinen Fähigkeiten zweifle. Wilson wird alles in seiner Macht Stehende tun.« Er atmete hörbar ein. »Aber nun müssen wir gehen. Tom kann Sie zu einem späteren Zeitpunkt gern weiter herumführen, aber im Augenblick ist unsere Zeit ein wenig knapp, fürchte ich.«
    Miss Preussler war ein bisschen beleidigt, aber sie gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. »Sicher«, sagte sie verschnupft.
    »Tom wird Sie zurückbringen«, fuhr Graves fort. »Professor VanAndt und ich haben hier noch ein paar Dinge zu erledigen. Aber wir kommen nach, so schnell es uns möglich ist.«
    »Sicher«, antwortete Miss Preussler kühl. »Thomas?«
    Tom beeilte sich, Miss Preussler nach draußen zu führen, und Graves sah ihnen wortlos nach, bis sie verschwunden waren. Dann drehte er sich kopfschüttelnd wieder zu Mogens um. »Ich nehme alles zurück, was ich über dich gesagt habe, Mogens. Du hast dich nicht in ein Loch verkrochen. Du warst in der Hölle.«
    »Miss Preussler hat ihre Qualitäten«, sagte Mogens.
    »Man muss nur lange genug danach suchen, wie?«, fragte Graves höhnisch.
    Mogens ignorierte ihn. »Wir müssen sie von hier fortschaffen«, sagte er. »Ich möchte nicht, dass ihr etwas geschieht.«
    »Was liegt dir an dieser Frau?«, fragte Graves verwirrt. »Wie ich das sehe, bist du ihr nichts schuldig.«
    »Das mag sein«, antwortete Mogens. »Trotzdem würde ich es mir nie verzeihen, wenn ihr etwas zustieße.«
    Wieder schwieg Graves eine ganze Weile, während der er Mogens so nachdenklich ansah, dass sich dieser

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