Anubis - Roman
und Mogens vielleicht gerade deshalb umso mehr beunruhigte.
Letzten Endes hatte er doch resigniert und sich bereit erklärt, Graves hier herab zu folgen, und auch wenn ihm Graves sein Ehrenwort verpfändet hatte, dass sie der Tempelkammer nicht einmal nahe kommen würden, war es doch eine weitere Niederlage; eine weitere winzige Bresche in einer fast regelmäßigen Aneinanderreihung von winzigen Breschen in seiner Verteidigung, die am Ende unweigerlich zu deren Zusammenbruch führen musste. Mogens hasste ihn auch dafür.
»Dort drüben.« Sie hatten den ersten, noch an eine auf natürliche Weise entstandene Höhle erinnernden Raum erreicht, in dem Hyams’ großer Arbeitstisch stand, und Graves deutete mit einer Handbewegung nach links, in das Halbdunkel jenseits des von elektrischem Licht erhellten Bereichs hinein. Mogens’ Blick folgte der Geste, aber er erkannte nur ein Durcheinander von Schemen und unterschiedlichen Abstufungen von Grau und Schwarz. Obwohl er schon ein Dutzend Mal hier unten gewesen war, hatte er diesem Raum nur insofern Aufmerksamkeit gezollt, dass er ihn möglichst schnell durchquerte, um zum eigentlichen Objekt seiner Neugier zu gelangen – und Hyams und den beiden anderen dabei möglichst aus dem Weg zu gehen. Tatsächlich wurde ihm erst in diesem Moment klar, dass er sich niemals auch nur gefragt hatte, was seine drei Kollegen hier unten eigentlich taten.
Er bedeutete Graves mit einer einladenden Geste, vorauszugehen. Graves verdrehte zwar die Augen, aber er gehorchte. Mogens folgte ihm.
Die Höhle erwies sich als größer, als er bisher angenommen hatte. Es gab Durchgänge zu mindestens zwei oder drei weiteren Räumen, die Graves aber ignorierte, während Mogens versuchte, im Vorbeigehen zumindest einen Blick hinein zu erhaschen. Was er sah, war jedoch enttäuschend. Leere Höhlen unterschiedlicher Form und Abmessung, die keine Spuren menschlicher Bearbeitung aufwiesen. Eine davon schien Graves zu nutzen, um den Generator und andere technische Gerätschaften darin unterzubringen. Mogens konnte in der Dunkelheit jenseits des niedrigen Eingangs zwar nichts erkennen, aber das röchelnde Tuckern des Generators drang daraus hervor, und ein ganzes Bündel dick isolierter Gummikabel und -schläuche ringelte sich schwarzen Schlangen gleich vor ihm über den Boden.
»Das hier ist der Teil, den wir zuerst entdeckt haben«, erklärte Graves, während er so sicher und schnell durch die Dunkelheit eilte, als hätte er die Nachtsicht einer Katze. »Natürlich war damals hier noch alles voller Schutt und Geröll. Man hätte keinen Schritt tun können, ohne Gefahr zu laufen, sich den Hals zu brechen. Tom und ich haben fast einen Monat gebraucht, um hier aufzuräumen, und beinahe noch einmal so lange, um den Generator hier herunterzuschaffen und die Kabel zu verlegen.«
»Das habt ihr aber nicht allein getan«, sagte Mogens zweifelnd.
»Nur Tom und ich«, behauptete Graves. »Wir mussten das verdammte Ding in sämtliche Einzelteile zerlegen und hier unten wieder zusammenbauen. Wobei das Zerlegen der einfachere Teil war.« Er lachte leise. »Ohne Tom hätte ich es vermutlich nie geschafft. Der Junge ist ein Genie, wenn es um Maschinen geht. Manchmal habe ich das Gefühl, er braucht sie nur anzusehen, damit alles wieder funktioniert.«
Er blieb stehen. Mogens hörte ihn einen Moment im Halbdunkel rumoren, dann vertrieb der Schein einer Petroleumlampe die Finsternis. Mogens erkannte, dass Graves vor einem unregelmäßig geformten Durchgang stehen gebliebenwar, der in eine Art Tunnel mit grob behauenen Wänden zu führen schien.
»Komm, Mogens. Aber pass auf deinen Kopf auf. Die Decke ist sehr niedrig.«
Trotz dieser Warnung und obwohl der Tunnel nur wenige Schritte maß und Mogens vorsichtig und weit nach vorne gebeugt ging, schrammte sein Hinterkopf zweimal unsanft gegen den harten Fels, bevor das Licht von Graves’ Lampe vor ihm plötzlich an Leuchtkraft verlor, als es in einen weitaus größeren Raum fiel. Mogens machte einen letzten, schnellen Schritt und richtete sich erleichtert auf, und Graves hob seine Lampe und knüpfte an das an, was er auf der anderen Seite des Durchgangs begonnen hatte. »Und nachdem wir das hier gefunden hatten, haben wir zum ersten Mal überlegt, einen Kollegen zu Rate zu ziehen.«
»Falls es mit der Jagd auf Ungeheuer mal nicht mehr so klappt, solltest du dich vielleicht bei einem Schmierentheater bewerben«, sagte Mogens. »Untalentiert genug dazu bist
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