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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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tat ihm Mogens den Gefallen.
    »Und?«, fragte er.
    »Erklär mir eines, Mogens«, sagte Graves, indem er sich zu ihm umdrehte und in eindeutig triumphierendem Ton. »Wiekann ein Volk vermeintlich primitiver Wilder, das von der Jagd und einfachem Ackerbau lebt und nicht einmal eine Schrift hat, von der Existenz des Sirius wissen?«
    Mogens sah ihn nur verständnislos an.
    »Des Sirius«, wiederholte Graves. Er wirkte ein bisschen enttäuscht. »Eines Fixsterns am …«
    »Ich weiß, was der Sirius ist«, fiel ihm Mogens ärgerlich ins Wort. »Ich verstehe nur nicht, was das alles hiermit zu tun hat. Komm zur Sache, Jonathan.«
    »Ich bin längst dabei«, antwortete Graves. »Die Dogon kennen diesen Stern. Sie wissen alles über seine Größe, seine Helligkeit und Position, und sie kennen seine Bahn am Firmament auf die Bogensekunde genau. Sie wissen sogar, wie viele Planeten er hat und auf welchen Umlaufbahnen sie sich bewegen. Astronomie ist nicht etwa ihre Passion oder eine Wissenschaft, die sie seit Jahrtausenden betreiben. Ich war dort. Ich habe sie besucht und studiert, und ich kann ohne falsche Überheblichkeit über sie sagen, dass sie nichts als ein Volk dummer, ungebildeter Primitiver sind. Und doch verfügen diese Wilden über ein Wissen über diesen einen Stern am Himmel, das wir mit all unserer jahrhundertelangen Erfahrung und unseren modernen Instrumenten nicht einmal annähernd erreichen können. Es gibt nur eine einzige Erklärung dafür.«
    »Und welche wäre das?«, fragte Mogens.
    »Jemand hat es ihnen gesagt«, antwortete Graves. »Jemand, der von dort gekommen ist.«
    Das war lächerlich, und Mogens sagte auch genau das.
    »Ja, ganz genau diese Reaktion habe ich erwartet«, zischte Graves. »Wie sollte es auch anders sein? Schließlich bist du ja ein …«, er stieß die beiden letzten Worte wie eine Beschimpfung aus, »…  seriöser Wissenschaftler!«
    »Ich bitte dich, Jonathan!«, antwortete Mogens. »Wesen, die …«
    »… von den Sternen gekommen sind, um die Erde in Besitz zu nehmen«, fiel ihm Graves ins Wort. »Genau das ist es doch, was auf den Wänden der Tempelkammer geschriebensteht, oder nicht? Du selbst hast es mir vorgelesen, wenn ich mich richtig erinnere. Oder war deine Übersetzung fehlerhaft?«
    »Doktor Hyams hat dir sicher auch einen Teil der Hieroglyphenschrift drüben im Tempel übersetzt«, antwortete Mogens verächtlich. »Glaubst du deshalb auch, dass es Aton und Seth und all die anderen Bewohner der ägyptischen Götterwelt wirklich gegeben hat?«
    »Wer weiß?«, gab Graves mit einer Ernsthaftigkeit zurück, die Mogens ihm unwillkürlich einen fast erschrockenen Blick zuwerfen ließ. »Millionen von Menschen glauben fest daran, dass ein allmächtiger Gott mit einer sterblichen Frau einen Sohn aus Fleisch und Blut gezeugt hat, um sie von ihren Sünden zu erlösen. Klingt das etwa weniger verrückt?«
    Mogens hütete sich, direkt darauf zu antworten. »Ich dachte, du wolltest keine theologische Diskussion mit mir führen«, sagte er stattdessen.
    »Ich hatte nichts dergleichen vor«, antwortete Graves. »Ich wollte dir nur klar machen, wie wenig wir im Grunde über unsere Vergangenheit wissen. Und das Volk der Pharaonen hat vor wenigen tausend Jahren gelebt, Mogens. Wie können wir uns da anmaßen, über etwas urteilen zu wollen, das hunderttausend Jahre zurückliegt?«
    Er wartete auch jetzt wieder vergebens auf eine Antwort und wandte sich schließlich mit einem resignierenden Achselzucken wieder der Felswand zu. Seine Stimme nahm einen sachlich-dozierenden Ton an. »Dies hier sind Planetenkonstellationen«, erklärte er.
    »Aus dem System des Sirius«, vermutete Mogens spöttisch.
    »Das dachte ich im ersten Moment auch«, erklärte Graves ungerührt, »denn das hier abgebildete Sonnensystem hat nicht nur einen Planeten mehr als das unsere, darüber hinaus haben auch zwei seiner Welten Ringe, und manche Planeten haben etliche Monde mehr, als uns bislang bekannt sind. Aber ich habe eine Abschrift dieser Zeichnung mehreren Astronomen gezeigt, und sie sind übereinstimmend zu der Auffassung gelangt, dass es sich durchaus um eine Karte unseres Sonnensystems handelt, nur dass sie eben fehlerhaft ist – oder sehr alt.«
    Mogens schwieg beharrlich.
    »Es ist eine Karte unseres Sonnensystems«, fuhr Graves in leicht verletztem Tonfall fort. »Sie zeigt eine ganz bestimmte Planetenkonstellation. Eine sehr seltene Konstellation, Mogens, wie sie nur alle paar tausend

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