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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Blutverlust bedachte, den er erlitten hatte. Dennoch viel zu viel Zeit.
    Mogens warf einen sehnsüchtigen Blick auf das zerwühlte Bett, dessen Laken so schweißnass waren, dass er den unangenehmen, säuerlichen Geruch selbst hier noch wahrnehmen konnte. Doch es half nicht. Sie hatten nur noch so wenig Zeit und so unendlich viele Fragen.
    Entschlossen stand er auf und wandte sich zur Tür. Schon auf dem Weg dorthin wurde ihm wieder schwindelig, und es wurde nicht besser, als er das Haus verließ und sich quer über den schlammigen Platz hinweg auf den Weg zu Graves’ Hütte machte.
    Was die Tageszeit anging, so hatte er sich verschätzt, und zwar zu seinen Ungunsten. Die Sonne hatte den Zenith schon überschritten, und es musste nach zwei sein, wenn nicht drei.Er war mindestens zwölf Stunden bewusstlos gewesen. Gott allein wusste, was in dieser Zeit unten in den Höhlen geschehen sein mochte oder welche Ungeheuer die ewige Nacht dort unten ausbrütete, um sie auf eine ahnungslose Welt loszulassen.
    Allein auf dem kurzen Stück zu Graves’ Hütte musste er zweimal innehalten, um neue Kraft zu schöpfen. Der üble Geschmack war noch immer in seinem Mund und sorgte dafür, dass er zumindest einen der Gründe nicht vergaß, aus denen er zu Graves unterwegs war, und er nutzte die zweite Zwangspause, die ihm Schwindel und Schwächegefühl auferlegte, um seine Hände noch einmal im hellen Sonnenlicht zu betrachten.
    Sie waren nicht ganz so unversehrt, wie er noch vorhin geglaubt hatte. Zwar konnte er auch jetzt noch keine Verletzungen entdecken, die über einige vernachlässigbaren Schrammen hinausgingen, aber seine Haut war leicht gerötet – vor allem an den Handflächen –, und es gab zwei oder drei kleine nässende Stellen, die ihm vorher im schwachen Licht seiner Hütte nicht aufgefallen waren.
    Mogens ballte prüfend erst die eine, dann die andere Hand zur Faust und ging dann weiter.
    Graves öffnete nicht, als er gegen die Tür klopfte, zuerst zaghaft, dann etwas energischer und schließlich so laut, dass Graves es einfach hören musste , wenn er da war. Es erfolgte keine Reaktion.
    Mogens wandte sich enttäuscht um und ließ seinen Blick unschlüssig über den weiten Platz und die Ansammlung unterschiedlich großer Gebäude schweifen. Graves konnte buchstäblich überall sein, in jedem einzelnen dieser Gebäude, selbst unten in den Höhlen, und er hatte nicht die Kraft, überall nach ihm zu suchen. Aber er konnte auch nicht einfach in seine Hütte zurückkehren und darauf hoffen, dass Graves früher oder später von selbst bei ihm auftauchte, um ihm all seine Fragen zu beantworten. Ebenso gut konnte er auch hier auf ihn warten.
    Obwohl es ihm selbst nach allem, was geschehen war, nachgerade lächerlich vorkam, empfand er doch ein heftigesGefühl von schlechtem Gewissen, als er die Türklinke herunterdrückte und das kleine Haus betrat. Auch hier waren die Läden vorgelegt, sodass Mogens seine Umgebung mehr erahnte als wirklich sehen konnte; eine Umgebung, die zudem nur aus verschwommenen Schatten und Schemen und allesamt gleichermaßen unwirklich wie bedrohlich anmutenden Umrissen zu bestehen schien. Mogens versuchte, sich die genaue Einrichtung und die Standorte das Mobiliars ins Gedächtnis zu rufen, um sich wenigstens unbeschadet an eines der Fenster vorzutasten, prallte prompt in der Dunkelheit gegen einen Stuhl, der mit einem lautstarken Poltern umfiel, und kam erst dann auf die nächstliegende Idee, nämlich kurzerhand die Tür offen zu lassen. Sein schlechtes Gewissen, das ihm sagte, dass er hier ein unerwünschter Eindringling war, hatte ihn wohl offensichtlich dazu veranlasst, sich auch wie ein solcher zu benehmen.
    Beim zweiten Anlauf erreichte er das Fenster ohne größere Zwischenfälle oder Verletzungen, zog es auf und stieß auch den altersschwachen, zweigeteilten Laden nach außen. Das Sonnenlicht, das hereinströmte, wirkte im ersten Moment deplatziert; die Luft war voller Staub, der hell aufleuchtete wie ein Schwarm winziger goldfarbener Insekten, die allesamt im gleichen Sekundenbruchteil dem Licht zu nahe gekommen waren, und für einen winzigen Moment, jenen zeitlosen Augenblick, in dem die Dunkelheit zurückwich, ohne dass das Licht ihr bereits gefolgt war, schienen die Dinge rings um ihn herum eine vollkommen andere, bedrohliche Gestalt anzunehmen, sprungbereit lauernde Schatten, die Gesichter und Münder hatten und ihn gierig anstarrten; ihrer Beute noch nicht habhaft, aber schon

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