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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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konzentriert um und deutete dann mit dem ausgestreckten Arm nach rechts. »Dort drüben ist eine Brücke.«
    Mogens hätte für das, was Graves als Brücke bezeichnete, ohne Schwierigkeiten ein halbes Dutzend anderer, weniger schmeichelhafter Bezeichnungen gefunden, aber er musste Graves Recht geben. Das Niveau der Stadt lag gute fünfzehn oder zwanzig Meter unter ihnen, als wäre sie ihn einen Krater hinein gebaut worden, der hier tief unter der Erde gähnte. Mogens traute sich zwar trotz seines geschwächten Zustandes immer noch zu, die zerschrundene Böschung hinunterzuklettern, doch der Weg, den Graves entdeckt hatte, war zweifellos einfacher. Und vermutlich auch sicherer. Zugleich stellte er sich natürlich dieselbe Frage wie Miss Preussler gerade. Hier unten sollte es von Ghoulen wimmeln. Wo waren sie?
    Ohne ein weiteres Wort setzten sie sich in Bewegung.
    Sie mussten trotz allem ein kleines Stück weit eine fast schon halsbrecherische Kletterpartie hinter sich bringen, um sich ihren Weg über rasiermesserscharfe Steine und Grate zu suchen, bis sie Graves’ »Brücke« erreicht hatten. Danach wurde es schlimmer. Mogens nahm in Gedanken seine Einschätzung zurück, dass dieser Weg der leichtere wäre, aber er konnte Graves nicht die Schuld daran geben, so gerne er es auch getan hätte. Der kühn geschwungene, steinerne Bogen, der zum Niveau der Stadt hinunterführte, machte einen soliden und äußerst breiten Eindruck, doch sobald sie ihn betreten hatten, änderte sich das schlagartig. Nicht nur Mogens’ Sinne begannen regelrecht Amok zu laufen, kaum dass er den Boden aus zyklopischen Steinquadern berührte, die auf schier unfassliche Weise falsch miteinander vermauert waren. Seine Augen sagten ihm, dass die Brücke weiter solide und massiv stand, aber sein Gleichgewichtssinn behauptete das Gegenteil. Ständig hatte er das Gefühl, die Arme ausstrecken zu müssen, umnicht zu stürzen, und die Brücke schien ununterbrochen sowohl ihre Breite als auch ihre Form zu verändern. Mogens versuchte sich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass es vermutlich ganz genau so war, wie Graves gerade Miss Preussler gegenüber behauptet hatte: Es war nicht diese Umgebung, mit der etwas nicht stimmte. Es waren nur ihre eigenen, unzulänglichen menschlichen Sinne, die verrückt spielten, weil sie mit dem, was sich ihnen darbot, nichts anfangen konnten.
    Aber war dieser Gedanke tatsächlich eine Beruhigung?
    Endlich aber hatten sie es geschafft, und Graves – natürlich Graves; niemals hätte er sich das nehmen lassen – war der Erste, der seinen Fuß auf den Boden der eigentlichen Stadt setzte. Er verlieh dem Moment das ihm seiner Meinung nach wohl zustehende Gewicht, indem er zwei oder drei Herzschläge lang einfach mit geschlossenen Augen stehen blieb, sodass sie gezwungen waren, ebenfalls anzuhalten und zu warten, bis er endlich zur Seite trat und ihnen Platz machte.
    Mogens wandte sich mit einem fragenden Blick an Miss Preussler. »Wohin?«
    Suchend und mit einem hilflosen Ausdruck sah sie sich um. Schließlich deutete sie – zögernd – auf ein großes, mit prachtvollen Farben bemaltes Gebäude von quadratischem Grundriss, das nur etwa vierzig oder fünfzig Meter entfernt lag. »Dorthin«, sagte sie, und fügte nach einer Sekunde und leise hinzu: »Glaube ich.«
    »Dafür ist jetzt keine Zeit«, sagte Graves unwillig. »Uns bleiben nur noch wenige Stunden.«
    »Wofür?«, wollte Mogens wissen.
    »Hast du mir denn überhaupt nicht zugehört, du Narr?«, fauchte Graves. »Das Tor ist geöffnet, Mogens! Der Weg zum Hundsstern steht offen!«
    »Und?«, fragte Mogens ruhig. Erneut lief ihm ein rascher, eisiger Schauer über den Rücken. Dass Graves auf eine gewisse Art wahnsinnig war, hatte er mittlerweile endgültig begriffen. Aber vielleicht war ihm das wahre Ausmaß dieses Wahnsinns – und seine Gefährlichkeit! – trotz allem noch nicht ganz klar gewesen.
    »Und?«, keuchte Graves. »Mogens! Wir können ihnen gegenübertreten, verstehst du denn nicht? Dieser Weg öffnet sich nur zweimal in einem ganzen Menschenleben! Wir können diese Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen!«
    »Und was genau meinst du damit?«, wiederholte Mogens. Er war ziemlich sicher, die Antwort zu kennen, so wie auch Graves umgekehrt wissen musste, dass er sie kannte. Und doch war es wichtig für ihn, Graves dazu zu zwingen, sie laut auszusprechen.
    »Im Augenblick sind wir relativ sicher«, sagte Graves. »Mir war nicht ganz klar, ob ich

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