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Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Titel: Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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denjenigen grüßen wollte, der durch das Treppenhaus hinabeilte. Bestimmt war es ein Kind, das so schnell und munter nach unten sprang. Aber konnte ein Kind einen so großen Schatten werfen?
    Rechts von ihr hörte sie auf einmal Stimmen, die von ganz hinten aus dem Apartment drangen. Sie gesellten sich zum Geräusch der Türglocke. Eine Frauenstimme, schneidend und ängstlich. Was sie sagte, konnte Apryl nicht verstehen. Dann kamen sie näher und waren schließlich direkt hinter der Tür zu hören. Jetzt war auch die Stimme eines älteren Mannes zu vernehmen. »Ich werde das schon herausfinden.« Er sprach betont laut und klang verärgert. Offenbar wandte er sich an die Frau, die sich weiter hinten im Wohnungsflur befand.
    Apryl sah wieder ins Treppenhaus. Der Schatten wurde immer größer, aber gleichzeitig auch dünner und löste sich dann unter der Decke auf. Die Schritte auf der Treppe verhallten. Niemand kam um die Ecke. »Hallo?«, rief sie mit schwacher Stimme. »Wer ist da?«
    »Was ist denn?« Für einen alten Mann klang die Stimme hinter der Tür der Shafers überraschend kräftig. Sein amerikanischer Akzent war noch immer herauszuhören, obwohl er in den langen Jahren seines Aufenthalts in London schwächer geworden war. Er wandte sich direkt an sie, deshalb nahm sie an, dass er durch den Spion in der Tür spähte. Sie konnte seinen rauen Atem hören. Offenbar war er durch den Flur zur Tür geeilt.
    Sie wandte sich vom Treppenhaus ab. Jetzt wollte sie unbedingt in die Wohnung zu dem alten Ehepaar. »Hallo, mein Name ist Apryl. Ich würde gerne … «
    »Wer? Ich kann Sie nicht verstehen.«
    Sie seufzte verärgert. »Apryl Beckford, Sir! Darf ich bitte hereinkommen?«
    »Ich kann Sie nicht verstehen.« Und dann rief er der Frau hinter sich etwas zu. »Ich hab gesagt, ich kann sie nicht verstehen. Woher soll ich das also wissen? Würdest du bitte damit aufhören! Ich sagte doch, dass ich mich darum kümmere. Reg dich nicht auf. Du musst nicht aufstehen. Ich sagte doch, dass ich dich hier nicht brauche.«
    »Ich wollte nur … «, begann Apryl erneut. Aber es hatte keinen Zweck. Er hörte ihr nicht zu und hätte sie ohnehin nicht verstanden.
    Alte Finger fummelten an der Sicherungskette herum, als wäre es das erste Mal, dass sie sich damit beschäftigten. Tom Shafers Atem wurde lauter und angestrengter, als würde er etwas Schweres hochheben.
    Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, und der Mann dahinter war so klein, dass Apryl nach unten blicken musste, um sein Gesicht zu erkennen. Er stand leicht nach vorn gebeugt da. Seine schlaffen Wangen waren mit weißen Bartstoppeln bedeckt, sein eingefallener Mund wirkte feucht. Ein schmales Rinnsal von Speichel glänzte in einer tiefen Rinne im Mundwinkel. Seine wässrigen Augen wurden von dicken Brillengläsern vergrößert. Die Pupillen waren so dunkel, dass sie beinahe schon schwarz erschienen. Auf dem Kopf trug er eine blaue Baseballkappe aus Netzgewebe.
    »Ja?« Seine raue Stimme schien wie bei einem Zigarrenraucher von irgendwo hinter dem Brustbein zu kommen. Sie klang flüssig, aber unverhältnismäßig tief und sehr trocken.
    »Hallo, Sir. Sie kennen mich nicht.« Sie sprach laut, aber nicht so laut, dass die Frau weiter hinten in der Wohnung – vermutlich Mrs. Shafer – es mitbekam. »Ich bin die Großnichte von Lillian aus Apartment neununddreißig, und ich möchte unbedingt mit Ihnen sprechen. Bitte, nur ein paar Minuten.« Die Tür war ein Stück weit geöffnet, aber sie hatte das Gefühl, sie könnte ganz schnell wieder zufallen. Sie warf einen letzten nervösen Blick über die Schulter ins Treppenhaus. Irgendwie hatte sie den Eindruck, dass das, was dort diesen Schatten geworfen und sich so schnell bewegt hatte, jetzt im Verborgenen wartete und zuhörte.
    Tom Shafer sah sie schweigend an und zwinkerte ab und zu. Sein Gesicht nahm einen misstrauischen Ausdruck an, den er wahrscheinlich normalerweise zur Schau trug. Ganz langsam drehte er sich um und blickte hinter sich in den Flur, als wollte er sichergehen, dass seine Frau nicht zu sehen war. Dann wandte er sich wieder ihr zu. »Sie sehen Ihrer Tante wirklich sehr ähnlich. Aber ich kann Sie leider nicht empfangen. Tut mir leid. Wir haben es Stephen schon gesagt. Er hätte Ihnen das eigentlich klarmachen sollen.«
    Er begann, die Tür zu schließen.
    Apryl trat einen Schritt vor und war von sich selbst überrascht. »Bitte, Sir. Ich muss unbedingt herausfinden, was mit meiner Großtante und meinem

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