Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
wüchsen alle drei Gestalten aus der gleichen Quelle empor und hätten jeweils nur einen Arm. Am Ende der Arme hingen rohe überdimensionale Hände, die ein metallisches Objekt umklammerten, das zum Schlagen oder Schießen bestimmt war.
Und genau das schienen sie zu tun. Sie schlugen auf etwas ein, das aus blutigem Stoff und nackten Gliedmaßen bestand, die im anschließenden Bilderrahmen zu sehen waren. Vielleicht war es eine vierte Gestalt, die von den drei idiotisch grinsenden, grotesken Figuren zerstört wurde, die bei ihrer Tätigkeit von einer hinterhältigen Fröhlichkeit erfüllt waren. Im blutbesudelten Durcheinander aus Stoff und Körper war kein Gesicht zu erkennen, nur die zwei dünnen Beine des Opfers, die aus dem Geschehen herausragten wie Teile eines Kadavers im Schlachthaus.
Auf dem dritten und letzten Bild war nur diese vierte Gestalt – das Opfer – zu sehen. Es befand sich in einer Art durchsichtiger Folie, aus der ein bläulicher Schimmer nach draußen drang. Das rötlich glänzende Fleisch des Opfers lag auf einer blutgetränkten Plattform. Das, was wie ein Kopf ohne Gesicht aussah, hing an der Seite herab, platt gedrückt und missgestaltet, mit einem einzigen geschlossenen Auge. Ein länglicher Schatten kroch fort davon wie fließendes Blut und füllte den ganzen unteren Bereich des Bilds aus. Und neben der porösen Steinplatte, auf der es sich befand, lag ein Tuch, das eine Maske oder eine zusammengefallene Kapuze sein konnte, auf deren Vorderseite der Teil eines Gesichts eingestanzt war.
Und dann bewegte sich etwas. Schnell und rückwärts. Direkt in dem Spiegel vor ihm.
Eine Gestalt. Mit einem undeutlichen rötlichen Gesicht, so wie er es vorher schon bemerkt hatte, aber jetzt nach vorn gebeugt. Es verschwand im gleichen Augenblick, als er es entdeckte. Übrig blieb nur sein eigenes Spiegelbild, und er sah sich völlig entgeistert dasitzen, inmitten des endlosen silbrigen Korridors in diesem Spiegel.
»Die andern werd’n später bezahl’n für das, was sie unser’m Freund angetan haben, Seth. Und du musst ihn’n dabei helf’n«, sagte der Junge noch immer gesichtslos aus der Tiefe dieser schwarzen, von einem künstlichen Fell umrahmten Kapuze.
»Nein«, widersprach Seth, während ihn gleichzeitig ein unkontrollierbares Zittern überfiel, als er auf die Tür zukroch. »Nicht mehr. Nie mehr. Ich will das nicht mehr tun.«
Der Junge durchquerte eilig das Zimmer und versperrte die Tür. Seth wimmerte, als ihm der Gestank von verbranntem Fleisch und verkokelter Kleidung in die Nase stieg. »Du wirst die Shafers hier hochbring’n. Du rufst sie an und holst sie ganz schnell her«, sagte der Junge. »Du bist uns was schuldig. Wir ham ’ne Abmachung.«
Hinter ihm und gleichzeitig auch über ihm hörte er ein Geräusch, das alle Farbe aus seinem Gesicht weichen ließ. Ein weit entfernter Windhauch. Er bewegte sich gegen den Uhrzeigersinn unterhalb der Decke des Spiegelzimmers, und inmitten dieses Wirbels war die Andeutung von Schreien zu hören, von zahllosen Stimmen, die in blindem, wahnsinnigem Entsetzen gefangen waren.
»Und mach schnell. Das hier kann nich’ so lang offen steh’n. Sonst geh’n zu viele Dinger raus. Wir woll’n diese Shafer-Drecksäcke doch da reinschmeiß’n, bevor’s wieder zugeht.«
»Ein Feuer? Was meinen Sie damit?«, fragte Mrs. Shafer mit wächsernem Gesicht an der Tür. Dann sah sie weg, in den von Flecken übersäten Flur ihrer Wohnung zum Schlafzimmer, wo ihr Mann noch immer im Bett lag, und schrie: »Ich weiß nicht, was er da redet, Liebling … irgendwas von einem Feuer?«
»Wer ist es denn?«, rief Mr. Shafer mit seinem Südstaatenakzent zurück.
»Es ist … « Mrs. Shafer fiel sein Name nicht ein. »Der Portier von unten!«
»Warte mal einen Moment, ja? Ich muss nur noch … meine Brille finden.« Mr. Shafer klang beschäftigt und atemlos. Offenbar versuchte er mit viel Mühe aus dem Bett zu gelangen.
Die Unterlippe seiner Frau zitterte vor Aufregung, ihre Augen tränten, weil sie aus dem Schlaf gerissen worden war. »Sind Sie sicher?«, fragte sie Seth mit einem Unterton, der einen der hysterischen Anfälle ankündigte, für die sie berüchtigt war.
Seth nickte. »Ich fürchte, ja, Ma’am. Wir müssen Sie evakuieren. Jetzt.« Er musste sie irgendwie aus ihrem Apartment und hinauf in Nummer sechzehn schaffen. Möglichst schnell, ehe jemand hörte oder sah, was er hier tat. Die Wohnung über ihnen war bewohnt, und so laut wie Mrs. Shafer
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