Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
»Wieso?«
»Die Wohnung … verändert alles. Was man da sieht, ist gefährlich. Und … ich weiß nicht, ob jeder … in der Lage ist … sie zu sehen … diese Bilder … « Er sagte es so überzeugend, dass sie zu zittern begann, als würde die grässliche Zeichnung, die unter dem ramponierten Fenster auf dem Boden lag, ihr mit einem Mal Angst einflößen.
Er deutete zur Wand. »Das da ist nichts im Vergleich zu dem, was er gemalt hat. Das ist nur ein Abklatsch. Aber seine Bilder sind … irgendwie verkehrt. Eigentlich unmöglich. Sie verwandeln sich. Sie leben.« Und dann musste er wegsehen, als hätte er nicht genug Kraft, ihre Angst zu ertragen. »Hessen ist noch immer dort. In der Wohnung. Und er ist nicht allein.«
36
Und schließlich war es so weit, dass er die Treppe zu seiner Wohnung im Keller hinabsteigen durfte. Er war entsetzlich müde, sein Kopf, sein Rücken und seine Beine schmerzten. Stephen kam es vor, als wäre seine ganze Existenz eine einzige Ausgeburt der Erschöpfung. Er eilte nach unten, zurück zu seiner Frau. Normalerweise ging er während der Mittagspause für eine halbe Stunde zu ihr, und dann kam er abends nach Ende seiner Schicht wieder.
Stephen war der einzige Mensch, den Janet noch zu Gesicht bekam. Die einzige echte Stimme, die sie zu hören bekam, auch wenn er nicht mehr so gesprächig war wie früher. Die Hausbewohner redeten gern, und sie mochten ihn, weil er gut zuhören konnte und ihnen niemals Schwierigkeiten machte. Diese Taktik war normalerweise von Erfolg gekrönt. Je weniger man redete, umso einfach war das Leben.
Er erreichte den einzigen Teil des Souterrains, der mit Teppich ausgelegt war. Es war der Bereich vor der Tür zu ihrer Wohnung. Hier unten konnte man das Klappern und Dröhnen des Aufzugsmotors hören, es übertönte das leisere Wummern des Heizungskessels. Als er den Job bekommen hatte und sie hier eingezogen waren, hatten sie sich noch gefragt, ob sie diesen konstanten Lärm aushalten würden. Aber wenn er eines gelernt hatte als Chefportier im Barrington House, dann, dass man sich an alles gewöhnen und alles hinnehmen konnte, was nicht zu ändern war.
Als er den Schlüssel ins Schloss steckte, fragte er sich, ob Janet sich wohl immer der Ereignisse bewusst war, die sich um sie herum in diesem Gebäude die ganze Zeit abspielten, oder ob sie die draußen auf der Straße vor ihrer Souterrainwohnung vorbeifahrenden Autos hören konnte. Sie verließ die Wohnung überhaupt nicht mehr, es sei denn, er ging zusammen mit ihr irgendwohin. Aber weiter als eineinhalb Kilometer in jede Himmelsrichtung schaffte sie nicht.
In dem engen Flur, der so vollgestellt war, dass man sich kaum bewegen konnte, zog er seine Schuhe aus. Die Wärme und der Geruch von Janet kamen ihm sofort entgegen. Die Wohnung war nicht mal für eine Person groß genug, geschweige denn für zwei. Aber Janet bewegte sich nicht viel, also kamen sie irgendwie zurecht.
Er streckte den Arm aus und tastete nach dem Lichtschalter neben der Tür zum Wohnzimmer. Die alten Vorhänge und der billige Teppich tauchten die Wohnung in einen orangefarbenen Schein, der sie irgendwie kleiner wirken ließ. Er verbrachte seine Zeit nicht gern hier drinnen und versuchte, abends so schnell wie möglich einzuschlafen. Um dem Elend des Tages zu entgehen.
Er war nicht zum Abendessen heruntergekommen, um den Fernseher für Janet einzuschalten. Heute war einfach zu viel zu tun gewesen. Deshalb hatte Janet die ganze Zeit im Dunkeln gesessen.
Still und regungslos saß sie in ihrem Sessel, in genau der gleichen Position wie am Morgen, als er sie verlassen hatte. Sie trug noch immer ihr rosafarbenes Hauskleid und hatte die karierte Decke über die Beine gelegt.
Er roch Urin.
Sie hatte bestimmt Durst. Das Glas mit dem Strohhalm auf dem kleinen Tischchen neben ihr war leer.
Wenigstens hatte sie keinen Stuhlgang gehabt. Das war am Morgen schon erledigt worden, bevor er hochgegangen war.
Er hätte gern ein Fenster geöffnet, um etwas frische Luft in das kleine Zimmer zu lassen. Durch die Nähe zum Heizungskeller wurde es hier unten manchmal unerträglich warm. Aber das Fenster befand sich direkt hinter Janets Sessel, und er wollte nicht, dass sie Zugluft abbekam.
Er ging in die Küche, die ihn immer an diese Wohnmobile erinnerte, die man in Devon leihen konnte, und machte den Kühlschrank auf. Die Möbel um ihn herum waren alle aus Resopal. Es sah aus wie in einem überdimensionalen Puppenhaus. Was für ein Ort, um sein
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