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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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Umbaumaßnahmen in und an seiner Villa nicht mithalten. Noch während der Bankier darüber nachdachte, ob er sein Domizil aufgeben und sich ein stattlicheres Haus bauen lassen sollte, trafen die nächsten Herren ein. Auch sie waren von der Pracht beeindruckt, mit der Rendlinger seine Gäste empfing. Leutnant von Trepkow murmelte zwar etwas von peinlichen Neureichen, doch tatsächlich hätte er liebend gern sein Adelspatent und seinen Rang beim Militär gegen das Vermögen des Fabrikanten eingetauscht.
    Obwohl Fridolin in Bremen viele Beispiele gediegener Bürgerlichkeit kennengelernt hatte, war auch er beeindruckt. Neid empfand er allerdings nicht, eher den Ansporn, selbst einmal reich genug zu werden, um sich ein ähnliches, aber stilvoller eingerichtetes Palais leisten zu können.
    Rendlinger sog die Reaktion seiner Gäste in sich auf und freute sich sichtlich über das »Kolossal!«, das Rittmeister von Campe von sich gab.
    Der Einzige, der sich der prachtvollen Umgebung zu entziehen schien, war Major von Palkow. Mit kühlem Blick musterte er die Mitglieder ihres exklusiven Zirkels und begrüßte dann den Hausherrn. »Ich danke Ihnen, dass Sie Ihr Heim für diese Zusammenkunft zur Verfügung gestellt haben. In einem so festlichen Rahmen würde sich selbst Seine Königliche Hoheit, Prinz Wilhelm, wohlfühlen.«
    »Wie ich bereits erwähnt habe, war der Prinz schon einmal bei mir zu Gast. Und er war tatsächlich äußerst angetan!«, beeilte Rendlinger sich zu versichern.
    »Ich muss sagen, Sie besitzen ein Haus, mit dem nur die ganz großen Geschlechter unseres Reiches mithalten können. So mancher regierende Fürst aus einem der Kleinstaaten dürfte schlichter wohnen.« Der Sprecher war derjenige, der sich bei ihrer letzten Zusammenkunft über die Höhe der Kaufsumme für die Dampfyacht erregt hatte. Nun versuchte er Rendlinger, der ja Prinz Wilhelm persönlich kannte, um den Bart zu gehen, damit dieser ihn dem Enkel des Kaisers empfahl.
    Emil Dohnke, der aus seiner Heimat weitaus weniger grandiose Bauten gewöhnt war, zupfte Fridolin am Ärmel. »Können Sie mir sagen, wozu ein Mann wie Rendlinger einen solchen Fuchsbau braucht? Soweit ich weiß, leben seine Töchter bei ihren Gatten, und sein Sohn weilt in England. Damit bewohnen doch nur er und seine Gattin diesen Palast.«
    »Seine Gattin lebt in Coburg, da Berlin ihr zu laut und zu groß ist«, antwortete Fridolin leise.
    Emil schluckte. »Dann ist dieser Protz ganz für ihn alleine bestimmt? Der Kasten hier ist doch nur dazu gut, einer Kompanie Hausmädchen Arbeit zu verschaffen.«
    Fridolin konnte keine Antwort mehr geben, da Rendlinger sie nun bat, Platz zu nehmen. Auch wenn kein offizielles Abendessen anberaumt war, ließ der Industrielle verschiedene Delikatessen auftischen, und die Weine, die in Pokalen aus böhmischem Kristallglas ausgeschenkt wurden, zählten zu den teuersten, die es für Geld zu kaufen gab.
    In der Hinsicht war ihr Gastgeber, wie Fridolin fand, noch schlimmer als Grünfelder. Es war, als müssten diese Männer, die aus kleinbürgerlichen Schichten emporgestiegen waren, sich selbst und der Welt beweisen, dass sie sich alles leisten konnten, was ihr Herz begehrte. Auf einmal erinnerte er sich an die Sülze, die Lore ihm vor Jahren in dem alten Jagdhaus ihres Großvaters in Ostpreußen aufgetischt hatte. Jenes Mahl hatte ihm besser gemundet als die von einem gewiss nicht billigen Koch stammenden Spezialitäten.
    In diesem Augenblick ergriff Major von Palkow das Wort. »Ich freue mich, dass alle, die sich unserem Kreis anschließen wollten, heute hier erschienen sind.«
    Er sagte es in einem Ton, als habe er erwartet, der eine oder andere könne seinen Anteil nicht zahlen und hätte sich daher schamerfüllt zurückgezogen. Doch selbst die beiden jungen Offiziere seines früheren Regiments zeigten selbstzufriedene Mienen. Von Campe war es gelungen, die geforderte Summe Schein um Schein von seinen Verwandten zu erbetteln, während Carolines Bruder die Brosche verkauft und mehr dafür bekommen hatte als erhofft.
    Beide zogen nun großtuerisch ihre Brieftaschen und warfen das Geld auf den Tisch.
    Die anderen legten ihre Anteile ebenfalls bereit, wenn auch mit weniger übertriebenen Gesten als die beiden Offiziere. Grünfelder zählte die Scheine und nannte von Palkow die jeweilige Summe, die dieser in ein Heft eintrug. Jeder der Herren erhielt eine Urkunde, die mit einem Phantasiesiegel geschmückt war. Mit ihr wurde die Teilnahme an der

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