Aprilgewitter
mich nach dessen Tod in die Kadettenanstalt schicken, um mir die Möglichkeit zu geben, in meines Vaters Fußstapfen zu treten. Das hat Mama jedoch verhindert. Jetzt ist der Mann froh, dass ich mich wenigstens zum Reserveoffizier hochdienen will.«
»Ich wünsche dir auf jeden Fall Glück. Fall nicht zu oft vom Pferd und breche dir kein Bein!« Ein bisschen Spott konnte Lore sich nicht verkneifen. In ihren Augen benahm ihr Mann sich wie ein kleiner Junge, der ein neues Spielzeug geschenkt bekommen hatte und dies nun unbedingt ausprobieren wollte. »Die Droschke steht schon bereit«, setzte sie noch hinzu.
Fridolin legte einen Arm um sie und zog sie an sich. »Dann sollten wir aufbrechen. Nicht traurig sein! Ich muss doch nur die ersten vier Wochen in der Kaserne bleiben, und danach bin ich Heimschläfer. Dann hast du mich wenigstens in der Nacht wieder, es sei denn, ich muss auf Wache.«
»Paradiert ihr auch Unter den Linden?«, wollte Nathalia wissen.
»Von Zeit zu Zeit!«, antwortete Fridolin.
»Du musst uns sagen, wann es so weit ist. Ich würde nämlich gerne zuschauen.« Nathalias Augen leuchteten bei der Vorstellung, Hunderte Soldaten in Paradeuniformen zu Pferd an sich vorbeiziehen zu sehen. Da fiel ihr noch etwas ein: »Die Fußsoldaten paradieren doch im Gleichschritt. Machen das die Pferde auch?«
An der Frage hatte Fridolin zu kauen, während Lore sich das Lachen nicht verkneifen konnte.
»Wir reiten Kavalleriepferde und keine Zirkusgäule«, erklärte er schließlich und trieb Lore und das naseweise Mädchen mit einer energischen Handbewegung zur Tür hinaus. »Jetzt kommt endlich, sonst glaubt Oberst von Scholten noch, ich wäre bereits vor meinem Eintritt ins Regiment desertiert!«
Lore war froh, dass sie ihm den Rücken zukehren konnte, denn sie musste noch immer über ihren Freizeitsoldaten lachen.
Als sie die wartende Droschke erreichten, hatte sie sich weit genug in der Gewalt, um mit einem hintergründigen Lächeln einsteigen und sich setzen zu können. Nathalia folgte ihr und schwankte kurz, ob sie noch als Kind galt, das Erwachsenen den Vortritt lassen musste, oder als Fräulein, auf das die Herren der Schöpfung Rücksicht zu nehmen hatten. Fridolin nahm ihr die Entscheidung ab und schob sie neben Lore, während er gegen die Fahrtrichtung Platz nahm.
»So, jetzt kannst du richtig schauen! Darum ging es dir doch, nicht wahr?« Den Zusatz »du kleine Nervensäge« verkniff Fridolin sich, denn im Grunde war er froh über Nathalias Anwesenheit. Auch wenn das Mädchen recht anstrengend war, hatte seine Frau in den nächsten Wochen jemand, der dafür sorgen würde, dass sie nicht in Trübsal verfiel. Da Caroline von Trepkow sich noch immer in sich selbst zurückzog, weil sie mit dem Tod ihrer Mutter nicht zurechtkam, hätte er Lore ungern mit ihr allein gelassen.
Der Droschkenkutscher bemerkte Fridolins noch ganz neue Uniform und wusste Bescheid. Ohne dass dieser ihm das Fahrziel nennen musste, ließ er die Pferde antraben und fuhr die Turmstraße entlang, bis er über die Rathenower Straße und die Seydlitzstraße die Kaserne des Zweiten Garde-Ulanen-Regiments erreichte.
Vor der Kaserne verabschiedete Fridolin sich von Lore und Nathalia und wandte sich dem prachtvollen Bau zu, der die Größe und die Herrlichkeit des neuen Reiches zum Ausdruck brachte. Am Tor präsentierten die Schildwachen die Waffen, als stünde ein General vor ihnen und kein lumpiger Fähnrich, der bislang noch keinen Schuss Pulver gerochen hatte.
Auf dem Hof wurde Fridolin von einem Wachtmeister in Empfang genommen. »Bitte zu hören, ob der Herr Fähnrich der Neue ist?«
»Fridolin von Trettin, wenn es genehm ist!« So ganz hatte Fridolin sich noch nicht mit den militärischen Begebenheiten vertraut gemacht, so wusste er nicht recht, was für eine Antwort erwartet wurde.
Der Unteroffizier musterte ihn mit schräg gelegtem Kopf und schien unschlüssig. »Bitte erfahren zu dürfen, ob Herr Fähnrich Sohn ist von Major von Trettin oder nur einer von diesen jungen Studenten, die wollen Offizier spielen?«
Mit der Grammatik steht der Gute ja arg auf Kriegsfuß, fuhr es Fridolin durch den Kopf. Trotzdem antwortete er freundlich. »Major Joachim von Trettin war mein Vater. Er ist beim Sturm auf die Düppeler Schanzen in Schleswig gefallen.«
»Bin dabei gewesen! Krysztof Kowalczyk, wenn Herr Fähnrich sich erinnern wollen. War damals Bursche bei Herrn Major. Habe für Herrn Fähnrich, als er klein gewest, Pferdchen
Weitere Kostenlose Bücher