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Arabische Nächte

Arabische Nächte

Titel: Arabische Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Parker
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umzupflügen.«
    Als der Butler zum Eingang marschierte, sprang der Postillion von seinem Hochsitz.
    »Croesus Hall!«, rief der Kutscher in einem Ton, der eher in den Hof einer Mietskaserne gepasst hätte. »Eine Minute Halt! Ein Passagier steigt aus«, setzte er hinzu, während er den Wagenschlag öffnete und den Tritt herunterklappte.
    »Himmel!« Cynara hüpfte auf und nieder. »Ich wette, das ist siel«
    Laurel platzte, erregt von dieser Möglichkeit, heraus: »Unerhört! Unsere neue Stiefmutter kommt in einer Postkutsche nach Croesus Hall!«
    Als die Passagiere nacheinander in die kalte Morgenluft traten, drückten sich die fünf Schwestern an die Fensterscheiben, um besser sehen zu können.
    »Ist sie das?«, fragte Cynara ungeduldig, als sie durch die Spitzenvorhänge eine Frau in mittleren Jahren erspähte.
    »Ich kann es nicht wissen, ehe sie sich uns nicht präsentiert«, antwortete Hyacinthe. Aber auch sie hatte die Frau in braunem Serge, deren Gesicht breit und reizlos unter dem Hut hervorlugte, einer genauen Musterung unterzogen.
    »Sie ist nicht braun wie eine Inderin«, bemerkte Cynara.
    »Wie eine Dame sieht sie wohl kaum aus«, dachte Alyssum laut.
    »Man kann davon ausgehen, dass Indien kein Boden für reizvolle Weiblichkeit ist«, murmelte Laurel befriedigt. »Wir müssen uns auf irgendein sonderbares Exemplar gefasst machen.«
    Von den anderen Mitreisenden kam niemand auch nur annähernd in Betracht. Zwei waren männlichen Geschlechts, ein Farmer und ein Offizier. Der vierte und letzte Passagier war eine junge Frau, die dem Offizier, der ihr beim Aussteigen Hilfe anbot, kaum bis zur Schulter reichte. Sie trug einen schwarzen Hut und ein antiquiertes Kleidungsstück aus Schaffell, das aussah, als hätte ein Hirte es gegen die Winterkälte auf der Heide zusammengestichelt.
    Zwei kleine Reisetaschen und ein übergroßer Koffer wurden hinten losgeschnallt und in rascher Folge abgestellt. Ähnlich barsch wie vorhin forderte der Postillion die Passagiere zum Einsteigen auf. Abgesehen von der jungen Dame im Schafspelz folgten alle der Anweisung.
    »Ist s-sie das?«, fragte Peony, auf Zehenspitzen hinter den größeren Schwestern tänzelnd.
    »Sicher nicht!«, ließ Alyssum sich zweifelnd vernehmen.
    »Aber sie ist jung!«, rief Laurel verwirrt aus. »Auffallend jung!«
    »Sogar jünger als ...«, setzte Cynara an.
    Hyacinthe schwieg still, doch war ihr ihre Meinung an der Miene abzulesen. Ihre vor Staunen runden Augen starrten auf das grässliche Geschöpf, das mit freundlichem Lächeln Bersham entgegenging, in der Hand eine Reisetasche mit dem Emblem der Shrewsburys!
    »Gleich kommt Ufton Nervet, Ma'am.« Der Sprecher, ein junger Offizier, neigte den Kopf zum Fenster der Postkutsche. »Croesus Hall liegt auf der anderen Seite ganz in der Nähe.« Als Japonica aufblickte, zwinkerte er ihr zu. »Sie treten dort wohl Ihren Dienst an? Als Gouvernante etwa?«
    Japonica drehte den Kopf und ignorierte seine übertriebene Jovialität, so wie sie seine Versuche, sie ins Gespräch zu ziehen, nicht beachtet hatte. Bestimmt war der Kutscher von ihm bestochen worden, damit dieser ihm ihr Ziel verriet. Den Grund für die Fahrt konnte er indes nicht in Erfahrung bringen, da sie diesen niemandem anvertraut hatte. Ein Gutsbesitzer und eine Frau als drittes und viertes Mitglied der Gruppe hatten kein Wort mit ihr gewechselt, was ihr sehr recht war. Sie sah keinen Grund, sich der Welt als Viscountess zu präsentieren, da sie eigentlich die Absicht hatte, auf den Titel zu verzichten.
    Als sie den ledernen Vorhang der Kutsche verschob, fielen ihr Ortsbewohner auf, die so dick vermummt waren, als seien sie Stoffballen. Viele blieben stehen, um der vorüberrumpelnden Kutsche nachzuschauen. Sie wiederum beobachtete die Menschen, bis ihr Atem die Scheibe beschlug und ihr die Sicht nahm. Die erstaunlichste Entdeckung ihrer Reise war bis jetzt das Klima.
    Als die Kutsche vor zwei Abenden für die Nacht an einer Poststation angehalten hatte, war sie hinausgetreten, mitten in die winzigen weißen Lichtpünktchen, die silbern vom nächtlichen Himmel rieselten. Zwar hatte sie von Schnee gehört, aber diesen noch nie zuvor gesehen, so dass sie voller Entzücken umhertanzte und versuchte, ein paar Flocken aufzufangen. Die Kälte verlor jedoch rasch jegliche Faszination für sie.
    In einem Klima geboren und herangewachsen, in dem das ganze Jahr über Blumen blühten, und es als einzigen Wechsel Trockenzeit und Monsun gab, wurde die

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