ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
sich wieder auf die Bank und wartete … und wartete.
Als Ren schließlich sprach, klang er für ihre hellhörigen Ohren beinahe nervös. »Ich hoffe, dass wie gewöhnlich alles glattgegangen ist, hmm? Ihr seid rein, raus und wieder hierher zurück, nicht wahr?«
»Ja. Ich –« Er fiel ihr ins Wort, bevor sie weiterreden konnte.
»Habt Ihr mit ihm über den Attentatsplan gesprochen?« Ren schlenderte um seinen Arbeitstisch herum und nahm seinen Sitz wieder ein.
»Nein, die –«
»Gut«, unterbrach er sie ein weiteres Mal. »Es wäre mir nämlich sehr unangenehm, wenn wir ihn aufgeregt hätten, oder wenn er dächte, dass wir ihm hinterherspionieren – obwohl ich bezweifle, dass es ihm etwas ausmachen würde. Ich bin sicher, er hätte Verständnis dafür, dass wir Informationen sammeln, wann immer wir können. Ich hoffe, Ihr konntet den Meuchelmördern Einhalt gebieten oder aufdecken, dass das Gerücht, welches ich Euch zu untersuchen auftrug, nur ein Gerücht ist.«
Aralorn trommelte mit den Fingern auf der Armlehne der Sitzbank und betrachtete Ren. Sein endloses Geschwafel störte sie nicht, das war sie gewohnt. Er hatte ihr einmal verraten, dass er die Leute mit seiner Weitschweifigkeit abzulenken pflegte und sie dann Dinge sagten, die sie normalerweise nicht gesagt hätten – nur, damit er endlich den Mund hielt. Gelegentlich wendete Aralorn diese Technik selbst an und fand sie immer ausgesprochen effektiv.
Was sie allerdings durchaus störte, war, dass er ihr heute überhaupt nicht zuhörte. Für gewöhnlich lauschte Ren sehr aufmerksam allem, was sie sagte, und quetschte sie dann stundenlang darüber aus, was sie gesehen und gehört hatte. Es sah ihm überhaupt nicht ähnlich, jemanden vom Reden abzuhalten. Er unterbrach seine Leute nicht, niemals …
Rens wache, dunkle, irgendwie perlenartige Augen wanderten unstet hin und her. Sie hatte ihn noch nie so angespannt gesehen. Deshalb dauerte es eine Weile, bis sie die Gefühlsregung, die seinem Gesicht einen leichten Rotton verlieh, einzuordnen verstand. Keine Frage: Ren schämte sich, dass er sie losgeschickt hatte, den ae’Magi auszuspionieren – der gleiche Ren, der sie einmal mit demselben Auftrag auf seinen eigenen Bruder angesetzt hatte.
Sie ließ sich ihre Verwunderung nicht anmerken; wollte nicht auf ihre Intuition hören, die ihr sagte, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Sie würde ihren Bericht nicht mit mehr als den üblichen Lügen ausschmücken: Nicht einmal Ren wusste, dass sie ihre Gestalt verändern konnte. Gestaltwandler benutzten wilde Magie – und dies war eine Welt, die gelernt hatte, eine Magie, die ohne strenge Beschränkungen angewandt wurde, zu fürchten.
Aralorn wollte das Unbehagen, das Rens ungewöhnliches Verhalten bei ihr hervorrief, ignorieren – doch sie konnte es nicht. Während Visionen von willenlosen Menschen im Ballsaal des ae’Magi durch ihren Kopf spukten, senkte sie den Blick und wartete ab.
Sie hatte noch nie irgendjemanden etwas gegen den ae’Magi sagen hören – bis auf Wolf. Die Leute, die der ae’Magi dazu gebracht hatte, sich für seine Magie aufzuopfern, waren aus freien Stücken gekommen. Nur Wolf wusste, was er wirklich war – und er hatte ihr nichts gesagt, ehe er nicht sicher sein konnte, dass sie begriffen hatte, in was sie da hineingeraten war.
Während Ren also redete und redete, überlegte sie sich sorgfältig, was sie ihm erzählen würde, wartete geduldig, während er von Hölzchen auf Stöckchen kam, bis er sich endlich nach den Einzelheiten ihrer Mission erkundigte.
Aralorn gab ihm eine knappe Schilderung ihrer Vorgehensweise, wie sie in die Burg hineingekommen war – eine erlogene selbstredend. Eines Tages würde Ren herausfinden, wie schlecht sie im Knacken von Eisenschlössern war, und entsetzlich enttäuscht von ihr sein.
Ren musste über den ae’Magi Bescheid wissen, aber irgendwie hörte Aralorn sich selbst nun lang und breit über die vielen Staatsoberhäupter auf dem Ball des Erzmagiers plappern und nur allzu bereitwillig in jedes Detail eingehen, wann immer Ren dies erbat. Offensichtlich schlug ihm bloß die Bespitzelung des ae’Magi auf den Magen – ansonsten wollte er alles andere wissen. Er besaß die einmalige Gabe, noch aus der allergeringsten Kleinigkeit die erstaunlichsten Schlussfolgerungen zu ziehen.
»Er trug eine rote Pelerine?«, fragte er, nachdem Aralorn beschrieben hatte, in welcher Aufmachung einer der Halbprinzen von Anthran auf dem Ball erschienen
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