ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
war. »Das war ein Geschenk vom Gemahl seiner Schwester – das könnte darauf hindeuten, dass zwischen ihren beiden Reichen wieder Friedensgespräche im Gange sind. Das hieße, dass wir unsere Truppen dort abziehen und woanders einsetzen könnten.«
Als er sie nach Myr fragte, wich sie aus, sagte nur, dass sie ihn mit dem ae’Magi im Gespräch gesehen hatte, aber zu weit weg gewesen war, um etwas zu verstehen. Wenn sie herausgefunden hatte, wieso der Meisterspion sich so untypisch benahm, war immer noch Zeit, ihn über das interessante Talent des jungen Königs zu informieren.
Um ihn von Myr abzulenken, kam Aralorn wieder auf den Hauptgrund ihres Auftrags zurück und sagte vorsichtig: »Ich konnte nichts über einen Attentatsplan in Erfahrung bringen. Wenn es also ein Komplott gibt, dann hat es seinen Ursprung nicht im Innern der Burg. Und ich hatte den Eindruck, dass der ae’Magi durchaus in der Lage wäre, mit einer solchen Bedrohung gegebenenfalls auch ohne Eure Hilfe fertig zu werden.«
Sie hielt einen Augenblick inne, um sich die Zeit zu geben, die richtigen Worte zu wählen. »Ich habe die Mission frühzeitig beendet, ich weiß. Aber ich hab mich so unbehaglich gefühlt.« Unbehaglich war wohl zutreffend – unbehaglich genug jedenfalls, um sich auf dem Boden dieses Käfigs zu einem zitternden Etwas zusammenzurollen. »Ich dachte, ich mach besser, dass ich wegkomme, bevor er noch rauskriegt, wer ich bin. Wenn sich das rumsprechen würde, dass Sianim den ae’Magi bespitzelt, hätten wir bei der halben Welt verspielt.«
»Äh, ja, ich verstehe.« Ren nickte und griff nach einem anderen Buch – seine übliche Art und Weise, eine Unterredung für beendet zu erklären.
Falls sie noch irgendeine Bestätigung gebraucht hätte, dass hier irgendwas entschieden faul war, dann hatte sie sie jetzt. Ren würde niemals, niemals »Unbehaglichkeit« als Grund dafür akzeptieren, einen Einsatz vorzeitig abzubrechen, ohne diese vage Erklärung gründlichst auseinanderzupflücken. Unglücklich und ratlos, was sie nun tun sollte, verließ Aralorn den Raum.
Als er wieder allein war, legte Ren sein Buch beiseite und rieb sich höchst zufrieden die Hände. Wenn diese kleine Vorstellung Aralorn nicht ins Grübeln brachte, was dann? Er wollte, dass sie zweiflerisch war, aber auch auf der Hut.
Er hatte von Anfang an so ein Gefühl bei ihr gehabt – zu oft war sie mit heiler Haut aus Situationen herausgekommen, die eigentlich tödlich hätten ausgehen müssen – und dann diese Augen. Er hatte diese Augenfarbe schon einmal gesehen. Er besaß zwar Zauberer, die für ihn arbeiteten, doch die hatten ihm nicht viel genützt. Schließlich war der ae’Magi dazu da, Magier zu kontrollieren.
Aralorn war auf direktem Wege zu ihm gekommen, und sie war vollkommen verängstigt – was allerdings, wie er sich selbst schmeicheln durfte, außer ihm niemand bemerkt hätte.
Er konnte es sich nicht leisten, die Karten auf den Tisch zu legen und sie zu warnen. Der ae’Magi besaß seine ganz eigenen Möglichkeiten, Dinge zu erfahren, und wenn der Erzmagier auf jemanden ein wachsames Auge hatte, dann auf den Meisterspion von Sianim.
Ren strich sich über die Brust, spürte das Amulett, das er an einem Lederriemen trug. Das Geschenk eines Freundes, um jegliche Magie, die auf seinen Träger gerichtet wurde, zu bannen. Doch es stammte noch aus der Zeit der alten Magierkriege, und es war, wie sein Freund ihm erklärt hatte, unwahrscheinlich, dass es noch immer die Kraft besaß, einen exakt auf ihn gelenkten Zauber abzuwehren. Es war als Rarität weitergegeben worden – von einem Sammler an den anderen.
Obwohl er sich nach wie vor nicht sicher war, dass es funktionierte, trug er es in den letzten Monaten Tag und Nacht. Bis jetzt sah es so als, als wäre er gegen die seltsame Inbrunst gefeit, die von den meisten Leuten Besitz ergriffen hatte, denen er Meldung machte, wenn er es für erforderlich hielt. Nachdenklich strich er sich ein weiteres Mal über die Brust. Er machte sich ernsthafte Sorgen, auch wenn seine Mutter ihm beigebracht hatte, dass Sorgen niemandem was nützten.
Wenn Aralorns Schritte leise waren, so weniger aus Absicht, denn aus Gewohnheit: Sie war tief in Gedanken versunken, als sie die kopfsteingepflasterte Straße hinunterging. Geistesabwesend winkte sie Bekannten zu, doch sie blieb nicht stehen, um mit ihnen zu plaudern. Sie fröstelte ein bisschen, obwohl es warm draußen war. Wieso verhielt sich Ren, als hätte er dem
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