ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
hab ich nicht mehr getan, als ihm mit meinem Rat beiseite zu stehen und ein paar Zauber zu blocken, die sonst zu folgenschweren Unfällen hätten führen können.«
»Unfälle wie eine sich aus heiterem Himmel überschlagende Kutsche«, bemerkte Aralorn eingedenk Myrs Eltern.
Wolf nickte. »Oder der verirrte Bolzen eines Armbrustschützen, Dinge, gegen die auch Immunität gegen Magie nicht schützt. Ich weiß nicht, ob ich letzten Endes sonderlich hilfreich gewesen bin. Der letzte Anschlag, den der ae’Magi auf Myr verübt hat, war schon subtiler. Hast du gehört, was passiert ist?«
Aralorn schüttelte den Kopf. »Das einzige Mal, dass ich überhaupt was davon mitgekriegt hab, war da draußen in der Herberge, als zwei Kuriere aus der Hauptstadt angeritten kamen und irgendeinen Mumpitz in die Welt hinausgekräht haben. Von wegen Myr wäre aus lauter Gram wahnsinnig geworden und hätte seine eigenen Männer attackiert.«
Wolf schnaubte verächtlich. »Myr befand sich in seinem privaten Palasthof, als er von einem Elementar angegriffen wurde – ein Glück für Myr, beruhen doch die meisten Schadensfähigkeiten eines Elementars auf Magie.« Möglicherweise, so dachte Aralorn, hatte sie demnach den ae’Magi doch davon überzeugen können, dass Myr nicht gegen Magie gefeit war. Vielleicht aber hatte der Erzmagier auch nur die Probe aufs Exempel machen wollen.
Wolf fuhr mit seinem Bericht fort. »Die beiden veranstalteten so ein Getöse, dass ich sofort rausgerannt bin, um nach dem Rechten zu sehen. Ich glaube, Myr hätte auch gewonnen, wenn ich nicht zugegen gewesen wäre.« Wolf zuckte die Achseln. »Wie dem auch sei, als er tot war, verwandelte sich der Dämon in eine weit irdischere Kreatur – in eine von Myrs persönlichen Wachen: Wir standen immer noch über dem Leichnam, als der größte Teil der Schlosswache in den Hof gestürmt kam. Sie griffen uns ohne Vorwarnung an, doch wir schafften es zu fliehen. Seitdem sind wir hier.«
»Und wie geht’s jetzt weiter?«, fragte Aralorn, während sie Bilder in den Schmutz neben den Schlafdecken malte.
Wolf gab einen Laut von sich, der entfernt einem Lachen ähnelte. »Jetzt versucht Myr händeringend, dieses Lager winterfest zu machen, und ich versuche, einen Weg zu finden, wie ich etwas gegen den ae’Magi unternehmen kann.« Er machte eine Pause, dann sagte er in einem Tonfall, der vor Enttäuschung nur so troff: »Es ist nicht so, dass ich nicht die Macht dazu hätte. Ich bin einfach nur aus der Übung. Das meiste von dem wenigen, das ich beherrsche, hab ich mir selbst beigebracht, und das ist nicht genug. Wenn ich auch nur einen einzigen alten Magier finden könnte, der nicht von ihm korrumpiert wurde, dann sollte sich schon was auftreiben lassen, das man gegen ihn einsetzen könnte. Stattdessen muss ich mich durch Stapel von Büchern arbeiten, die möglicherweise ganz und gar unbrauchbar sind.«
»Ich helf dir mit den Büchern«, bot Aralorn an. Hatte er denn gar keine Angst vor der Macht? Vor einem Magier, der stark genug war, ganz Sianim zu seinem persönlichen Tempel der Verehrung zu machen? »Aber es ist der ae’Magi, mit dem du es aufnehmen willst, Wolf. Nicht irgendeine dahergelaufene Feld-Wald-und-Wiesen-Kräuterhexe.«
Er ignorierte ihren Einwand. Stattdessen sagte er: »Wenn ich schon die verstaubten alten Folianten durchackern muss, kannst du genauso gut mit mir leiden.« Er wollte sie necken, das konnte sie am Ton seiner Stimme erkennen. Er wusste genau, sie würde jeden der von der Zeit gezeichneten Wälzer mit der Besessenheit eines Fanatikers verschlingen – sie liebte alte Bücher. »Wie viele Sprachen kannst du lesen? Ich hörte, du beherrschst drei oder vier?«
Aralorn zuckte die Achseln. »Einschließlich Dialekten? Zehn, vielleicht zwölf. Manchmal kann ich mir das Wesentliche mittels einer verwandten Sprache erschließen. Vater hat allergrößten Wert darauf gelegt – er ist bei einer Schlacht mal in eine ziemlich verzwickte Lage geraten, als er versucht hat, eine Kapitulation auszuhandeln, und die einzige Person, die beide Sprachen sprach, lag dahingestreckt auf dem Feld der Ehre. Also hat er uns schon im Kindesalter Sprachen lernen lassen. Als ich nach Sianim kam, kamen noch viele andere dazu. Etwas sehr Altes dürfte allerdings in der Sprache der Urahnen verfasst worden sein. Aber egal, ich wühle mich schon irgendwie durch.«
Er grinste sie wölfisch an. »Und da sagen die Leute immer, dass das Sammeln von Volkserzählungen ein
Weitere Kostenlose Bücher