ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
hättet den Drachen eigentlich töten müssen.«
Aralorn lachte, hüpfte auf die Beine und zerzauste dem Jungen im Vorbeigehen das Haar. »Es gibt noch ein anderes Ende für diese Geschichte. Ich werd’s dir später mal erzählen. Aber jetzt lauf, ich glaube, da hat uns jemand zum Essen gerufen.«
Nachdem Aralorn den letzten Rest von ihrem Brot mit Käse, das das Mittagsmahl darstellte, vertilgt hatte, berührte Wolf sie leicht an der Schulter. Sie wischte sich die Hände ab und folgte ihm ohne ein Wort. Sie verließen das Lager und erklommen eine der Talflanken. Als sie oben angelangt waren, setzten sie ihren Weg auf einem behelfsmäßigen Pfad durch die Bäume fort. Er endete vor einem schroffen Abhang mit mehreren dunklen Öffnungen, darunter eine große, nicht sehr tief wirkende Höhle.
Wolf ging an ihr vorbei und führte sie in eine schmalere Öffnung zwanzig Schritte weiter. Als er den dunklen Gang betrat, begannen die Kristalle an seinem Stab ein blassblaues Licht zu verströmen. Bis jetzt war Aralorn gar nicht aufgefallen, dass er seinen Stab dabei hatte, aber solche Mysterien gehörten, wie sie annahm, bei einem Magier, der etwas auf sich hielt, wohl dazu … oder vielleicht auch einfach nur bei Wolf.
»Diese Höhlen böten doch weit besseren Unterschlupf als die Zelte. Wieso benutzt ihr die nicht?«
Wolf winkte sie zu einem kleinen Abzweig und hielt sie dann am Arm zurück. Er neigte seinen Stab, bis sie erkennen konnte, dass sich direkt vor ihr ein finsteres Loch im Boden befand. »Abgesehen von dem Problem, sie zu erleuchten – was durchaus zu lösen wäre –, gibt es hier etliche dieser Schächte. Dieser hier ist schon mal tief genug, um jemanden zu töten, und ein paar von diesen Löchern sind noch wesentlich tiefer. Wenn keine Kinder dabei wären, könnte man es unter Umständen riskieren, aber Kinder am Herumstromern zu hindern ist praktisch so gut wie unmöglich. Wir lagern einen großen Teil der Vorräte in einigen Höhlen nahe der Oberfläche, und von einem Abschnitt, der von dem Haupthöhlensystem einigermaßen isoliert ist, hab ich Myr eine Karte gezeichnet. Falls es notwendig werden sollte, von den Zelten in die Höhlen umzuziehen, können wir das. Aber im Tal ist es sicherer.«
Aralorn schaute in den schwarzen Schlund vor ihr hinab und nickte. Auch den weiteren Weg durch die Höhlen hielt sie sich immer dicht hinter Wolf.
Schließlich gelangten sie in eine ausgedehnte Kammer, die er mit einer knappen Handbewegung erhellte. Sie war gut und gerne so geräumig wie der große Saal in der Burg des ae’Magi. In die rauen Steinwände waren Regale gehauen worden, vollständig mit Büchern gefüllt. Weitere Regale aus Holz waren mit noch mehr Büchern vollgepackt und zu langen Reihen angeordnet mit lediglich einem schmalen Gang zwischen ihnen. Hier und da warteten behutsam aufgetürmte Stapel von Wälzern darauf, Platz in den überfüllten Gestellen zu finden.
Aralorn stieß einen leisen Pfiff aus. »Und ich dachte, Rens Bibliothek wäre beeindruckend. Wollen wir die alle lesen?«
Wolf zuckte die Achseln. »Schätze ja, es sei denn, wir finden vorher etwas Verwertbares.« Während er sprach, führte er sie durch einen der schmalen Gänge zwischen den Regalen zu einem freien Bereich, der von einem einfachen Tisch eingenommen wurde. Ein Sortiment aus Federkielen, Papier und Tinte befand sich darauf und an jeder seiner Längsseiten eine kleine, gepolsterte Sitzbank.
Aralorn schaute sich um und fragte: »Wo soll ich anfangen?«
»Ich übernehme die Zauberbücher. Ich weiß, für gewöhnlich kannst du erkennen, ob es sich um etwas Magisches handelt, aber lass mich zu deiner eigenen Sicherheit einen Blick auf die Bücher werfen, bevor du sie öffnest. Es gibt Zauber, die das Vorhandensein von Magie verbergen, und einige der Zauberbücher sind mit Fallen gesichert, die man aus Unachtsamkeit leicht übersieht. Ich würde es vorziehen, keine kostbare Zeit mit deiner Wiederbelebung verbringen zu müssen.«
» Kannst du denn Menschen wiederbeleben?« Sie bemühte sich, lediglich verhalten neugierig zu klingen, obwohl sie noch nie davon gehört hatte, dass so etwas tatsächlich jemals geschehen war. Aber Wolf hatte dies alles hier von irgendwo hergeschafft, genauso wie er diesen Händler und die Vorräte vom einen Ort zum anderen befördert hatte. Sie war durchaus bereit zu glauben, dass er auch Menschen aus dem Reich der Toten zurückholen konnte.
»Besser, wir finden es nicht heraus«, entgegnete
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