Aratani
unter seinem Kopfkissen hervor.
Dann ging er noch einmal hinüber zum Haus. Lark war nirgends zu sehen und
Marela war in der Küche gerade fertig geworden. Er trat hinter sie, umfasste
sanft ihre Schultern, und sagte leise:
"Marela, ich hab hier etwas für Dich, ein kleines Andenken, ich
habe es selbst gemacht, Tilgrem hat mir ein wenig geholfen."
Dabei baumelte er mit dem bunten Säckchen vor ihrer Nase herum. Marela
streckte ihre Hand danach aus, aber Aran zuckte mit der Hand zurück, so dass
ihre Finger ins Leere griffen. "Was ist es? Gib schon her!", lachte
sie. Ein, zwei weitere Male ließ Aran sie in die Luft greifen. Dann drehte er
Marela zu sich herum, ergriff ihre Hand und legte das Geschenk in ihre
Handfläche. Beide inzwischen vom Lachen außer Atem, sahen zu, wie Marela das
Beutelchen aufband und ein kleines zierliches Schmuckstück, welches an einem
Lederband befestigt war, herausholte. Staunend betrachtete Marela das Geschenk.
Der Anhänger stellte einen großen Kreis dar, mit Zacken oder Strahlen, wie die
Sonne sie hatte, in der Mitte der Sonne war ein Phönix mit ausgebreiteten
Flügeln eingelassen, der sie geradezu anzulächeln schien.
"Du weißt ja, wen das darstellt. Ich glaube an die Macht von Isuryon
und bete schon mein Leben lang zu ihm. Er wird mich führen und
beschützen.", sagte Aran. "Ich möchte, dass er auch Dir nahe ist, Dir
Glück bringt und Dich an mich erinnert."
Marela war wie gelähmt vor Ehrfurcht über dieses Geschenk. "Es ist
wunderschön", hauchte sie und bat Aran darum, ihr den Schmuck anzulegen.
"Ich habe noch nie ein Geschenk bekommen, das mir mehr bedeutet hat."
Mit diesen Worten konnte sie sich nicht mehr beherrschen, sie musste ihn
einfach ein einziges Mal küssen. Sie griff nach seinem starken Hals, zog ihn zu
sich herunter, und verschloss mit ihren vollen, sanften Lippen seinen heißen
Mund, bevor er auch nur ein Wort sagen konnte. Aran erwiderte nach anfänglichem
Zögern die Berührung. Als er ihre Zungenspitze zwischen seinen Zähnen spürte,
öffnete er den Mund, umarmte sie heftig und küsste sie lange und
leidenschaftlich. Beharrlich umkreisten sich ihre Zungen und erkundeten sich.
Immer heftiger wurden ihre Umarmungen. Die Erregung übermannte sie mit aller
aufgestauter Heftigkeit und beide bemerkten es nicht, als Lark an der offenen
Tür vorbeiging und einen Blick zu ihnen in die Küche warf. Die Zeit schien
still zu stehen und die Unendlichkeit von ihnen Besitz ergriffen zu haben. Erst
als Aran die Beklemmungen in seinen Beinkleidern nicht mehr aushielt, löste er
sich sanft von Marela. Er hatte dieses unendlich warme und weiche Gefühl
genauso genossen wie sie und versuchte, nicht an Kirana zu denken.
Aran streckte seine Hand aus und fuhr sanft über Marelas gerötete Wangen.
"Auf Wiedersehen", waren die einzigen Worte, die er mit einem
letzten Blick zärtlich herausbrachte, bevor beide ihre jeweilige Schlafstätte
aufsuchen wollten.
6. Kiranas Aufbruch
Es war bereits später Vormittag. Kirana saß noch immer wie erstarrt auf
den schweren Holzstühlen. Nachdem Aran aufgebrochen war, hatte sie ihren Tränen
freien Lauf gelassen. Sie dachte besorgt an seinen hastigen Aufbruch. Kaum hatte
sie Zeit gehabt, ihm genügend Sachen einzupacken und jetzt ärgerte sie sich,
dass sie sogar vergessen hatte, die selbst hergestellte Heilsalbe in seinen
Reisesack zu legen. Sie konnte nur beten, dass er unterwegs keine Verletzung
davontrug. Wenn dies doch der Fall wäre, würden ihm sicher andere Reisende
helfen. So hoffte sie jedenfalls.
Ihr Kopf fühlte sich an wie matschiges Obst. Kein Geräusch drang zu ihr
durch. Keinen Blick hatte sie für ihre Umgebung. Sie musste sich unbedingt
zusammenreißen. Sie konnte Aran damit nicht helfen, wenn sie hier saß und Trübsal
blies. Noch immer spürte sie seinen letzten Kuss. Sanft berührte sie mit den
Fingerspitzen ihre Lippen. Kirana wischte sich die letzten Tränen aus dem
Gesicht, erhob sich, streckte ihre steif gewordenen Glieder und ging ins Haus.
Sie wollte sich einen Tee zubereiten und eine Kleinigkeit essen. Am Nachmittag
würde sie einen Plan aufstellen, wie sie vorgehen würde. Was hatte Aran gesagt?
Sie soll hierbleiben und die Bewohner der Nachbarschaft befragen, ob sie
irgendeine Beobachtung gemacht hätten. Das Amulett hatte er hiergelassen und
Kirana beschloss, ohne zu wissen, dass Aran den gleichen Gedanken umgesetzt
hatte, eine Zeichnung davon anzufertigen, bevor sie sich auf den Weg
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