Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
auch Öl, Soja, Malz oder Möhren und den für das jeweilige Brot geeigneten Hefe- oder Sauerteigkulturen wird zuerst ein Teig geknetet. Je nach Größe der Bäckerei werden dazu heute Spiralkneter und verschiedene große Kessel mit mechanischen Knethaken für hundert oder mehr Kilogramm Teig verwendet, die von kräftigen Elektromotoren angetrieben werden.
In kleinen traditionellen Bäckereien, wie man sie vereinzelt noch in manchen Wohnvierteln findet, wird das regional hergestellte Mehl, heute oft auch eine vorgefertigte Mehlmischung, in Säcken angeliefert. In Großbäckereien kommt es per Tanklastzug an, dessen Ladung in Silos geblasen und von dort per Rohrleitung in die eigentliche Bäckerei transportiert wird. Mittelgroße Betriebe, von denen manche ihr Korn sogar noch selbst mahlen, haben Teile solcher Großanlagen, die Mühlen, Silos und Teigkneter, quasi in Miniaturausführung installiert.
Bevor das Brot in die Backformen gelangt, unterscheidet sich die Automatisierung der Brotproduktion vor allem in ihrer Größenskalierung zwischen großen Backfabriken und Bäckereien, die wenige tausend Brote am Tag backen. Die großen Rührkessel für den Teig sind fahrbar, sie werden auf Rädern zwischen den Arbeitsstationen bewegt. Digitale Waagen an den Plätzen, wo Zutaten – etwa das Mehl aus dem Zwischenlagersilo – in die Rührkessel gefüllt werden, erlauben eine präzise Einhaltung der Rezepte. Ablauf- und Rezeptpläne und natürlich die Vorgabe durch die Brotbestellungen geben die Arbeitsschritte der Bäcker vor.
Ist der Teig einmal angerührt, muß er je nach Rezept und Gärzutat noch eine gewisse Zeit gehen. In Industriebäckereien ist das die Aufgabe eines spezialisierten Bäckers: des Teigmachers. Dazu werden die Teigkessel mit dicken Leinentüchern abgedeckt und in einen Raum mit der optimalen Gärtemperatur gefahren. Beim traditionellen Sauerteig, einem Gemisch aus Wasser und Roggenmehl, kann der Gärvorgang viele Stunden mit verschiedenen Zwischenschritten zur »Nachfütterung« des Teigs mit Mehl dauern. Bei industriellen Schnellhefen und auf kurze Prozeßzeiten optimierten Enzymmischungen geht das deutlich schneller. Bei einigen Brotsorten wird der Teig auch schon direkt nach dem Anrühren in die Kastenformen gefüllt, in denen die Brote später gebacken werden. Sie gehen also in den Formen oder auf den Backblechen auf.
Beim Einfüllen des Teigs in die Backformen für Kastenbrote ebenso wie beim Auflegen der Laibe auf die Backbleche für runde Brote werden schnell die verschiedenen Automatisierungsniveaus zwischen traditionellen Bäckereien und Großbäckereien deutlich: Der traditionelle Bäcker unten an der Straße formt den Brotlaib per Hand auf dem Backtisch. In einer mittelgroßen Bäckerei wird der Teigkessel mit einem Hebegestell hochgehievt und in einen großen Trichter entleert. Unter dem Trichter ist dann eine Maschine angeordnet, die normgroße Teigklumpen formt, welche auf ein Fließband aus Leinenstoff und schließlich einen Backtisch fallen, wo sie dann durchgeknetet und in die Formen gelegt werden. Das Portionieren und die Formgebung übernehmen teilweise Maschinen.
Diese Schritte sind in industriellen Bäckereien natürlich längst automatisiert. Gerade in Backfabriken, die überwiegend abgepacktes Brot produzieren, werden auch nicht mehr die klassischen Ein-Kilo-Formen zum Backen verwendet. Zwei Meter lang sind dort die Backtröge, die ein an Schienen die Form entlanglaufender Trichtermechanismus mit Teig befüllt, bevor sie in die Backstraße weitertransportiert werden. Dadurch haben die überlangen Brote seltener Kanten, die offenbar von Kunden nicht sonderlich goutiert werden.
Um in der industriellen Fertigung den Teig reibungslos und ohne Verkleben durch die diversen Knet-, Walk- und Formmaschinen laufen zu lassen, muß er immer die gleiche Konsistenz aufweisen und weitgehend standardisiert sein. Dazu werden verschiedenste Zusatzstoffe verwendet, die jedoch bei lose verkauften Broten, anders als bei abgepacktem Brot, nicht unbedingt in der Deklarationsliste für Kunden auftauchen müssen, da man davon ausgeht, daß zum Beispiel die Enzyme beim Backen ohnehin in harmlose Bestandteile zersetzt werden, so wie die Sauerteigbakterien und Hefepilze auch. Deshalb kann auch ein industriell gefertigtes Brot mit der Inhaltsangabe »Mehl, Wasser, Salz, Sauerteig/Hefe« aufwarten, obwohl nicht selten ein gutes Dutzend weiterer Zutaten enthalten ist.
Beim Bäcker und in kleineren
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