Archer Jeffrey
zurückkehrten, sah Raymond die unzähligen Glückwunschbriefe und -telegramme durch, die im Lauf des Tages angekommen waren. Eine Nachricht aus Amerika machte ihn besonders froh, und er erwiderte Mrs. Kate Wilberhoffs beste Wünsche.
Andrew hatte Frank Boyle zum drittenmal geschlagen, und die Linksradikalen verkündeten, daß sie nicht mehr kandidieren würden. Ein Wochenende hatte Andrew damit verbracht, allen seinen Helfern und Mitarbeitern zu danken. Als er am Montag ins Unterhaus zurückkehrte, fand er im Briefkasten für Abgeordnete eine Nachricht vor.
Beim Lunch im Speisesaal der Parlamentarier teilte ihm David Owen vertraulich mit, daß er die Parteiführung der SDP niederlegen wolle; sieben Jahre seien genug. Obwohl die Partei ihre Stellung im Unterhaus etwas hatte verbessern können, hatte man jetzt vermutlich fünf Jahre Labour-Regierung vor sich; er wolle Andrew die Parteiführung übertragen.
Sobald Owen eine offizielle Presseerklärung abgegeben hatte, erhielt Andrew einen Anruf vom Glasgow Herald: »Wann werden Sie Ihre Kandidatur für die Führung der SDP bekanntgeben?«
Das Innenministerium verlassen zu müssen, war ein schwerer Schlag für Charles. Er hatte das Gefühl, in der kurzen Zeit nur wenig erreicht zu haben. Seine Beamten hatten jede größere Entscheidung blockiert, weil sie auf Neuwahlen und ein klares Mandat gewartet hatten. Er teilte Amanda am Montag nach der Wahl beim Frühstück mit, daß er wieder in die Bank zurückzukehren beabsichtige und die Höhe seines Gehaltes ihre Alimente auch in Zukunft garantiere – solange sie sich an die Vereinbarung hielt. Amanda nickte und stand, als Harry hereinkam, wortlos vom Frühstückstisch auf.
Es war ein wichtiger Morgen für Harry, denn heute sollte er zum erstenmal die Vorbereitungsschule besuchen. Sie bedeutete den Beginn der akademischen Laufbahn, die sein Vater für ihn plante. Charles versuchte ihn davon zu überzeugen, daß es der Anfang einer wundervollen Zukunft sei, doch Harry blieb ängstlich. Charles gab seinen mit den Tränen kämpfenden achtjährigen Sohn beim Schuldirektor ab und fuhr in die City. Er freute sich, wieder in die Welt der Banken zurückzukehren.
Er wurde von Clive Reynolds Sekretärin empfangen und in das Sitzungszimmer geführt. Man bot ihm Kaffee an.
»Vielen Dank«, sagte Charles, zog die Handschuhe aus, stellte den Regenschirm in den Ständer und nahm im Sessel des Vorsitzenden Platz. »Würden Sie bitte Mr. Reynolds sagen, daß ich hier bin?«
»Selbstverständlich«, sagte die Sekretärin.
Ein paar Minuten später kam Reynolds in das Sitzungszimmer.
»Guten Morgen, Mr. Seymour. Wie schön, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen.« Er reichte Charles die Hand.
»Guten Morgen, Clive. Ja, nett, Sie zu sehen. Zuerst muß ich Sie beglückwünschen, daß Sie die Bank in meiner Abwesenheit so gut geführt haben.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mr. Seymour.«
»Ich war besonders von der Übernahme der Distillers beeindruckt; die ganze City war überrascht.«
»Ja, ein echter Coup, nicht wahr?« Reynolds lächelte. »Und ein zweiter bahnt sich an.«
»Ich freue mich darauf, die Details zu hören.«
»Im Augenblick ist das leider noch streng vertraulich«, sagte Clive und setzte sich neben Charles.
»Natürlich, aber jetzt, da ich zurückgekehrt bin, sollte man mich raschmöglichst informieren.«
»Es tut mir leid, aber Aktionäre können erst informiert werden, wenn die Transaktion abgeschlossen ist. Wir wollen unsere Chancen nicht durch Gerüchte zunichte machen lassen.«
»Ich bin aber kein gewöhnlicher Aktionär«, sagte Charles scharf. »Ich komme als Vorsitzender der Bank zurück.«
»Nein, Mr. Seymour«, sagte Reynolds ruhig. » Ich bin der Vorsitzende.«
»Wissen Sie eigentlich, mit wem Sie reden?«
»Ich glaube schon. Mit einem ehemaligen Außenminister, einem ehemaligen Innenminister, einem ehemaligen Vorsitzenden der Bank und einem Zwei-Prozent-Aktionär.«
»Aber Sie wissen genau, daß der Aufsichtsrat bereit war, mich als Vorsitzenden zurückzuholen, falls die Konservativen in Opposition gehen«, erinnerte ihn Charles.
»Seit jenen Tagen hat sich die Zusammensetzung des Aufsichtsrates ganz wesentlich verändert«, sagte Reynolds. »Vielleicht waren Sie so beschäftigt mit der Weltpolitik, daß Ihnen kleinere Veränderungen in Cheapside entgangen sind.«
»Ich werde eine Aufsichtsratsitzung einberufen.«
»Dazu haben Sie kein Recht.«
»Dann werde ich eine außerordentliche Generalversammlung
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