Archer Jeffrey
warten. Verspäten Sie sich nicht, er wird nach Ihnen Ausschau halten. Und jetzt gehen Sie nach Hause und legen Sie sich schlafen; lassen Sie sich vor morgen früh nicht blicken. Machen Sie sich keine Sorgen, Andrews. Wir beide sind informiert, und ein paar Agenten werden die Routinearbeit erledigen, die ich ihnen am Abend aufgetragen habe.«
Das Telefon schnappte ab. Mark rief Aspirin an – daß ausgerechnet der heute abend Dienst haben mußte! –, informierte ihn über Stames und Calvert und legte auf, bevor Aspirin irgendwelche Fragen stellen konnte. Er ging zu seinem Auto zurück und fuhr langsam durch die nächtlichen Straßen nach Hause. Kaum jemand war auf der Straße, der Frühnebel ließ alles unwirklich erscheinen.
Bei der Einfahrt zu seiner Hausgarage traf er Simon, den jungen schwarzen Garagenaufseher, der Mark und noch mehr dessen Mercedes schätzte. Mark hatte kurz nach seinem College-Abschluß das kleine Vermögen, das ihm seine Tante vererbt hatte, für dieses Auto ausgegeben und diese Verschwendung nie bereut. Simon wußte, daß Mark keinen reservierten Platz in der Garage hatte und machte sich erbötig, den Wagen für ihn zu parken – er tat alles, um den herrlichen silbernen Mercedes fahren zu dürfen! Für gewöhnlich wechselte Mark mit Simon ein paar freundliche Worte; jetzt übergab er ihm die Schlüssel, ohne ihn auch nur anzuschauen.
»Ich brauche den Wagen um sieben Uhr früh«, murmelte er.
»Okay, Freund«, war die Antwort.
Mark hörte, wie Simon den Wagen mit einem weichen Brummen startete, bevor sich die Fahrstuhltüren hinter ihm schlossen. Er betrat seine Wohnung. In den drei Zimmern war niemand. Er schloß die Tür ab, und dann verriegelte er sie, was er noch nie zuvor getan hatte. Langsam ging er im Zimmer umher, zog sich aus und warf das säuerlich riechende Hemd in den Wäschekorb. Er wusch sich zum dritten Mal in dieser Nacht, legte sich ins Bett und starrte zur Decke. Er versuchte, sich über die Ereignisse der Nacht klarzuwerden; er versuchte, zu schlafen. Sechs Stunden verstrichen, und wenn er ab und zu einschlief, so höchstens für ein paar Minuten.
4
Freitag, 4. März 6 Uhr 27
Schließlich hielt Mark es nicht mehr länger aus. Um sechs Uhr dreißig stand er auf, duschte, zog ein frisches Hemd und einen anderen Anzug an.
Er trat ans Fenster; jenseits des Washington Channels konnte er den East Potomac Park sehen. Er rekapitulierte, was gestern alles geschehen war. In wenigen Wochen würden die Kirschbäume blühen. In wenigen Wochen …
Er schloß die Wohnungstür hinter sich und war froh, nicht mehr untätig zu Hause sitzen zu müssen. Simon reichte ihm die Autoschlüssel; er hatte den Mercedes auf einem der Privatparkplätze abgestellt. Mark fuhr langsam die Sechste Straße hinauf und bog nach links ab und auf der Siebenten nach rechts. Um diese Zeit waren nur Lastwagen auf der Straße. Mark fuhr am Hirshhorn Museum vorüber und erreichte die Independence Avenue. Bei der Kreuzung der Siebenten mit der Pennsylvania Avenue, nahe beim Nationalarchiv, stoppte ihn eine rote Verkehrsampel. Er hatte das unheimliche Gefühl, daß alles so war wie immer, daß der vergangene Tag nur ein böser Traum gewesen sei. Er würde ins Büro kommen, und Nick Stames und Barry Calvert würden wie gewöhnlich dort sein. Die Vision löste sich auf, als er nach links blickte. An einem Ende der menschenleeren Avenue sah er den Park des Weißen Hauses, und zwischen den Bäumen leuchtete das Gebäude hervor. Rechts, am anderen Ende der Avenue, schimmerte das Kapitol in den ersten Sonnenstrahlen. Und zwischen den beiden Gebäuden –zwischen Cäsar und Cassius, dachte Mark – stand das FBI-Gebäude. Allein in der Mitte, überlegte er, standen auch er und der Direktor, und sie spielten mit dem Schicksal.
Mark lenkte den Wagen die Rampe hinter dem FBIHauptquartier hinunter und parkte ihn. Ein junger Mann in dunkelblauem Blazer, grauer Flanellhose, schwarzen Schuhen und mit einer blauen Krawatte – die Dienstuniform der Bundespolizei – erwartete ihn. Ein anonymer Mann, dachte Mark, der viel zu ordentlich aussah, um eben aufgestanden zu sein. Mark Andrews zeigte ihm seinen Ausweis. Der junge Beamte führte ihn wortlos zum Fahrstuhl und brachte ihn in den siebenten Stock, wo Mark in ein kleines Zimmer geführt und gebeten wurde zu warten.
Mit den unvermeidlichen alten Nummern von Times und Newsweek wurde Mark im Empfangszimmer vor dem Büro des Direktors alleingelassen. Er hätte ebensogut
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