Archer Jeffrey
hören, wie die Bomben über ihnen fielen,
und Becky sagte zu Charlie, sie sei sicher, daß eine in der Nähe
eingeschlagen hatte. »Auf Syd Wrexalls Pub vielleicht?«
entgegnete Charlie und unterdrückte ein Grinsen. »Das wird
ihn lehren, besser einzuschenken.« Die Entwarnung schrillte
schließlich, und sie traten hinaus in die mit Staub und Asche
gefüllte Abendluft.
»Du hattest recht mit Syd Wrexalls Pub«, sagte Becky, die
zum Ende des Blocks schaute. Aber Charlies Blick galt nicht
dem »Musketier«.
Als Becky es bemerkte, drehte sie sich in die Richtung um,
in die Charlie starrte. Eine Bombe hatte mitten in der Obst- und
Gemüsehandlung eingeschlagen.
»Diese verdammten Hundesöhne!« knirschte Charlie.
»Diesmal sind sie zu weit gegangen. Jetzt melde ich mich!« »Was soll das nützen?«
»Ich weiß nicht«, gestand Charlie, »aber zumindest wird es
mir das Gefühl geben, daß ich am Krieg teilnehme und nicht
bloß zuschaue.«
»Und was ist mit den Läden? Wer soll sich um sie
kümmern?«
»Arnold kann solange die Gesamtleitung übernehmen.« Beckys Stimme hob sich. »Aber was ist mit Daniel und mir?
Soll Tom sich auch um uns kümmern, während du weg bist?« Charlie schwieg einen Augenblick und dachte über Beckys
Worte nach. »Daniel ist alt genug, sich um sich selbst zu
kümmern, und du wirst die Hände voll zu tun haben, dafür zu sorgen, daß Trumper sich über Wasser hält. Also kein Wort
mehr, Becky Trumper, denn mein Entschluß steht fest!« Danach hielt nichts, was Becky sagen oder tun konnte,
Charlie davon ab, sich zu melden. Zu ihrer Überraschung
waren die Füsiliere sogar richtiggehend erfreut, ihren alten
Sergeant zurück in ihren Reihen zu haben, und schickten ihn
sogleich in ein Ausbildungslager bei Cardiff.
Während Tom Arnold besorgt dreinblickte, küßte Charlie
seine Frau, umarmte seinen Sohn und schüttelte seinem
geschäftsführenden Direktor die Hand, ehe er in den Zug
einstieg und ihnen noch aus dem Fenster zuwinkte.
In dem Waggon voll junger Rekruten, die kaum älter als
Daniel waren – und die es sich auch nicht nehmen ließen, ihn
mit »Sir« anzureden –, kam sich Charlie wie ein alter Mann
vor. Ein klappriger Lastwagen wartete vor dem Bahnhof auf sie
und brachte sie zur Kaserne.
»Schön, Sie wieder bei uns zu haben, Trumper«, sagte
jemand, als Charlie zum erstenmal seit mehr als zwanzig
Jahren wieder einen Exerzierplatz betrat.
»Stan Russell! Großer Gott, sind Sie jetzt etwa der
Feldwebel der Kompanie? Sie waren doch damals
Obergefreiter, als …«
»Stimmt, Sir.« Stan senkte die Stimme. »Und ich werde
dafür sorgen, daß Sie nicht so geschunden werden wie die
anderen, alter Kamerad.«
»Nein, Stan, tun Sie das lieber nicht. Ich fürchte, Sie müssen
mich sogar noch mehr drannehmen als die anderen.« Charlie
tippte auf seinen Bauch.
Obwohl die Ausbilder mit Charlie etwas sanfter umsprangen
als mit den grünen Rekruten, wurde ihm in der ersten
Grundausbildungswoche doch nur allzu bewußt, wie wenig er
in den vergangenen zwanzig Jahren für seine körperliche
Fitness getan hatte, und er stellte auch bald fest, daß die
NAAFI, die für die Truppenbetreuung zuständig war, sich nicht gerade Mühe machte, ihnen etwas Anständiges vorzusetzen. Und während er wie gerädert auf den Sprungfedern schlafen wollte, von denen ihn nur eine fünf Zentimeter starke Matratze schützte, wuchs seine Begeisterung über Adolf Hitler auch
nicht gerade.
Am Ende der zweiten Woche wurde Charlie zum Corporal
befördert, und wenn er als Ausbilder in Cardiff bleiben wollte,
versicherte man ihm, würde man ihn sofort zum
Ausbildungsoffizier mit dem Rang eines Captains ernennen. »Werden die Deutschen denn in Cardiff erwartet?«
entgegnete Charlie daraufhin. »Ich wußte gar nicht, daß sie
Rugby spielen.«
Dieser genaue Wortlaut seiner Antwort wurde dem
Kommandeur übermittelt, und Charlie machte seine
Grundausbildung als Corporal weiter. Nach der achten Woche
bekam er als Sergeant seinen eigenen Zug zum Ausbilden und
ihn auf den Einsatz, wo auch immer, vorzubereiten. Von
diesem Augenblick an gab es keinen Wettkampf, vom
Schießen bis zum Boxen, wo seine Männer verlieren durften,
und »Trumpers Terrier« setzten während der restlichen vier
Ausbildungswochen ein Beispiel für das übrige Bataillon. Zehn Tage vor dem Abschluß informierte Stan Russell
Charlie, daß das Bataillon in Afrika unter Wavell zum Einsatz
kommen sollte. Charlie war begeistert, denn er bewunderte den
Dichter-General schon
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