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Archer, Jeffrey

Archer, Jeffrey

Titel: Archer, Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abels Tochter
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antwortete nicht.
    »Vielleicht zu Allen’s, 73. Straße?« schlug er vor.
    »Ja, gut«, war alles, was Jessie sagte.
    »Gegen acht Uhr?«
    »Gegen acht«, wiederholte sie.
    Richard verließ Bloomingdale’s mit dem, was er wollte –
    und es waren keine Handschuhe.
    Richard konnte sich nicht erinnern, einen ganzen Tag nur an ein Mädchen gedacht zu haben. Doch von dem Moment an, in dem Jessie »Ja« gesagt hatte, dachte er an nichts anderes.
    Richards Mutter war beglückt, daß ihr Sohn noch einen Tag in New York blieb, und fragte sich, ob Mary wohl in der Stadt sei. Sicher, dachte sie, als sie am Badezimmer vorbeiging und Richard singen hörte: » Once I had a secret love… «
    Richard überlegte ungewöhnlich lang, was er anziehen sollte. Lieber keinen Anzug. Besser einen Blazer und eine Flanellhose. Er betrachtete sich auch länger als üblich im Spiegel. Etwas zu elegant, aber dagegen konnte er im Augenblick nichts tun. Er verließ das Haus kurz vor sieben, um seinem Vater nicht erklären zu müssen, warum er immer noch in New York war. Es war ein kühler, klarer Abend, und knapp nach halb acht saß er bei Allen’s und bestellte ein Bier. Alle paar Minuten sah er auf die Uhr, und als sich der Zeiger der vollen Stunde näherte, alle paar Sekunden. Würde er enttäuscht sein, wenn er sie wiedersah?
    Nein.
    Sie kam in einem einfachen blauen Kleid, das, so nahm er an, von Bloomingdale’s stammte, obwohl jede Frau gewußt hätte, daß es ein Ben-Zuckermann-Modell war.
    Sie sah sich suchend um. Endlich entdeckte sie ihn.
    »Es tut mir leid, daß ich mich verspätet habe…«, begann sie.
    »Das ist unwichtig. Wichtig ist, daß Sie gekommen sind.«
    »Dachten Sie, ich würde nicht kommen?«
    »Ich war nicht ganz sicher.«
    Richard lächelte, und sie sahen einander an. »Ich weiß nicht, wie Sie heißen«, sagte er und wollte nicht zugeben, daß er ihr Namensschild gesehen hatte.
    Sie zögerte: »Jessie Kovats. Und Sie?«
    »Richard Kane.«
    Sie reichte ihm die Hand, und er wollte sie nicht mehr loslassen.
    »Und was machen Sie, wenn Sie nicht bei Bloomingdale’s Handschuhe kaufen?«
    »Ich gehe in die Harvard Business School.«
    »Seltsam, haben Sie dort nicht gelernt, daß die meisten Menschen nur zwei Hände haben?«
    Er lachte und stellte entzückt fest, daß nicht nur ihr Aussehen diesen Abend unvergeßlich machen würde.
    »Wollen wir uns setzen?«
    Richard nahm ihren Arm und führte sie zu einem Tisch.

    Jessie studierte die Speisen auf der schwarzen Tafel.
    »Was ist ein Salisbury Steak?« fragte sie.
    »Eine Art Hamburger«, erwiderte er. Im Laufe des Abends mußte er feststellen, daß sie mehr Theaterstücke gesehen, mehr Romane gelesen und mehr Konzerte gehört hatte als er. Zum erstenmal im Leben bereute er, seine ganze Zeit für das Studium aufgewendet zu haben.
    »Wohnen Sie in New York?« fragte er.
    »Ja, bei meinen Eltern«, sagte sie und trank die dritte Tasse Kaffee.
    »Wo?«
    »In der 57. Straße«, sagte Jessie.
    »Gehen wir zu Fuß«, sagte er und nahm ihre Hand.
    Jessie lächelte zustimmend, und gemeinsam durchquer-ten sie die Stadt. Um den Weg zu verlängern, blieb Richard vor Schaufenstern stehen, die er üblicherweise keines Blickes gewürdigt hätte. Jessies Kenntnisse über Mode und Geschäftsführung waren beeindruckend.
    Richard fand es schade, daß sie mit sechzehn Jahren die Schule verlassen hatte, um im Baron Hotel zu arbeiten, bevor sie den Job bei Bloomingdale’s bekam.
    Sie brauchten fast eine Stunde bis zur 57. Straße. Jessie blieb vor einem kleinen alten Apartmenthaus stehen.
    »Hier wohnen meine Eltern«, sagte sie. Er gab ihre Hand nicht frei.
    »Ich hoffe, daß wir uns wiedersehen.«
    »Gern«, sagte Jessie. Es klang nicht sehr begeistert.
    »Morgen?« fragte er unsicher.
    »Morgen?«
    »Ja, warum gehen wir nicht in den Blue Angel zu Bobby Short?«

    Wieder nahm er ihre Hand. »Ein bißchen romantischer als Allen’s.«
    Jessie schien unsicher, als stelle sie seine Bitte vor größere Probleme. »Natürlich, wenn Sie keine Lust haben.«
    »Oh doch, sehr gern«, flüsterte sie.
    »Ich esse mit meinem Vater zu Abend. Darf ich Sie um zehn abholen?«
    »Nein, lieber nicht. Wir treffen uns dort. Es ist nur zwei Blocks entfernt.«
    »Gut, dann bleibt es bei zehn Uhr.«
    Er küßte sie auf die Wange. Zum erstenmal roch er ihr zartes Parfüm.
    »Gute Nacht, Jessie«, sagte er und ging.
    Richard pfiff Dvoraks Cellokonzert vor sich hin; als er nach Hause kam, hatte er den ersten

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